Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 9. Senats vom 14.6.2018 - B 9 SB 2/16 R -, Urteil des 9. Senats vom 14.6.2018 - B 9 BL 1/17 R -, Urteil des 9. Senats vom 11.8.2015 - B 9 BL 1/14 R -, Urteil des 9. Senats vom 14.6.2018 - B 9 V 4/17 R -, Urteil des 9. Senats vom 14.6.2018 - B 9 V 3/17 R -
Kassel, den 7. Juni 2018
Terminvorschau Nr. 26/18
Der 9. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 14. Juni 2018
im Elisabeth-Selbert-Saal aufgrund mündlicher Verhandlung über mehrere
Revisionen aus dem Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts
sowie des Blindengeld- und Schwerbehindertenrechts
zu entscheiden.
Der Senat hat im Fall 4 (Aktenzeichen
B 9 BL 1/17 R) gemäß § 169 Abs 3 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz
(GVG) bei der Verkündung einer Entscheidung Ton- und
Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zweck der
öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts
zugelassen.
1) 10.00 Uhr - B 9 SB 2/16 R -
J. B. ./. Land Berlin
Die Klägerin beantragte bei dem
beklagten Land erfolglos die Feststellung eines GdB. Im Klageverfahren
beantragte sie, den GdB mit "mindestens 20" festzustellen, und führte
hierzu aus, aufgrund der Trümmerbrüche im unteren Sprunggelenk und der
darauf beruhenden Bewegungsbeeinträchtigung zuzüglich der erheblichen
Schmerzen sei ein GdB von 30 festzustellen. Im Verfahren gab der
Beklagte ein Teilanerkenntnis über einen GdB von 20 ab, welches die
Klägerin nicht annahm. Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die
Klage deshalb mangels Rechtsschutzbedürfnisses durch Gerichtsbescheid
abgewiesen. Das LSG hat die Sache an das SG zurückverwiesen. Das SG habe
zu Unrecht keine Sachentscheidung getroffen. Die Klägerin habe von
Anfang an mit ihrer auf Feststellung eines GdB von "mindestens 20"
gerichteten Klage einen GdB von 30 erreichen wollen.
Mit seiner
Revision rügt der Beklagte, nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil
vom 9.8.1995 - 9 RVs 7/94) sei das konkrete Begehren eines
Antragstellers lediglich das, "was er mindestens beantragt" habe.
Sozialgericht Berlin - S 33 SB 935/14
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg - L 11 SB 16/16
2)
10.45 Uhr - B 9 V 4/17 R -
B. G. und I. G. ./. Land Berlin
Die Klägerinnen sind als Erben
Gesamtrechtsnachfolger des 2015 verstorbenen G., dem als Kriegsblinden
Versorgungsleistungen zustanden, ua die erhöhte Pflegezulage. Zur
Sicherstellung seiner Pflege hatte G. einen Arbeitsvertrag mit S.
abgeschlossen, die bei Antritt des Arbeitsverhältnisses bereits eine
Regelaltersrente bezog und von der Entrichtung des sog
Arbeitnehmeranteils der Beiträge zur gesetzlichen Renten- und
Arbeitslosenversicherung befreit war. Das beklagte Land setzte die
erhöhte Pflegezulage für die Monate Juni bis Dezember 2010 und Januar
bis Dezember 2011 endgültig fest, ohne eine Kostenerstattung in Höhe
eines "fiktiv" von S. zu tragenden Arbeitnehmerbeitragsanteils zur
gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung zu übernehmen
(insgesamt 1743,18 Euro).
Die hiergegen gerichteten,
verbundenen und von den Klägerinnen nach dem Tod des G. fortgeführten
Klagen waren erfolgreich. Die Berufung des Beklagten hat das LSG
zurückgewiesen. Für die Bestimmung der angemessenen Kosten der Pflege
durch Dritte aufgrund eines Arbeitsvertrags böten die
Arbeitsvertraglichen Richtlinien der Caritas eine geeignete
Beurteilungsgrundlage. Ein Abschlag in Höhe eines "fiktiv" zu
bestimmenden Arbeitnehmerbeitragsanteils zur gesetzlichen Renten- und
Arbeitslosenversicherung bei Pflegekräften, die bereits Regelaltersrente
bezögen, sei danach nicht vorzunehmen.
Mit der Revision rügt
der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die Auffassung des
Berufungsgerichts widerspreche einem Rundschreiben des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 2.11.2015 und
führe zu einer unterschiedlichen Praxis in den Bundesländern.
Sozialgericht Berlin - S 199 VE 73/15
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg - L 13 VE 2/17
3)
11.30 Uhr - B 9 V 3/17 R -
M. B. ./. Saarland
Der durch einen Impfschaden
schwerstbehinderte und deshalb hilflose Kläger bezieht als
Versorgungsleistungen ua eine pauschale Pflegezulage (Stufe V) von dem
beklagten Land. Seine Mutter pflegt ihn gegen Entgelt auf der Grundlage
eines Pflegearbeitsvertrages, so dass der Beklagte ab Mai 2010 die
erhöhte Pflegezulage gewährte. Trotz der zusätzlich unentgeltlichen
Pflege durch den Vater rechnete er jedoch hierauf die pauschale
Pflegezulage an, ohne dem Kläger mindestens die Hälfte der pauschalen
Pflegezulage zu belassen (familiäres Privileg). Die hiergegen gerichtete
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat angenommen,
schon die Kosten für die Pflege durch seine Mutter könne der Kläger
nicht ersetzt verlangen. Entgegen der Rechtsprechung des BSG (Urteil
vom 4.2.1998 - B 9 V 28/96 R) seien die Kosten für einen
Pflegevertrag mit Angehörigen nicht ersatzfähig. Deswegen greife auch
das an den Ersatz der Kosten für einen Pflegearbeitsvertrag anknüpfende
familiäre Privileg nicht zugunsten des Klägers.
Mit seiner
Revision rügt der Kläger, das LSG sei zu Unrecht von der Rechtsprechung
des BSG zur erhöhten Pflegezulage für die entgeltliche Pflege durch
Angehörige abgewichen. Für den anderen Elternteil gelte zusätzlich
das familiäre Privileg.
Sozialgericht für das Saarland - S 10 VE
314/11
Landessozialgericht für das Saarland - L 5 VE 6/15 WA
4) 12.15 Uhr - B 9 BL 1/17 R -
I. B. ./. Freistaat Bayern
Die Klägerin leidet an einer
schweren Alzheimer-Demenz. Das beantragte Blindengeld lehnte der
Beklagte ab mit der Begründung, bei der Klägerin bestehe eine sehr weit
fortgeschrittene Demenz; eine Kommunikation sei nicht mehr möglich,
Sinneseindrücke könnten nicht mehr verarbeitet werden. Es gebe jedoch
keinerlei Anhalt dafür, dass für die fehlende Wahrnehmung von optischen
Reizen eine spezielle Schädigung der Sehstrukturen ursächlich sei. Das
SG hat die Klage abgewiesen, das LSG der Klage stattgegeben. Es sei
nachgewiesen, dass bei der Klägerin eine Verarbeitungsstörung vorliege,
so dass sie die Signale der (auch) visuellen Sinnesmodalität nicht
identifizieren, mit früheren Erinnerungen nicht vergleichen und nicht
benennen könne. Soweit das BSG in seiner bisherigen Rechtsprechung
einschränkend verlangt habe, dass bei zerebralen Schäden eine
spezifische Störung des Sehvermögens vorliege, komme es hierauf nicht
mehr an (BSG Urteil vom 11.08.2015 - B 9 BL 1/14 R).
Mit seiner Revision rügt der beklagte Freistaat die Verletzung
materiellen Rechts. Blindheit setze eine Schädigung im optischen Apparat
bzw in der Verarbeitung optischer Reize voraus. Der Verlust der
kognitiven Verarbeitung bedinge keine Blindheit. Die zitierte
Rechtsprechung des BSG beseitige lediglich die Ungleichheit zwischen nur
blinden und jenen Menschen, bei denen zusätzlich zur Blindheit noch ein
Verlust oder eine schwere Störung der sonstigen Sinnesorgane vorliege.
Sozialgericht Landshut - S 15 BL 3/13
Bayerisches
Landessozialgericht - L 15 BL 9/14