Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 3. Senats vom 8.7.2015 - B 3 KR 5/14 R -, Urteil des 3. Senats vom 8.7.2015 - B 3 KR 6/14 R -
Medieninformation Nr. 16/15
Anspruch auf Hilfsmittel im Rahmen einer ärztlichen Behandlung von einer positiven Empfehlung der Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) abhängig
Wird ein Hilfsmittel als untrennbarer
Bestandteil einer vertragsärztlichen Behandlungs- oder
Untersuchungsmethode eingesetzt, hat die Krankenkasse die Kosten hierfür
grundsätzlich erst zu übernehmen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss
die Methode positiv bewertet hat. Diese Sperrwirkung hat zur Folge, dass
vor einer positiven Empfehlung der Methode weder die Versicherten ein
behandlungsbezogenes Hilfsmittel zu Lasten der Krankenkasse erhalten
können noch Hersteller solcher Hilfsmittel vom GKV-Spitzenverband
verlangen können, dass ihr Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis
aufgenommen wird. Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf die Sicherung von
Nutzen und Wirtschaftlichkeit von Behandlungsmethoden das
Prüfungsverfahren bei dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeschaltet.
Erst wenn diese Prüfung positiv ausgefallen ist, sind die für den
Einsatz der dann anerkannten Methode notwendigen Hilfsmittel Gegenstand
der Leistungspflicht der Krankenkassen.
Eine Bewertung durch
den Gemeinsamen Bundesausschuss ist auch bezüglich bereits anerkannter
oder zugelassener Methoden erforderlich, wenn diese im Hinblick auf ihre
diagnostische beziehungsweise therapeutische Wirkungsweise, mögliche
Risiken und/oder Wirtschaftlichkeitsaspekte eine wesentliche Änderung
oder Erweiterung erfahren.
In dem Verfahren
B 3 KR 6/14 R
hatte die Revision des GKV-Spitzenverbandes daher im Sinne einer
Aufhebung und Zurückverweisung Erfolg. Die Überlassung einer aktiven
Bewegungsschiene an Patienten zur selbständigen Durchführung der
Therapie ist sowohl im Vergleich zu herkömmlicher physikalischer
Behandlung durch Physiotherapeuten, als auch im Vergleich zu den im
Hilfsmittelverzeichnis bereits gelisteten mit einem Motor betriebenen,
passiven Bewegungsschienen jeweils als "neue", bisher nicht vom
Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannte oder zugelassene
Behandlungsmethode anzusehen, weil sich der therapeutische Nutzen sowie
mögliche Risiken und Aspekte der Wirtschaftlichkeit bei diesen Methoden
jeweils wesentlich unterscheiden. Deshalb hat der GKV-Spitzenverband vor
einer abschließenden Entscheidung die Durchführung eines entsprechenden
Methoden-Bewertungsverfahrens bei dem Gemeinsamen Bundesausschuss zu
beantragen, dessen Entscheidung vorgreiflich ist.
In dem
Verfahren B 3 KR 5/14 R
ist die Revision der Klägerin erfolglos geblieben. Die kontinuierliche
Messung des Zuckergehalts im Unterhautfettgewebe unterscheidet sich im
Hinblick auf die diagnostische Wirkungsweise sowie mögliche Risiken und
Aspekte der Wirtschaftlichkeit erheblich von der herkömmlichen
Blutzuckermessung und stellt daher eine "neue", bisher nicht anerkannte
Untersuchungsmethode dar. Solange der Gemeinsame Bundesausschuss hierzu
keine positive Empfehlung abgegeben hat, besteht kein Anspruch auf
Versorgung mit den Hilfsmitteln, die für die kontinuierliche
Blutzuckerbestimmung erforderlich sind.
Hinweise zur Rechtslage:
§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V
(1)
Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen,
Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen
Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den
Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden
Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen,
soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine
Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder
nach § 34 Abs 4 ausgeschlossen sind.
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§ 135 Abs 1 Satz 1 SGB V
(1)
Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der
vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu
Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der
Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen
nach § 91 Abs 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen
Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder
des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien
nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 Empfehlungen abgegeben hat über
1. die Anerkennung des diagnostischen und
therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren
medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im
Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte
Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen
Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
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§ 139 SGB V
(1)
1Der
Spitzenverband Bund der Krankenkassen erstellt ein
systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis.
2In dem
Verzeichnis sind von der Leistungspflicht umfasste
Hilfsmittel aufzuführen.
3Das
Hilfsmittelverzeichnis ist im Bundesanzeiger bekannt zu
machen.
(2)
1Soweit dies
zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und
wirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist, können im
Hilfsmittelverzeichnis indikations- oder einsatzbezogen
besondere Qualitätsanforderungen für Hilfsmittel festgelegt
werden. 2Besondere
Qualitätsanforderungen nach Satz 1 können auch festgelegt
werden, um eine ausreichend lange Nutzungsdauer oder in
geeigneten Fällen den Wiedereinsatz von Hilfsmitteln bei
anderen Versicherten zu ermöglichen.
3Im
Hilfsmittelverzeichnis können auch die Anforderungen an die
zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu
erbringenden Leistungen geregelt werden.
(3)
1Die
Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis
erfolgt auf Antrag des Herstellers.
2Über die
Aufnahme entscheidet der Spitzenverband Bund der
Krankenkassen; er kann vom Medizinischen Dienst prüfen
lassen, ob die Voraussetzungen nach Absatz 4 erfüllt sind.
(4) Das Hilfsmittel ist aufzunehmen, wenn
der Hersteller die Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die
Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Absatz 2 und,
soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachgewiesen
hat und es mit den für eine ordnungsgemäße und sichere
Handhabung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache
versehen ist.
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