| Auf die Revisionen des Klägers und der Beklagten war das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht beurteilt werden, ob und ab welchem Zeitpunkt dem Kläger ein Anspruch auf höhere Verletztenrente aufgrund der Feststellung eines höheren JAV zustand. Zu Recht hat das LSG allerdings rechtsgutachtlich ausgeführt, dass der am 1.1.1997 in Kraft getretene § 90 Abs 2 SGB VII (über § 214 Abs 2 SGB VII) auf den Kläger Anwendung findet (hierzu unter 2.). Ebenfalls im Grundsatz zu Recht hat das LSG ausgeführt, dass ein möglicher Zahlungsanspruch lediglich für die Zeit ab dem 1.1.2004 bestand, weil der Kläger seinen Antrag erst im Jahre 2008 gestellt hatte. Dies folgt bereits aus § 48 Abs 4 Satz 1 SGB X iVm § 44 Abs 4 SGB X (hierzu unter 3.). Letztlich konnte der Senat aber nicht entscheiden, welcher der Beteiligten im Übrigen Recht hatte, und musste den Rechtsstreit an das Tatsachengericht zur Nachholung der tatsächlichen Feststellungen zurückgeben (vgl unter 4.). |
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| 1. Das LSG ist schon fehlerhaft und unter Verkürzung des Klägerbegehrens, das stets letztlich auf eine höhere Verletztenrente ab dem 1.7.1991 gerichtet war, davon ausgegangen, Streitgegenstand der Klagen sei nur ein Anspruch auf Neufeststellung des JAV nach § 90 Abs 2 SGB VII. Nach Bundesrecht ist aber jedenfalls seit Inkrafttreten des SGB VII eine Feststellung sowie eine Neufeststellung eines JAV ua schon mangels unmittelbarer Rechtswirkung nach außen kein mit der Anfechtungsklage anfechtbarer oder mit der Verpflichtungsklage einklagbarer Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X. Die (Neu-)Feststellung eines JAV ist jeweils nur die verwaltungsinterne Klärung eines Wertfaktors im Rahmen der Vorbereitung der Feststellung des Werts des Rechts auf Verletztenrente als solches oder eines anderen Rechts. Erst diese Wertfeststellung ist der Verwaltungsakt. § 90 SGB VII regelt nur bestimmte typisierte Fälle, in denen ein anderer JAV als der Ausgangs-JAV nachträglich materiell-rechtlich maßgeblich wird und, sofern kein anderer wertbildender Faktor sich gegenteilig geändert hat, zu einer iS von § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X erheblichen wesentlichen rechtlichen Veränderung des Wertes des jeweiligen Rechts führt. |
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| Der Kläger hatte am 9.10.2008 von der Beklagten begehrt, die im Bescheid vom 5.12.1990 getroffene Feststellung des Höchstwerts seines ihm in demselben Bescheid zuerkannten Rechts auf Verletztenrente ab dem 1.7.1991 wegen einer Erhöhung dieses Wertes aufgrund einer materiell-rechtlichen Änderung des JAV nach § 573 Abs 2 RVO, ab 1997 nach § 90 Abs 2 SGB VII, gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X aufzuheben. Ferner sollte die Beklagte den neuen gesetzlichen Rentenwert feststellen und entsprechend höhere Rente zahlen. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 17.10.2008 die vom Kläger begehrte Aufhebung des am 5.12.1990 festgesetzten Höchstwerts (und damit auch die davon abhängigen weiteren Ansprüche des Klägers) jedenfalls auch mangels einer nachträglichen wesentlichen Änderung der Verhältnisse beim JAV abgelehnt, also das Nichtbestehen dieses Aufhebungsanspruchs iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X festgestellt und den diesbezüglichen Widerspruch am 27.10.2009 zurückgewiesen. Es ging also im Rechtsstreit um eine gegen diese Ablehnung einer Aufhebung bzw Änderung des ursprünglichen Verwaltungsakts vom 5.12.1990 gerichtete zulässige Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG. Die gemäß § 78 SGG statthafte Anfechtungsklage war zulässig mit einer Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung dieser Höchstwertfestsetzung vom 5.12.1990 für Rentenbezugszeiten ab dem 1.7.1991 und ferner entsprechend § 54 Abs 4 SGG mit einer unechten Leistungsklage auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung höherer Verletztenrente ab dem 1.7.1991 verbunden, welche die Verpflichtungsklage auf Neufeststellung des Rentenwerts ab diesem Zeitpunkt in Gesetzeskonkurrenz konsumierte. |
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| Der Urteilsausspruch des LSG genügte bereits nicht den bundesrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit eines Urteilsausspruchs. Das LSG hat tenoriert, die Beklagte werde "dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger ab 1. Januar 2004 Verletztenrente unter Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes auf der Grundlage der Regelungen der §§ 90 Abs. 2, 212, 214 Abs. 2 Satz 1 SGB VII zu gewähren". Damit hat es die Beklagte lediglich zur Neubescheidung verpflichtet und sie zur Durchführung ausschließlich auf abstrakte gesetzliche Vorschriften verwiesen, ohne dass Tatsachen dazu benannt worden wären, dass und ab wann sich für den Kläger ein höherer JAV als Basis einer höheren Verletztenrente ergeben hätte. |
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| 2. Das LSG hat allerdings zu Recht gleichsam "rechtsgutachtlich" ausgeführt, dass auf den Fall des Klägers § 90 Abs 2 SGB VII grundsätzlich Anwendung finden kann. Insoweit scheitert die Beklagte mit dem für sie im Vordergrund ihrer Argumentation stehenden Revisionsvorbringen, dass das LSG insofern Bundesrecht verkannt hätte. Das LSG hat vielmehr im Ergebnis richtig ausgeführt, dass § 90 Abs 2 SGB VII, wie der gesamte § 90 SGB VII, nach seinem zeitlichen Anwendungsbereich seit dem 1.1.1997, dem Inkrafttreten des SGB VII, gilt. |
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| Nach § 90 Abs 2 Satz 1 SGB VII wird bei Versicherten, die zur Zeit des Versicherungsfalls das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn es für sie günstiger ist, der JAV jeweils nach dem Arbeitsentgelt neu festgesetzt, das zur Zeit des Versicherungsfalls für Personen mit gleichartiger Tätigkeit bei Erreichung eines bestimmten Berufsjahres oder bei Vollendung eines bestimmten Lebensjahres durch Tarifvertrag vorgesehen ist. Der im Jahre 1971 geborene Kläger hatte zur Zeit des Inkrafttretens des SGB VII am 1.1.1997 zwar das 25. Lebensjahr (§ 573 Abs 2 RVO), nicht jedoch das 30. Lebensjahr vollendet (§ 90 Abs 2 SGB VII). Zu Recht hat das LSG aus den Regelungen des Übergangsrechts gemäß §§ 212 ff SGB VII abgeleitet, dass § 90 Abs 2 SGB VII auf den Fall des Klägers Anwendung findet. Nach § 212 SGB VII gelten die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels des SGB VII für Versicherungsfälle, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, soweit nicht in den nachfolgenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist. Eine solche abweichende Regelung enthält § 214 Abs 2 Satz 1 SGB VII, nach dem die Vorschriften über den JAV auch für die Versicherungsfälle gelten, die vor dem Tag des Inkrafttretens des SGB VII eingetreten sind, wenn der JAV nach dem Inkrafttreten des SGB VII erstmals oder aufgrund des § 90 SGB VII neu festgesetzt wird. Das BSG hat bereits entschieden (Urteil vom 4.6.2002 - B 2 U 28/01 R - SozR 3-2700 § 214 Nr 2), dass § 214 Abs 2 Satz 1 SGB VII jedenfalls nicht zu einer Anwendung des § 90 Abs 2 SGB VII in den "Altfällen" führt, bei denen die Sachverhalte neuer, durch die Vorschrift erst geschaffener Voraussetzungen für eine Erhöhung des JAV bereits vor dem 1.1.1997 eingetreten waren. Dies war in dem vom BSG seinerzeit entschiedenen Sachverhalt der Fall, denn der dortige Kläger hatte das 30. Lebensjahr bereits im Jahre 1994 vollendet gehabt. Bei einer Vollendung des 30. Lebensjahres nach Inkrafttreten des SGB VII tritt die tatsächliche Gegebenheit, an die die Norm des § 90 Abs 2 SGB VII eine Rechtsfolge knüpft, aber erst zu einem Zeitpunkt ein, zu dem das neue Recht bereits in Kraft getreten ist. Zudem spricht § 214 Abs 2 Satz 1 am Ende SGB VII ausdrücklich von einer Neufestsetzung nach § 90 SGB VII, so dass schon der Wortlaut der Vorschrift die Anwendbarkeit der Norm auf Versicherungsfälle verdeutlicht, die vor dem 1.1.1997 nach altem Recht eingetreten sind, auch wenn der JAV für ein damals entstandenes Recht auf Leistungen schon festgestellt worden war. Die Anwendung des § 90 Abs 2 SGB VII auf solche "Altfälle" setzt aber voraus, dass dessen Tatbestand in vollem Umfang erst nach dem 31.12.1996 erfüllt wurde. Daher ist ggf der Wert eines Rechts auf eine Geldleistung, der nach einem gemäß § 573 Abs 2 RVO maßgeblichen JAV festgesetzt worden war, auch bei am 1.1.1997 bereits 25-Jährigen, aufgrund eines nach neuem Recht ab dem 1.1.1997 maßgeblich gewordenen JAV erneut festzusetzen. Andernfalls wäre - und dies hat das BSG in seinem Urteil vom 4.6.2002 (aaO, RdNr 26) gemeint - § 214 Abs 2 Satz 1 SGB VII widersprüchlich, weil er seine Anwendbarkeit und zugleich seine Unanwendbarkeit anordnen würde. Auch die von der Beklagten angeführten verwaltungspraktischen Konsequenzen erfordern keine andere Auslegung dieser Übergangsvorschrift. Sie greifen bei Erstfeststellung nach dem 31.12.1996 ohnehin nicht. Bei der Anwendung des § 90 Abs 2 SGB VII auf Fallgestaltungen wie die Vorliegende ist nach Maßgabe des § 48 SGB X auf Antrag oder bei amtlicher Kenntnis von Umständen, die eine wesentliche Änderung des JAV als möglich erscheinen lassen, von Amts wegen ein Verwaltungsverfahren einzuleiten, ob die bisherige Festsetzung des Werts des Leistungsrechts wegen eines neu maßgeblich gewordenen JAV aufzuheben und der Wert neu festzustellen ist. Damit ist ggf lediglich der nach § 573 Abs 2 RVO maßgeblich gewesene JAV jener verunfallten Versicherten zu überprüfen, die vor Inkrafttreten des SGB VII das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, was eine überschaubare Anzahl von Fällen darstellen dürfte. Mithin war auf den im Jahre 1971 geborenen Kläger der neue § 90 Abs 2 SGB VII ab 1.1.1997 anwendbar, weil er zu diesem Zeitpunkt die neue Altersgrenze von 30 Jahren nicht erreicht hatte. Ob deshalb ein höherer JAV für den Rentenwert materiell-rechtlich maßgeblich geworden ist, hängt davon ab, ob nach dem 31.12.1996 der Tatbestand dieser Vorschrift erfüllt wurde. Dazu fehlen Tatsachenfeststellungen. |
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| 3. Weiterhin hat das LSG im Ergebnis richtig gesehen, dass die unechte Leistungsklage (sofern über sie in der Sache nach einem Erfolg der Anfechtungs- und der Verpflichtungsklage zu entscheiden wäre) des Klägers höchstens für Rentenbezugszeiten ab dem 1.1.2004 zu höheren Rentenzahlungen führen kann. Dies folgt aber nicht aus dem vom LSG behaupteten, rechtlich fragwürdigen richterrechtlichen "allgemeinen Rechtsgedanken des § 44 Abs 4 SGB X" (so das LSG unter Hinweis auf etwa BSG vom 9.9.1986 - 11a RA 28/85 - RdNr 13), der als bloßes Richterrecht gemäß dem Vorrang des Gesetzes aus Art 20 Abs 3 GG Regelungen nicht verdrängen kann, die der Deutsche Bundestag selbst in seinen Gesetzen ausgesprochen hat. Das Ergebnis der Rechtsbetrachtungen des LSG war aber schon deshalb richtig, weil das Gesetz selbst, begrenzt auf den Anwendungsbereich des § 48 Abs 1 SGB X, die entsprechende Geltung des § 44 Abs 4 SGB X angeordnet hat. Sollte nämlich der auf § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB X gestützte Aufhebungsanspruch Erfolg haben und wäre ein höherer Rentenwert schon für Zeiten vor dem 1.1.2004 entstanden, so wäre die höhere Rente gemäß § 48 Abs 4 Satz 1 Regelung 2 SGB X entsprechend § 44 Abs 4 SGB X höchstens für vier Jahre vor dem Jahr der 2008 erfolgten Antragstellung zu zahlen. |
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| 4. Ob nach dem Bescheid vom 5.12.1990 und vor oder nach dem 1.7.1991 ein für den Rentenwert des Klägers günstigerer JAV bis Ende 1996 nach § 573 Abs 2 RVO oder seit dem 1.1.1997 nach § 214 Abs 2 Satz 1 SGB VII iVm § 90 Abs 2 SGB VII materiell-rechtlich maßgeblich geworden ist, kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden. War der Verletzte - wie hier der Kläger - zur Zeit des Arbeitsunfalls noch nicht 25 Jahre alt, so wurde nach § 573 Abs 2 RVO der JAV dem Arbeitsentgelt angepasst, das zur Zeit seines Arbeitsunfalls von der Vollendung eines bestimmten Lebensalters ab, höchstens aber des 25. Lebensjahres, für Personen mit gleichartiger Tätigkeit durch Tarif festgesetzt oder sonst ortsüblich ist, wenn es für den Berechtigten günstiger ist. Der Kläger meint, dass nach § 573 Abs 2 RVO bereits ab 1.7.1991 ein höherer als der am 5.12.1990 festgestellte JAV rechtlich maßgeblich geworden sei und zu einem höheren Rentenwert geführt habe. Mithin sei bereits zu diesem Zeitpunkt (ggf) eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB X gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt vom 5.12.1990 eingetreten. Hierzu liegen keine Feststellungen des LSG vor. |
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| Gleiches gilt für die Voraussetzungen des § 90 Abs 2 SGB VII (30-Jahres-Grenze) seit dem 1.1.1997. Dieser setzt ua voraus, dass die Festsetzung des JAV für den Versicherten zum jeweils maßgebenden Zeitpunkt "günstiger" ist. Ob dies hier der Fall ist, kann der Senat aufgrund der fehlenden tatsächlichen Feststellungen ebenfalls nicht beurteilen. |
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| Hinzu kommt, dass der Kläger möglicherweise erstens einen Rechtsanspruch auf höhere Verletztenrente wegen eines zum oder nach dem 1.7.1991 gemäß § 573 Abs 2 RVO maßgeblich gewordenen JAV hatte. Zweitens könnte der Wert des Rechts auf Rente seit dem 1.1.1997 noch höher geworden sein, wenn seither die Voraussetzungen des § 90 Abs 2 SGB VII erfüllt wurden und danach ein noch günstigerer JAV maßgeblich wurde. |
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| Daher ist der Tenor der Entscheidung des LSG - ungeachtet seiner Nichtvollstreckbarkeit - auch insofern unzutreffend, als es die Beklagte verurteilt hat, den JAV ab 1.1.2004 nach den §§ 90 Abs 2 iVm § 214 Abs 2 SGB VII neu festzusetzen. Wäre ein anderer JAV nach § 573 Abs 2 RVO zwischen 1991 und 1996 (Vollendung des 25. Lebensjahres) derjenige, der zu einem Anspruch des Klägers auf höchstmögliche Verletztenrente führt, so würde die vom LSG ausgesprochene abstrakte Verpflichtung der Beklagten zur Neuermittlung des JAV ausschließlich nach § 90 Abs 2 SGB VII (iVm § 214 Abs 2 SGB VII) dem materiellen Begehren des Klägers sogar widersprechen. |
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| Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben. |
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