Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 8. Senats vom 25.9.2014 - B 8 SO 8/13 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.9.2014 - B 8 SO 7/13 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.9.2014 - B 8 SO 5/13 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.9.2014 - B 8 SO 6/13 R -
Kassel, den 22. September 2014
Terminvorschau Nr. 42/14
Der 8. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 25. September 2014 im Jacob-Grimm-Saal aufgrund mündlicher Verhandlung über fünf Revisionen aus dem Gebiet des Sozialhilferechts zu entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 8 SO 6/13 R -
Jobcenter Stadt Koblenz ./. Oberbürgermeister der Stadt Koblenz
Im Streit ist die Erstattung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen
Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für die Zeit vom 14.2. bis
23.9.2007 (926,49 Euro). Für diesen Zeitraum hat die Rechtsvorgängerin
des Klägers einem Leistungsempfänger Arbeitslosengeld II (Alg II) nach
dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch ‑ Grundsicherung für Arbeitsuchende ‑
(SGB II) gezahlt; aufgrund des Bezugs dieser Leistung war L.
pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung und der
sozialen Pflegeversicherung. Da zwischen der Rechtsvorgängerin des
Klägers und der Stadt Koblenz als zuständigem Sozialhilfeträger Streit
über die Erwerbsfähigkeit des L. bestand, wurde die gemeinsame
Einigungsstelle eingeschaltet. Diese entschied, dass L. seit dem
7.2.2007 erwerbsunfähig gewesen sei.
Der Beklagte hat daraufhin die Kosten für das Alg II in Höhe der
Sozialhilfe gemäß § 44a Abs 2 SGB II iVm § 103 Zehntes Buch
Sozialgesetzbuch ‑ Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz ‑
(SGB X) erstattet, lehnte jedoch eine Erstattung der für die gesetzliche
Krankenversicherung und soziale Pflegeversicherung entrichteten
Beiträge ab. Während das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen hat,
hat das Landessozialgericht (LSG) den Beklagten verurteilt, an den
Kläger die geltend gemachten 926,49 Euro zu zahlen. Zur Begründung
seiner Entscheidung hat es ausgeführt, von der Anordnung der
entsprechenden Anwendung des § 103 SGB X in § 44a Abs 2 SGB II werde
nicht nur eine Erstattung der gezahlten Sozialleistungen, sondern auch
der deshalb entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung
und zur sozialen Pflegeversicherung erfasst.
Hiergegen wendet sich der Beklagte. Er ist der Ansicht, die Beiträge
seien nicht zu erstatten.
SG Koblenz
- S 12 SO 163/10 -
LSG
Rheinland-Pfalz
- L 1 SO 30/12 -
2) 10.45 Uhr
- B 8 SO 5/13 R - Jobcenter Stadt Koblenz ./. Oberbürgermeister
der Stadt Koblenz
In
diesem Verfahren geht es um dieselbe Rechtsfrage wie im Verfahren unter
Nr. 1 (Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen
Pflegeversicherung in Höhe von 878,53 Euro für die Zeit vom 6.6.2006 bis
2.1.2007). Auch hier hatte die Klage erst zweitinstanzlich Erfolg.
Auch hier wendet sich der Beklagte gegen die Entscheidung des LSG.
SG Koblenz
- S 12 SO 162/10 -
LSG
Rheinland-Pfalz
- L 1 SO 29/12 -
3) 11.45 Uhr
- B 8 SO 10/13 R - Landkreis Cuxhaven ./. Stadt
Bremerhaven
Im Streit
ist die Erstattung von Kosten für Ambulant-betreutes-Wohnen in der Zeit
vom 15.10.2005 bis 28.2.2007.
Die Sozialhilfeberechtigte erhielt vom Kläger durchgehend seit 1.10.2004
Eingliederungs-hilfeleistungen in Form der Kostenübernahme für
Betreutes-Wohnen, zuletzt bewilligt bis 31.3.2006. Wegen eines Umzugs
der Leistungsempfängerin nach Bremerhaven, in den Zuständigkeitsbereich
der Beklagten, stellte der Kläger die Leistung zunächst bescheidmäßig
mit Wirkung ab 15.10.2005 (Tag des Umzugs) ein, zahlte jedoch, nachdem
er im November darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass die
Leistungsempfängerin auch im Bremerhaven weiter betreut wurde, die
Leistung bis zum Ende des Bewilligungszeitraums (bis 31.3.2006) fort.
Für die Zeit ab 1.4.2006 lehnte er die Kostenübernahme ab, weil er für
die Leistung nicht mehr zuständig sei. Nachdem er vom
Verwaltungsgericht (VG) Bremen verpflichtet worden war, gemäß § 43
Sozialgesetzbuch Erstes Buch ‑ Allgemeiner Teil ‑ (SGB I) als
erstangegangener Leistungsträger Leistungen über den 1.4.2006 hinaus
‑ im Tenor zeitlich begrenzt ‑ zu erbringen, hat er ab 1.4.2006
vorläufige Leistungen des Ambulant-betreuten-Wohnens erbracht.
Eine Kostenerstattung lehnte die Beklagte ab; beim SG war die Klage
erfolgreich. Auf die Sprungrevision der Beklagten gegen diese erste
Entscheidung des SG hat das Bundessozialgericht (BSG) die Sache zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das SG hat
die Beklagte auch in seiner zweiten Entscheidung verurteilt, die geltend
gemachten Kosten in Höhe von 20 194,33 Euro zu erstatten. Zur Begründung
seiner Entscheidung hat es ausgeführt, ein Erstattungsanspruch des
Klägers beruhe auf § 2 Abs 3 SGB X (Fortzahlungspflicht der bisher
zuständigen Behörde nach Wechsel der örtlichen Zuständigkeit bei
anschließender Kostenerstattung). Nach der Rechtsprechung des BSG im
Zurückverweisungsurteil verbleibe es, weil der Leistungsfall des
Ambulant-betreuten-Wohnens bereits vor dem 1.1.2005 eingetreten sei,
bei den Zuständigkeitsregelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG);
dieses habe bei jedem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts auch einen
Zuständigkeitswechsel vorgesehen.
Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, wenn man schon entgegen
der seit 1.1.2005 in § 98 Abs 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch
‑ Sozialhilfe ‑ (SGB XII) vorgesehenen anderen Zuständigkeitsregelung
(fortbestehende Zuständigkeit vor Eintritt in die Wohnform) die
Vorschriften des BSHG in Altfällen weiter anwenden müsse, müsse dies
auch für § 107 BSHG gelten, der eine nicht ins SGB XII übernommene
Kostenerstattungspflicht des durch den Umzug zuständig gewordenen
örtlichen Trägers der Sozialhilfe gegen den Träger der Sozialhilfe des
bisherigen Aufenthaltes vorsah.
SG Stade
- S 33 SO 161/11 ZVW -
4) 12.30 Uhr - B 8 SO 7/13 R
- Landeshauptstadt Magdeburg ./.
Land Sachsen-Anhalt
Im Streit ist die Erstattung von Kosten, die die Klägerin (als
Jugendhilfeträger) in der Zeit vom 19.1.2006 bis 6.6.2010 für die
Unterbringung eines schwerbehinderten Kindes in einer Pflegefamilie
aufgewandt hat; der Beklagte hat als überörtlicher Träger der
Sozialhilfe eine Erstattung der Kosten abgelehnt. Während das SG den
Beklagten verurteilt hat, Hilfen "ab 19.1.2006 in noch zu beziffernder
Höhe zu erstatten", hat das LSG auf die Berufung des Beklagten das
Urteil des SG "insoweit aufgehoben, als der Beklagte verurteilt worden
ist, der Klägerin mehr als 8020,70 Euro, dh auch Kosten der
Aufwendungen für die Zeit bis einschließlich 4.8.2009, zu erstatten".
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, ein
Erstattungsanspruch der Klägerin aus § 102 SGB X bestehe nur für die
Zeit ab 5.8.2009, weil der Gesetzgeber erst mit dem am 5.8.2009 in Kraft
getretenen § 54 Abs 3 SGB XII eine Eingliederungshilfe in Form der
Betreuung in einer Pflegefamilie im SGB XII geregelt habe.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, der Beklagte mit
der Anschlussrevision. Die Klägerin rügt eine fehlerhafte Auslegung des
§ 10 Abs 4 Sozialgesetzbuch Achtes Buch ‑ Kinder- und Jugendhilfe ‑
(SGB VIII) sowie der §§ 53, 54 Abs 1 SGB XII in der bis 4.8.2009
geltenden Fassung. Danach sei der Katalog des § 54 SGB XII schon vor dem
5.8.2009 dem Wortlaut nach ("insbesondere") offen ausgestaltet gewesen,
sodass mit der Erweiterung des § 54 SGB XII um seinen Absatz 3 kein
neuer Leistungstatbestand für Kinder und Jugendliche geschaffen worden
sei. Der Beklagte macht geltend, das LSG habe zu Unrecht für die Zeit ab
5.8.2009 eine Erstattungspflicht auch hinsichtlich der Kosten für den
Lebensunterhalt des Kindes angenommen. Der Erstattungsbetrag könne diese
Kosten nicht erfassen und müsse deshalb reduziert werden.
SG Magdeburg
- S 19 SO 94/07 -
LSG
Sachsen-Anhalt
- L 8 SO 20/09 -
5) 13.15 Uhr
- B 8 SO 8/13 R - 1. O.J., 2. P.J.
./. Landkreis Tübingen
beigeladen: W. GmbH
Im Streit ist die Übernahme der Kosten für nächtliche Sitzwachen in den
Jahren 2009/2010. Die Kläger, Zwillingsbrüder, sind erheblich behindert.
Im Jahre 2006 haben sie gemeinschaftlich in einem Wohnheim, in dem sie
untergebracht waren, eine Mitbewohnerin vergewaltigt. Ab Juni 2006
wohnten sie im Rahmen von Eingliederungshilfe in verschiedenen
Wohnheimen der Beigeladenen; vor den Zimmern der Kläger wurden
Nachtwachen gestellt, um das unbeaufsichtigte Verlassen der Zimmer zu
unterbinden und die Mitbewohner zu schützen. Zur Abgeltung
entsprechender, zusätzlicher Personalkosten traf der Beklagte mit der
Beigeladenen Vereinbarungen über einen täglichen Zuschlag (letztmalig
befristet bis 31.3.2009). Für die Zeit danach bewilligte er den Klägern
die im Heimvertrag und der maßgeblichen Vergütungsvereinbarung
geregelten Beträge und lehnte ausdrücklich die Übernahme eines
Zuschlags ab. Die dagegen erhobenen Klagen hatten beim LSG Erfolg. Zur
Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Nachtwachen
könnten nicht isoliert vom therapeutischen Gesamtzusammenhang gesehen
werden; ohne sie wären Eingliederungshilfemaßnahmen nicht durchführbar
gewesen. Die dadurch bedingten Kosten fänden ihre Grundlage in der
Vergütungsvereinbarung und dem Rahmenvertrag und könnten von der
Beigeladenen gegenüber den Klägern geltend gemacht werden.
Mit der Revision rügt der Beklagte eine Verletzung der §§ 53, 54 SGB XII
iVm § 55 Abs 2 Nr 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch ‑ Rehabilitation und
Teilhabe behinderter Menschen ‑ (SGB IX). Das LSG verkenne, dass nicht
jede Leistung, die dem Aufenthalt eines behinderten Menschen in einer
Einrichtung förderlich sei, auch als Teilhabeleistung durch den
Sozialhilfeträger zu finanzieren sei. Ziel der Nachtwachen sei die
Vermeidung von Gefahren und Belästigungen für die Mitbewohner, nicht
die Eingliederung in die Gemeinschaft.
SG Münster
- S 8 (12) SO 46/09 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 9 SO 607/10 -