Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 4. Senats vom 3.3.2009 - B 4 AS 50/07 R -, Urteil des 14. Senats vom 12.11.2015 - B 14 AS 23/14 R -, Urteil des 14. Senats vom 12.11.2015 - B 14 AS 6/15 R -, Urteil des 14. Senats vom 12.11.2015 - B 14 AS 34/14 R -, Urteil des 14. Senats vom 12.11.2015 - B 14 AS 50/14 R -
Kassel, den 4. November 2015
Terminvorschau Nr. 48/15
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 12. November 2015 im Weißenstein-Saal nach mündlicher Verhandlung über vier Revisionen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu entscheiden.
1) 9.30 Uhr - B 14 AS 6/15 R -
M.P. ./. Jobcenter Werra-Meißner
Umstritten ist die Zahlung von Alg II während einer stationären
Drogentherapie.
Der
1973 geborene Kläger unterzog sich vom 29.4. bis zum 2.6.2009 einer
Entgiftungsbehandlung, war anschließend bis zum 5.1.2010 in einer
Übergangseinrichtung und ab dem 5.1. bis zum 5.7.2010 in einer
Fachklinik in einer stationären Langzeittherapie. Zwischenzeitlich ist
er ua wegen Betäubungsmittelstraftaten zu einer Freiheitsstrafe
verurteilt worden, die mit der Auflage, eine Langzeittherapie
durchzuführen, zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Im Anschluss an
seine Entlassung hat er ab dem 6.7.2010 Alg II bezogen. Seinen zu Beginn
der Langzeittherapie gestellten Antrag auf Alg II hat das beklagte
Jobcenter abgelehnt, weil er sich schon zuvor in einer stationären
Übergangseinrichtung befunden habe und auch weiterhin in stationärer
Behandlung gewesen sei.
Vor dem SG und dem LSG ist der Kläger erfolglos geblieben. Er sei wegen
seines Aufenthalts in einer stationären Einrichtung vom Bezug von Alg II
nach § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II ausgeschlossen. Die Rückausnahme des § 7
Abs 4 Satz 3 Nr 1 SGB II greife nicht, weil die Aufenthalte in der
Übergangseinrichtung und der Fachklink zusammenzurechnen seien.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision wendet der Kläger sich gegen
diese Zusammenrechnung und rügt eine Verletzung des § 7 Abs 4 SGB II.
SG Kassel - S 1 AS 239/10 -
Hessisches LSG - L 6 AS 361/12 -
2) 10.30 Uhr - B
14 AS 50/14 R - Hochtaunuskreis ./. Bundesrepublik
Deutschland
Umstritten ist die Erstattung von veruntreuten Geldern, die vom
klagenden Landkreis, einem zugelassenen kommunalen Träger, bei der
beklagten Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des § 6b SGB II abgerufen
worden waren.
Bei
dem Kläger war als persönliche Ansprechpartnerin ua die Beamtin M tätig,
die befugt war, im Rahmen der Bewilligung von Eingliederungsleistungen
nach dem SGB II Aufträge an Leistungserbringer bis zu 5000 Euro selbst
zu erteilen. Von Juni 2009 bis März 2010 bewirkte die M
Zahlungsanweisungen iHv ca 500.000 Euro an Scheinfirmen, hinter denen
sie und ihr Ehemann standen, ohne dass Leistungen erbracht worden waren.
Nachdem dies aufgefallen und die Beklagte vom Kläger informiert worden
war, forderte sie diese Beträge plus Zinsen zurück. Dieser Aufforderung
kam der Kläger "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Vorbehalt
einer gerichtlichen Prüfung" nach. Zwischenzeitlich hat er einen Teil
des Geldes von M wiederbekommen.
Auf dessen Klage hat das LSG die Beklagte verurteilt, den vom Kläger
begehrten Betrag an diesen Zug um Zug gegen Abtretung eines notariellen
Schuldanerkenntnisses der M zurückzuzahlen. Der Kläger habe den
‑ noch ‑ strittigen Betrag zu Recht von der Beklagten als Aufwendungen
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 6b Abs 2 SGB II erlangt,
und dieser Rechtsgrund sei auch nicht später wegen des vorsätzlichen
Handelns der M oder Mängeln im Verwaltungs- und Kontrollsystem des
Klägers weggefallen.
In ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung
des § 6b Abs 2 SGB II, des Art 106 Abs 8 GG sowie des allgemeinen
öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, weil es keine
voraussetzungslose Kostentragungspflicht der Beklagten gebe. Die
umstrittenen Mittel seien nicht für Leistungen nach dem SGB II verwandt
worden.
Hessisches
LSG - L 6 AS 234/12 KL -
3) 11.30 Uhr
- B 14 AS 34/14 R - H.F. ./. Jobcenter im Landkreis
Saarlouis
Umstritten
ist ein Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte
nach § 21 Abs 4 SGB II.
Das beklagte Jobcenter bewilligte dem Kläger, bei dem ein Grad der
Behinderung von 40 festgestellt ist, Alg II vom 1.3. bis 31.8.2011 in
Höhe des Regelbedarfs sowie für Unterkunft und Heizung. Seinen
Widerspruch, mit dem der Kläger wegen einer Arbeitsgelegenheit mit
Mehraufwandsentschädigung als Bürogehilfe in einer Fahrradwerkstatt vom
8.9.2010 bis zum 7.3.2011 einen Mehrbedarf für behinderte
Leistungsberechtigte geltend gemacht hat, hat der Beklagte
zurückgewiesen, weil kein Zusammenhang zwischen der Arbeitsgelegenheit
und dem Mehrbedarf bestehe.
Das SG hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger vom 1. bis zum 7.3.2011
den Mehrbedarf zu gewähren. Das LSG hat auf die Berufung des Beklagten
das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen. Die
Arbeitsgelegenheit sei keine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach
§ 33 SGB IX gewesen, weil das beklagte Jobcenter kein Reha-Träger iSd
§ 6 SGB IX sei. Es habe sich auch nicht um eine Eingliederungshilfe nach
dem SGB XII oder um eine "sonstige Hilfe" gehandelt.
In seiner vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung
des § 21 Abs 4 SGB II. Als sonstige Hilfe sei jede Maßnahme anzusehen,
die einen engen Bezug zum Arbeitsleben habe und der Eingliederung in
dieses diene.
SG für
das Saarland - S 26 AS 376/11 -
LSG für
das Saarland - L 9 AS 42/12 -
4) 12.15 Uhr
- B 14 AS 23/14 R - 1. K.F., 2. K.W. ./. Jobcenter
Ostholstein
Umstritten ist noch ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs 3
SGB II.
Der Kläger zu
1 ist der Vater der in 2003 geborenen Klägerin zu 2. Nach einer
Vereinbarung der die elterliche Sorge gemeinsam ausübenden, getrennt
lebenden Eltern wird die Klägerin zu 2 zu 60 % von ihrer Mutter, die
keine Leistungen nach dem SGB II erhält, in Berlin betreut und zu 40 %
vom Kläger zu 1, der auf Fehmarn lebt. Das beklagte Jobcenter bewilligte
dem Kläger zu 1 Alg II in Höhe des Regelbedarfs und für Unterkunft und
Heizung, seinen Antrag auf Bewilligung von 40 % des Mehrbedarfs für
Alleinerziehende lehnte es ab.
Das SG hat die Klagen abgewiesen. Das LSG hat den Beklagten verurteilt,
an den Tagen, an denen sich die Klägerin zu 2 beim Kläger zu 1 aufhielt,
ihr Sozialgeld zu zahlen, und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen.
Zur Begründung des Letzteren hat es insbesondere ausgeführt, der Kläger
betreue die Tochter nicht alleine und auch die Voraussetzungen des sog
"Wechselmodells" (Hinweis auf BSG vom 3.3.2009 - B 4 AS 50/07 R - BSGE
102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr 5) lägen nicht vor.
Mit ihren vom LSG zugelassenen Revisionen rügen die Kläger eine
Verletzung des § 21 Abs 3 SGB II und begehren einen Mehrbedarf wegen
Alleinerziehung für den Kläger zu 1 für die Tage, an denen er die
Klägerin zu 2 allein betreut habe (ua für die durchgehende Zeit vom
13.7. bis zum 31.8.2008). Denn der Mehrbedarf solle die Kosten
ausgleichen, die durch die alleinige Pflege und Erziehung des Kindes
entstehen würden; eine wochenweise Betrachtung sei nicht
nachvollziehbar.
SG
Lübeck - S 25 AS 904/08 -
Schleswig-Holsteinisches LSG - L 3 AS 114/11 -