Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 10. Senats vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 11/13 R -, Urteil des 10. Senats vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 1/13 R -, Urteil des 10. Senats vom 12.2.2015 - B 10 ÜG 7/14 R -
Kassel, den 9. Februar 2015
Terminvorschau Nr. 4/15
Der 10. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 12. Februar 2015 im Elisabeth-Selbert-Saal aufgrund mündlicher Verhandlung über drei Revisionen aus dem Bereich des Entschädigungsrechts wegen überlanger Verfahrensdauer zu entscheiden.
1) 10.15 Uhr - B 10 ÜG 1/13 R -
P. C. gGmbH ./. Land Sachsen-Anhalt
Die Klägerin, eine gemeinnützige GmbH, begehrt eine höhere Entschädigung
wegen materieller und immaterieller Nachteile infolge der insgesamt
über zehnjährigen Dauer eines Klageverfahrens vor dem SG Magdeburg und
eines Berufungsverfahrens vor dem LSG Sachsen-Anhalt. Dort hatte sie als
Betreiberin eines Pflegeheims erfolglos eine höhere Vergütung geltend
gemacht, ehe sie vor dem BSG schließlich einen Teilerfolg erzielen
konnte.
Das
Entschädigungsgericht hat das beklagte Land zur Zahlung von 2400 Euro
wegen immaterieller Nachteile verurteilt; ein Vermögensschaden sei zwar
denkbar, aber nicht konkret feststellbar. Eine anderweitige
Wiedergutmachung des Nicht-Vermögensnachteils, der auch bei einer gGmbH
zu vermuten sei, komme angesichts der Umstände des Falles nicht in
Betracht; der gesetzliche Regelbetrag von 1200 Euro pro Jahr der
Verzögerung sei auch nicht unbillig.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine rechtsfehlerhafte Feststellung
der angemessenen Verfahrensdauer. Das Ausgangsverfahren habe sogar
dreieinhalb Jahre zu lang gedauert. Das beklagte Land hat
Anschlussrevision erhoben, um die vollständige Klageabweisung zu
erreichen. Es ist der Ansicht, eine juristische Person könne keine
immateriellen Nachteile erleiden; zumindest stehe ihr keine
Entschädigung in Geld zu ‑ ausreichend sei die Feststellung der
unangemessenen Verfahrensdauer.
LSG Sachsen-Anhalt - L 10 SF 5/12 ÜG -
2) 11.15 Uhr
- B 10 ÜG 11/13 R - S.H. ./. Land Rheinland-Pfalz
Streitig ist eine Entschädigung von Nachteilen wegen überlanger Dauer
einer Klage vor dem SG Speyer. Mit ihrer im Dezember 2009 erhobenen
Klage begehrte die Klägerin dort die Aufhebung einer Absenkung der
Regelleistung nach dem SGB II für die Monate November 2009 bis Januar
2010 (insgesamt 216 Euro) und Änderung der zugrunde liegenden
Bewilligung. Im Dezember 2011 erhob die Klägerin Verzögerungsrüge. Das
Verfahren endete im Juni 2012 durch angenommenes Anerkenntnis nach
persönlicher Befragung der Klägerin im Termin zur mündlichen
Verhandlung. Auf die im Dezember 2012 erhobene Entschädigungsklage hat
das LSG das beklagte Land verurteilt, an die Klägerin eine
Entschädigung in Höhe von 216 Euro zu zahlen und die weitergehende Klage
abgewiesen. Das Ausgangsverfahren sei zwar rund 18 Monate nicht
bearbeitet worden. Der Umfang der Entschädigung sei aber zur
Vermeidung von Missbrauch auf das mit dem Ausgangsverfahren verfolgte
finanzielle Interesse beschränkt, wenn die Entschädigungspauschale von
monatlich 100 Euro dieses Interesse im Ausgangsverfahren um ein
Vielfaches übersteige.
Mit
ihrer Revision rügt die Klägerin, die Untätigkeit des Ausgangsgerichts
habe insgesamt 21 Monate gedauert. Die Abweichung von der
Entschädigungspauschale sei nur in atypischen Sonderfällen möglich. Das
beklagte Land rügt mit seiner Anschlussrevision, das
Entschädigungsgericht habe die Umstände des Einzelfalls nicht in dem
gebotenen Maße berücksichtigt und angesichts der zögerlichen
Mitwirkung der Klägerin sowie des objektiv geringen wirtschaftlichen
Interesses ohnehin eine Entschädigung in Geld verneinen müssen.
LSG Rheinland-Pfalz - L 4 SF 40/12 EK AS -
3) 12.30 Uhr
- B 10 ÜG 7/14 R - H.S. ./. Land
Mecklenburg-Vorpommern
Der Kläger verlangt Entschädigung wegen
der Dauer eines rund neunjährigen Gerichtsverfahrens über seine
Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung vor den
Sozialgerichten des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Das LSG
Mecklenburg-Vorpommern als Entschädigungsgericht hat das beklagte Land
zur Zahlung von 4100 Euro Entschädigung für 41 Monate überlange
Verfahrensdauer beim SG bzw 3400 Euro für 34 Monate
Verfahrensverzögerung beim LSG verurteilt und dem Kläger darüber hinaus
Prozesszinsen jeweils ab Klageerhebung zugesprochen.
Mit seiner
Revision will das beklagte Land eine Aufhebung der Verurteilung zur
Entschädigungszahlung erreichen und ansonsten seine Verurteilung auf die
Feststellung kürzerer Zeiten der Untätigkeit beschränken lassen. Bei
objektiver Betrachtung habe das Ausgangsverfahren für den Kläger keine
besondere Bedeutung gehabt, weil Klage und Berufung erkennbar
unbegründet gewesen seien. Ein immaterieller Schaden des Klägers sei
nicht erkennbar, weshalb eine Entschädigung in Geld unverhältnismäßig
sei. Vielmehr reiche die Feststellung der überlangen Verfahrensdauer zur
Wiedergutmachung aus. Schließlich entspreche die Berechnung des
Zeitraums der überlangen Verfahrensdauer nicht den jüngst vom BSG
entwickelten Maßstäben, die den Gerichten längere Fristen zur Überlegung
und Vorbereitung einräume.
LSG Mecklenburg-Vorpommern
- L 12 SF 47/13 EK U WA -