Siehe auch: Urteil des 6. Senats vom 17.2.2016 - B 6 KA 34/15 R -, Urteil des 6. Senats vom 17.2.2016 - B 6 KA 3/15 R -, Urteil des 6. Senats vom 17.2.2016 - B 6 KA 4/15 R -, Urteil des 6. Senats vom 17.2.2016 - B 6 KA 46/14 R -, Urteil des 6. Senats vom 17.2.2016 - B 6 KA 47/14 R -
Kassel, den 18. Februar 2016
Terminbericht Nr. 2/16
(zur Terminvorschau Nr. 2/16)
Der 6. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 17. Februar 2016.
1) Die Revision der beklagten KÄV hatte nur
zu einem kleineren Teil Erfolg.
Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Ausschluss der
psychologischen Psychotherapeuten von der zusätzlichen Vergütung einer
Samstagssprechstunde (Nr 01102 EBM-Ä) nicht mit dem Gleichheitsgebot des
Art 3 Abs 1 GG vereinbar ist. Sachgründe, die es rechtfertigen würden,
dass nur ärztliche, nicht aber psychologische Psychotherapeuten diese
Vergütung erhalten können, sind nicht erkennbar. Nicht zu folgen ist dem
LSG lediglich insoweit, als es die Beklagte zur Vergütung der Leistungen
verurteilt hat, die der Kläger nach dem EBM-Ä ausdrücklich nicht
abrechnen kann. Die Beklagte ist lediglich zur Neubescheidung
verpflichtet, nachdem der Bewertungsausschuss den
Gleichbehandlungsverstoß durch eine rechtmäßige Neuregelung behoben hat
SG Marburg - S 11 KA 177/10 -
Hessisches LSG - L 4 KA 3/13 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 47/14 R -
2) Die Revision
der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Zwar entsprechen die für das Quartal I/2005 maßgeblichen Regelungen des
Honorarverteilungsvertrages (HVV) nicht den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB
V aF. Die Partner des HVV waren aber berechtigt, entsprechend der
Empfehlung des Bewertungsausschusses (BewA) im Beschluss vom 29.10.2004,
die zuvor geltenden Verteilungsreglungen weiter anzuwenden. Mit dieser
Empfehlung hielt der BewA sich noch im Rahmen seiner Kompetenzen nach §
85 Abs 4a SGB V aF. Für die Zeit ab dem Quartal II/2005 hat der Senat
vom BewA vorgegebene Übergangsregelungen bereits gebilligt. Auch für den
Zeitraum der Quartale III/2004 bis einschließlich I/2005 war der BewA
berechtigt, Übergangsregelungen vorzusehen. Zwar hat sich der BewA für
diesen Zeitraum darauf beschränkt, die Weitergeltung der bisherigen
Regelungen ohne inhaltliche Qualifizierung vorzugeben. Dies war aber
ausnahmsweise im Hinblick auf die Verzögerungen bei der Umsetzung der
neuen Steuerungselemente und ihrer Harmonisierung mit dem neuen EBM-Ä
zulässig. Eine Verpflichtung der Partner des HVV, für diesen
Übergangszeitraum ohne Vorgaben des BewA Regelungen zu den RLV in
unmittelbarer Anwendung des § 85 Abs 4 SGB V aF zu treffen, bestand
nicht. Die Vergütung der Fachgruppe der Neurologen und Psychiater war im
Quartal I/2005 auch nicht unangemessen niedrig und mit dem Gebot der
Honorarverteilungsgerechtigkeit unvereinbar.
SG Hamburg - S 3 KA 328/09 -
LSG
Hamburg - L 5 KA 28/11 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 46/14 R -
3) Auch in
diesem, die Quartale III/2004 bis I/2005 betreffenden Verfahren blieb
die Revision ohne Erfolg. Die weitere Anwendung der zuvor geltenden HVV
war aus den im Verfahren B 6 KA 46/14 R genannten Gründen rechtmäßig,
wobei sich die Partner der HVV hinsichtlich der Quartale III/2004 und
IV/2004 auf die Empfehlungen des BewA in den Beschlüssen vom 29.1.2004
und vom 13.5.2004 stützen konnten.
Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend gemacht hat, der HVV habe
keine ausreichenden Regelungen vorgesehen, die es kleinen Praxen
ermöglicht, zum Fachgruppendurchschnitt anzuwachsen, konnte sie damit
nicht durchdringen. Ob die im HVV vorgesehene Begrenzung des Wachstums
auf 10% der Summe der pRVV den Vorgaben des Senats zur
Wachstumsmöglichkeit kleiner Praxen genügt, musste nicht entschieden
werden. Soweit die Klägerin ihre geringen Fallzahlen gegenüber dem
Vorjahresquartal überhaupt gesteigert hat, ist eine Vergütung ohne die
im HVV vorgesehene 10%-Begrenzung erfolgt.
SG Hamburg - S 3 KA 57/06 -
LSG
Hamburg - L 5 KA 76/13 WA -
Bundessozialgericht - B 6 KA 4/15 R -
4) Die Revision
der Klägerin war erfolgreich.
Grundsätzlich gelten die Ausführen zum Verfahren B 6 KA 46/14 R auch
hier. Der HVV entsprach aber nicht den Empfehlungen des BewA, da die im
HVV der Beklagten bis zum Quartal II/2004 geltende Regelung, die die
Vergütung eines bestimmten Kontingents radiologischer Leistungen mit
festen Punktwerten und eine Abstaffelung der Vergütung der darüber
hinausgehenden Leistungen vorsah, zum Quartal III/2004 (und auch in den
beiden streitgegenständlichen Folgequartalen) nicht fortgeführt wurde.
Sie wurde durch eine Regelung ersetzt, die im Wesentlichen eine
Vergütung aller Leistungen innerhalb der Kontingente für CT/MRT
einerseits und der übrigen radiologischen Leistungen andererseits nach
floatenden Punktwerten vorsah. Mit diesem Wechsel der
Verteilungsregelungen wurde eine Vergütung vorgenommen, die sich noch
weiter von dem Gedanken der RLV entfernt als das zuletzt im Rahmen der
Honorarverteilung angewandte Vergütungssystem. Dazu waren die Partner
der HVV jedoch nicht berechtigt. Deshalb muss die Beklagte neu über die
Honoraransprüche der Klägerin für die drei in den jeweiligen Verfahren
streitbefangenen Quartale entscheiden.
SG Hamburg - S 27 KA 153/09 -
LSG
Hamburg - L 5 KA 63/13 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 34/15 R -
5) und 6)
In diesen beiden Verfahren haben sich die Beteiligten verpflichtet,
entsprechend dem Urteil im Verfahren B 6 KA 34/15 R zu verfahren.
SG Hamburg - S 27 KA 229/09 -
LSG
Hamburg - L 5 KA 64/13 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 35/15 R -
SG
Hamburg - S 27 KA 230/09 -
LSG
Hamburg - L 5 KA 65/13 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 36/15 R -
7) Die
Revisionen der beiden Kläger sind ohne Erfolg geblieben.
Das LSG hat den Bescheid, mit dem der Beklagte die Ermächtigung des
Klägers zu 1 abgelehnt hatte, zu Recht nicht beanstandet. Der Beklagte
durfte aufbauend auf dem in Fachkreisen bestehenden weitreichenden
Konsens davon ausgehen, dass ein leistungsfähiges SPZ grundsätzlich erst
ab einer zu versorgenden Einwohnerzahl von mindestens etwa 400.000 bis
500.000 in der zu versorgenden Region wirtschaftlich betrieben werden
kann. Die Ermittlung der in der Region A zu versorgenden Einwohner mit
ca 650.000 ist nicht zu beanstanden, sodass ein zweites SPZ nicht
wirtschaftlich betrieben werden könnte. Hinweise, aus denen sich trotz
dieser Einwohnerzahl der Bedarf für ein zweites SPZ ergäbe und die dafür
sprechen würden, dass die Versorgung in der Region nicht ausreichend
gewährleistet würde – etwa in Gestalt langer Wartezeiten in dem bereits
existierenden SPZ – sind nicht ersichtlich.
Ebenfalls zutreffend hat das LSG die Beschränkung der Ermächtigung der
Klägerin zu 2 in Gestalt des sog Facharztfilters (Behandlung auf
Überweisung von Ärzten für Kinder- und Jugendmedizin, Fachärzten für
Neurologie und Psychiatrie sowie für Kinder- und Jugendpsychiatrie)
gebilligt. Auch einem SPZ darf die Ermächtigung mit der Einschränkung
erteilt werden, dass Versicherte nur auf Überweisung von Ärzten
bestimmter Arztgruppen behandelt werden dürfen, die nach ihrer
Weiterbildung und der Ausrichtung ihrer Tätigkeit besonders gut
beurteilen können, ob die fachärztliche Behandlung ausreicht oder ob
eine Behandlung im SPZ erforderlich ist. Bei der Ausgestaltung dieses
Facharztfilters hat der Beklagte seinen Beurteilungsspielraum nicht
überschritten. Für die Rechtmäßigkeit eines Überweisungsfilters kommt es
nicht darauf an, ob in Einzelfällen auch andere Arztgruppen wie zB
Hausärzte über entsprechende Kenntnisse verfügen, sondern es ist
ausreichend, dass diese bei den genannten Arztgruppen nach ihrer
Weiterbildung unterstellt werden können und dass eine flächendeckende
Versorgung mit Angehörigen dieser Arztgruppen gewährleistet ist.
SG München - S 38 KA 462/09 -
Bayerisches LSG - L 12 KA 30/13 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 6/15 -
8) Die Revision der
Klägerin war im Sinne einer Zurückverweisung der Sache an das LSG
erfolgreich.
Die
Auffassung des LSG, dass das Gebrauchsfertigmachen von Arzneimitteln von
der Leistungspflicht der Vertragsärzte nicht umfasst sei, weil hierzu
allein die Verordnung, nicht aber die Herstellung von Arzneimitteln
gehöre, trifft so nicht zu. Zwar ist nach der weiten Begriffsdefinition
des Arzneimittelgesetzes (AMG) jede Form der patientengerechten
Zubereitung eines Arzneimittels - auch das Einbringen von monoklonalen
Antikörpern (MAK) in eine Kochsalzlösung - als "Herstellung" von
Arzneimitteln anzusehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Handlung
damit stets dem pharmazeutischen Bereich zugeordnet und zugleich dem
Bereich der ärztlichen Behandlung entzogen ist. Dem steht bereits
entgegen, dass im Verordnungszeitraum (II/2008 bis I/2009) das AMG
ausdrücklich keine Anwendung auf Arzneimittel fand, die ein Arzt
ausschließlich zu dem Zweck „herstellte“, um diese unter seiner
unmittelbaren fachlichen Verantwortung am Patienten anzuwenden. Im
Übrigen geht das AMG zwar von einem sehr weiten Begriff der
„Herstellung“ aus, nimmt jedoch die patientengerechte Zubereitung von
Arzneimitteln zur unmittelbaren Anwendung durch den Arzt generell von
der ansonsten zwingend erforderlichen Herstellungserlaubnis nach § 13
Abs 1 AMG aus. Damit trägt das AMG dem Umstand Rechnung, dass die
patientengerechte Gebrauchsfertigmachung von Arzneimitteln in einer
Vielzahl von Fällen Bestandteil ärztlichen Handelns ist.
Ob die Klage der Krankenkasse im Übrigen begründet ist, weil der zu 2.
beigeladene Vertragsarzt unwirtschaftlich gehandelt hat, kann der Senat
jedoch nicht abschließend entscheiden, weil das LSG keine ausreichenden
Feststellungen getroffen hat. Das LSG wird insbesondere zu ermitteln
haben, ob das Gebrauchsfertigmachen von MAK durch den behandelnden Arzt
- bzw unter dessen Aufsicht durch sein medizinisches Fachpersonal - in
onkologischen Praxen „üblich“ ist und es daher grundsätzlich erwartet
werden kann, dass ein Arzt bzw das Praxispersonal die patientengerechte
Zubereitung des Arzneimittels selbst vornimmt, und ob der beigeladene
Arzt objektive, medizinisch begründete Zweifel vorgebracht hat, die
einer Gebrauchsfertigmachung der Infusionslösung in der Praxis
entgegenstehen.
SG
München - S 39 KA 572/11 -
Bayerisches LSG - L 12 KA 98/12 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 3/15 R -