Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 14. Senats vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R -, Urteil des 14. Senats vom 9.3.2016 - B 14 AS 5/15 R -, Urteil des 14. Senats vom 9.3.2016 - B 14 KG 1/15 R -, Urteil des 14. Senats vom 9.3.2016 - B 14 AS 3/15 R -
Kassel, den 26. Februar 2016
Terminvorschau Nr. 7/16
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 9. März 2016
im Elisabeth-Selbert-Saal nach mündlicher Verhandlung über vier
Revisionen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu
entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 14 AS 20/15 R -
H. ./. Jobcenter Osnabrück
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufrechnung nach
§ 43 SGB II iHv 30% des Regelbedarfs über bis zu drei Jahre. Der 1961
geborene, alleinstehende Kläger bezog seit 2005 vom beklagten Jobcenter
Alg II. Aufgrund von zwei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden aus dem
Jahr 2007 ist er dem Beklagten zur Erstattung von Leistungen nach dem
SGB II iHv 8352,03 Euro verpflichtet, die ihm zwischen Januar 2005 und
September 2007 zu Unrecht erbracht worden waren. Anlass hierfür war der
Bezug von Einkommen, den der Kläger dem Beklagten vorsätzlich nicht
mitgeteilt hatte, weshalb er vom Amtsgericht Osnabrück rechtskräftig
wegen Betruges verurteilt worden ist. Nach erfolglosem Klageverfahren
gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide sind diese
bestandskräftig geworden (Entscheidungen des SG Osnabrück vom
10.4.2012).
Im Juli
2012 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Aufrechnung mit
seinem Erstattungsanspruch gegen dessen Leistungsanspruch an; der Kläger
äußerte sich hierauf nicht. Anschließend erklärte der Beklagte die
Aufrechnung iHv 30% des für den Kläger jeweils maßgebenden Regelbedarfs;
ab 1.12.2012 iHv 112,20 Euro und ab 1.2.2013 iHv 114,60 Euro monatlich.
Ermessensgesichtspunkte, um von einer Aufrechnung auch nur teilweise
abzusehen, seien nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Höhe sei kein
Ermessen eingeräumt; aus dem auf § 45 Abs 2 SGB X beruhenden
Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X folge eine Aufrechnung von 30% des
maßgebenden Regelbedarfs. Im Widerspruchsbescheid ordnete der Beklagte
die sofortige Vollziehung der Aufrechnung an.
Klage und Berufung gegen die Aufrechnung blieben erfolglos. Zur
Begründung hat das LSG ausgeführt, dass ihre gesetzlichen
Voraussetzungen nach § 43 SGB II vorlägen, die Aufrechnungserklärung des
Beklagten Ermessensfehler nicht erkennen lasse und die gesetzliche
Ermächtigung zur Aufrechnung mit dem Grundrecht des Klägers auf
Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm
Art 20 Abs 1 GG) vereinbar sei.
Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die
Aufhebung der Aufrechnung und macht die Verfassungswidrigkeit von § 43
SGB II geltend, weil durch die Aufrechnung iHv 30% des Regelbedarfs über
bis zu drei Jahre das verfassungsrechtliche garantierte Existenzminimum
dauerhaft unterschritten werde.
SG Osnabrück
- S 22 AS 66/13 -
LSG
Niedersachsen
- L 15 AS 377/13 -
2)
10.45 Uhr - B 14 AS 3/15 R - K. ./.
Jobcenter Kreis Höxter
Im Streit ist die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung, die vorzeitige
Inanspruchnahme einer Altersrente zu beantragen. Der im März 1950
geborene Kläger bezog mit seiner Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft Alg II
vom beklagten Jobcenter. Mit Vollendung seines 63. Lebensjahres konnte
er eine vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen; zum 1.8.2015 hat er
die Voraussetzungen für den Bezug einer Regelaltersrente erfüllt. Der
Beklagte forderte den Kläger unter Hinweis auf dessen durch § 12a SGB II
konkretisierte Selbsthilfeverpflichtung auf, einen Antrag auf vorzeitige
Altersrente, beginnend ab Vollendung seines 63. Lebensjahres, beim
Rentenversicherungsträger zu stellen. Das auszuübende Ermessen ergebe
keine Gesichtspunkte, unter denen zu Gunsten des Klägers von der
Aufforderung abzusehen sei. Der Widerspruch dagegen ist zurückgewiesen
worden, die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente beseitige die
Hilfebedürftigkeit des Klägers im Sinne des SGB II und sei nicht
unbillig im Sinne der Unbilligkeitsverordnung. Am 14.5.2013 stellte der
Beklagte unter Berufung auf § 5 Abs 3 Satz 1 SGB II für den Kläger bei
der Deutschen Rentenversicherung (DRV) einen Antrag auf vorzeitige
Altersrente.
Klage
und Berufung des Klägers gegen die Aufforderung zur Antragstellung sind
erfolglos geblieben; SG und LSG haben die Aufforderung durch den
Beklagten für rechtmäßig gehalten.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision begehrt der Kläger die
Aufhebung der Aufforderung zur Beantragung und Inanspruchnahme einer
vorzeitigen Altersrente. Er macht insbesondere geltend, der Beklagte
habe kein oder jedenfalls nicht hinreichend Ermessen bei der
Aufforderung zur Rentenantragstellung ausgeübt. Im Übrigen verstoße die
Aufforderung gegen seine Grundrechte aus Art 3, 14 und 12 GG.
SG Detmold
- S 28 AS 1505/13 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 7 AS 1775/14 -
3) 11.30 Uhr
- B 14 AS 5/15 R - K. ./.
Bundesagentur für Arbeit
Streitig ist die Höhe von Rechtsanwaltsgebühren für ein isoliertes
Vorverfahren. Anlass des Vorverfahrens war eine Mahnung der beklagten
BA, durch die die im Bezug ergänzender Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II stehende Klägerin unter Verhängung
einer Mahngebühr von 7,85 Euro aufgefordert worden war, innerhalb einer
Woche einen Gesamtbetrag von 1520,63 Euro zu zahlen, der durch
Erstattungs- und Darlehensbescheide des zuständigen Jobcenters
festgesetzt und fällig sei; bleibe die Zahlung aus, werde die mit
weiteren Kosten verbundene zwangsweise Einziehung veranlasst. Auf den
Widerspruch mit dem Einwand, die angeführten Bescheide seien ihr nicht
bekannt, hob die BA die Festsetzung der Mahngebühr auf.
Während der Bevollmächtigte der Klägerin im nachfolgenden
Erstattungsverfahren unter Einbeziehung ua einer Geschäftsgebühr nach
§ 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) iVm Nr 2400
Vergütungsverzeichnis -VV-
Das SG hat die BA verurteilt, der Klägerin unter Ansatz einer
Geschäftsgebühr von 120 Euro weitere 109,48 Euro zu gewähren und die
Klage abgewiesen, soweit sie auf Erstattung des weiteren Mehrbetrags
gerichtet war. Das LSG hat das Urteil des SG auf die von ihm zugelassene
Berufung der BA geändert und sie unter Zurückweisung der Berufung im
Übrigen zur Erstattung weiterer 61,88 Euro verurteilt: Zwar sei anders
als vom SG angenommen auch die Bedeutung der Angelegenheit gering, weil
nur auf die Höhe der Mahngebühr und nicht auch auf deren mittelbare
Wirkungen abgestellt werden dürfe. Jedoch habe der enge Zeitrahmen für
die Zahlung zu einem kurzfristigen Beratungsbedarf geführt und faktisch
die Monatsfrist für den Widerspruch auf wenige Tage verkürzt, weshalb
eine Geschäftsgebühr in Höhe von 80 Euro angemessen sei.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung
von § 14 Abs 1 Satz 1 RVG. Im Rahmen des Ermessens bei der
Gebührenbestimmung dürften auch mittelbare Auswirkungen der Mahngebühr
berücksichtigt werden. Weder mit dem Jobcenter noch mit der BA sei eine
verbindliche Klärung der Angelegenheit möglich gewesen. Aufgrund der
getrennten Zuständigkeiten beim Inkasso der Jobcenter sei regelmäßig
unklar, wie der Vollzug einer Forderung gestoppt werden könne. Die
Mahngebühr verdeutliche als Druckmittel, dass das Anwachsen weiterer
Kosten bei nicht rechtzeitiger Zahlung nicht verhindert werden könne.
Die BA hat
Anschlussrevision mit dem Ziel erhoben, die Klage vollständig
abzuweisen, und bekräftigt ihre Auffassung, dass Umfang und
Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Bedeutung der
Angelegenheit für die Klägerin gering gewesen seien.
SG München
- S 54 AS 11/13 -
Bayerisches LSG
- L 7 AS 833/14 -
4) 12.30 Uhr
- B 14 KG 1/15 R - J. ./.
Bundesagentur für Arbeit
beigeladen: Jobcenter Freiburg
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Kinderzuschlags nach §
6a BKGG für den Monat September 2010. Die Klägerin ist die Mutter der
1986 geborenen Y, des 1988 geborenen D und des 1995 geborenen K, für die
sie Kindergeld erhielt. Für ihre gemeinsame Wohnung war eine monatliche
Warmmiete von 555,97 Euro zu entrichten. Die Klägerin erzielte ein
Erwerbseinkommen in Höhe von 1268,66 Euro brutto. D erzielte eine
Ausbildungsvergütung in Höhe von 788 Euro brutto. Den von der Klägerin
gestellten Antrag auf Kinderzuschlag lehnte die beklagte Familienkasse
ab, weil ihr zu berücksichtigendes Einkommen die Höchsteinkommensgrenze
überschritten habe.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das SG die Beklagte verurteilt, der
Klägerin einen Kinderzuschlag in Höhe von 155 Euro zu gewähren. Die von
der Beklagten eingelegte Berufung hat das LSG zurückgewiesen. Die
Höchsteinkommensgrenze werde von der Klägerin nicht überschritten. Die
Kosten der Unterkunft und Heizung seien nicht nach der Kopfteilmethode
zu berechnen, sondern in dem Verhältnis aufzuteilen, das sich aus dem
Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von
Erwachsenen und Kindern ergebe. Dies gelte nicht nur für die Wohnkosten
der Klägerin und der zu ihrer Bedarfsgemeinschaft gehörenden Y und K,
sondern auch für den nur zum Haushalt gehörenden D.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine
Verletzung des § 6a BKGG. Die anteiligen Kosten der Unterkunft und
Heizung des D seien, weil er nicht zur Bedarfsgemeinschaft der Klägerin
gehöre, nach dem Kopfteilprinzip zu berechnen und nur innerhalb der
Bedarfsgemeinschaft erfolge die Aufteilung nach dem
Existenzminimumbericht.
SG Freiburg
- S 20 BK 366/11 -
LSG
Baden-Württemberg
- L 12 BK 3920/12 -