Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 3. Senats vom 20.4.2016 - B 3 P 4/14 R -
Medieninformation Nr. 8/16
Leistungen der Verhinderungspflege können auch während eines vorübergehenden Aufenthaltes in der Schweiz gezahlt werden
Der 14-jährige pflegebedürftige Kläger
machte mit seiner Familie Urlaub in der Schweiz. Während die Mutter des
Klägers, die ihn ansonsten pflegt, Ski fuhr, übernahm der mitreisende
Großvater stundenweise die Pflege des Klägers. Die beklagte Pflegekasse
zahlte das Pflegegeld weiter. Die beantragte Erstattung der Fahrt- und
Unterkunftskosten für den Großvater in Höhe von 279 Euro wurde aufgrund
des Auslandsaufenthalts abgelehnt.
Der für die
Pflegeversicherung zuständige 3. Senat des Bundessozialgerichts hat am
20. April 2016 ‑ anders als die Vorinstanzen ‑ entschieden, dass die
Pflegekasse die entstandenen Fahrt- und Unterkunftskosten auch im
Ausland zu erstatten hat.
Während Leistungen der
Pflegeversicherung für die Zeit eines Aufenthaltes im Ausland
grundsätzlich ruhen, sieht das Gesetz unter anderem für das Pflegegeld
eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor. Das Pflegegeld wird bei
vorübergehendem Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen
weitergewährt. Zum "Pflegegeld" im Sinne dieser Vorschrift gehört auch
das "Verhinderungspflegegeld", das bei zeitweiliger Verhinderung der
Pflegeperson für Kosten der Ersatzpflege gezahlt wird. Nach Zweck,
Funktion und Ausgestaltung der Leistungen bei Verhinderung der
Pflegeperson treten diese an die Stelle des Pflegegeldes und ersetzen
es, auch wenn seit dem 30. Oktober 2012 für längstens vier Wochen die
Hälfte des Pflegegeldes während der Verhinderungspflege fortgewährt
wird. Wird die Ersatzpflege durch nicht erwerbsmäßig pflegende
Angehörige des Pflegebedürftigen erbracht, orientiert sich die Höhe des
Verhinderungspflegegeldes am Pflegegeld in Abhängigkeit von der
jeweiligen Pflegestufe. Es wirkt daher wie ein Surrogat für das
Pflegegeld und ist als solches bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt
von bis zu sechs Wochen fortzuzahlen. Das Gleiche gilt auch für die als
Nebenleistung anzusehende Erstattung notwendiger Aufwendungen wie Fahrt-
und Unterkunftskosten, die die Verhinderungspflege im Fall der
Ersatzpflege durch nahe Angehörige erst ermöglichen soll. Da die
Leistungen der Verhinderungspflege insgesamt einen Betrag von damals
1470 Euro (heute: 1612 Euro) im Kalenderjahr für längstens vier Wochen
(heute: sechs Wochen) nicht übersteigen dürfen, die Kostenerstattung für
notwendige Aufwendungen der Ersatzpflegeperson im Ermessen der
Pflegekasse steht und die Aufwendungen im Zusammenhang mit der
Ersatzpflege stehen müssen, kann es nicht zu einer unverhältnismäßigen
Inanspruchnahme kommen.
Az.: B 3 P 4/14 R
P. ./. Techniker Krankenkasse- Pflegeversicherung
Hinweis zur Rechtslage
§ 39 SGB XI (idF des
Art 1 Nr 19 PflegeWEG vom 28.5.2008, BGBl. I S 874)
Ist eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit
oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert, übernimmt die
Pflegekasse die Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für
längstens vier Wochen je Kalenderjahr; § 34 Abs. 2 Satz 1 gilt
nicht. Voraussetzung ist, dass die Pflegeperson den
Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens
sechs Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat. Die
Aufwendungen der Pflegekassen können sich im Kalenderjahr auf
bis zu 1.470 Euro ab 1. Juli 2008, auf bis zu 1.510 Euro ab 1.
Januar 2010 und auf bis zu 1.550 Euro ab 1. Januar 2012
belaufen, wenn die Ersatzpflege durch Pflegepersonen
sichergestellt wird, die mit dem Pflegebedürftigen nicht bis zum
zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind und nicht mit ihm
in häuslicher Gemeinschaft leben. Bei einer Ersatzpflege durch
Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten
Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher
Gemeinschaft leben, dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse
regelmäßig den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 1 nicht
überschreiten, es sei denn, die Ersatzpflege wird erwerbsmäßig
ausgeübt; in diesen Fällen findet der Leistungsbetrag nach Satz
3 Anwendung. Bei Bezug der Leistung in Höhe des Pflegegeldes für
eine Ersatzpflege durch Pflegepersonen, die mit dem
Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder
verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben,
können von der Pflegekasse auf Nachweis notwendige Aufwendungen,
die der Pflegeperson im Zusammenhang mit der Ersatzpflege
entstanden sind, übernommen werden. 6Die Aufwendungen der
Pflegekasse nach den Sätzen 4 und 5 dürfen zusammen den in Satz
3 genannten Betrag nicht übersteigen.
§ 34 Abs 1
Nr 1 SGB XI (idF Art 1 Nr 12 lit a) 1. SGB XI-ÄndG vom
14.6.1996, BGBl I S 830)
(1) Der Anspruch auf
Leistungen ruht:
1. solange sich der Versicherte im Ausland
aufhält. Bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt von bis zu sechs
Wochen im Kalenderjahr ist das Pflegegeld nach § 37 oder
anteiliges Pflegegeld nach § 38 weiter zu gewähren. Für die
Pflegesachleistung gilt dies nur, soweit die Pflegekraft, die
ansonsten die Pflegesachleistung erbringt, den Pflegebedürftigen
während des Auslandsaufenthaltes begleitet.