Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 4. Senats vom 8.12.2016 - B 4 AS 59/15 R -, Urteil des 14. Senats vom 30.3.2017 - B 14 AS 13/16 R -, Urteil des 14. Senats vom 30.3.2017 - B 14 AS 55/15 R -, Urteil des 14. Senats vom 30.3.2017 - B 14 AS 18/16 R -
Kassel, den 30. März 2017
Terminbericht Nr. 14/17
(zur Terminvorschau Nr. 14/17)
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 30. März 2017.
1) Die Revisionen der Kläger sind erfolgreich
gewesen, die des beklagten Jobcenters ist zurückgewiesen worden. Das
Urteil des LSG ist geändert und das des SG bestätigt worden. Die Kläger
haben Anspruch auf das begehrte höhere Alg II für die allein
streitbefangenen Monate Mai und August 2012. Denn bei der abschließenden
Entscheidung aufgrund der damals geltenden Rechtslage nach § 40 Abs 2
Nr 1 SGB II aF iVm § 328 Abs 2, 3 SGB III ist kein
Durchschnittseinkommen zugrunde zu legen, sondern vielmehr vom
Monatsprinzip (vgl § 41 SGB II aF) auszugehen.
Als
Rechtsgrundlage für eine Berechnung nach Durchschnittseinkommen kann
entgegen der Rechtsauffassung des LSG nicht auf § 2 Abs 3 Satz 1
Alg II‑V in der damaligen Fassung abgestellt werden, denn die Vorschrift
regelt nur die vorläufige Entscheidung. Durchgreifende Gründe sie
erweiternd auch auf die abschließende Entscheidung anzuwenden, liegen
nicht vor. § 2 Abs 3 Satz 1 Alg II‑V aF gilt nach seinem Wortlaut ("zu
erwarten") nur für zukünftige Zeiten, und der Verordnungsgeber hätte
eine andere Regelung leicht treffen können, zumal er für eine bestimmte
Variante der abschließenden Entscheidung eine Regelung in § 2 Abs 3
Satz 3 Alg II‑V aF getroffen hat.
Aus dem zwischenzeitlich durch
das 9. SGB II‑ÄndG eingeführten § 41a SGB II mit seinem Abs 4 über ein
Durchschnittseinkommen bei der abschließenden Entscheidung folgt nichts
anderes, weil der Vorschrift insofern keine Rückwirkung beigemessen wird
(vgl § 80 SGB II).
SG Gotha
- S 20 AS 59/13 -
Thüringer LSG
- L 4 AS 1310/15 -
Bundessozialgericht
- B 14 AS 18/16 R -
2) Auf die Revision
des beklagten Jobcenters ist das Urteil des LSG aufgehoben, die Berufung
der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückgewiesen sowie auf die
Berufung des Beklagten dieses Urteil geändert und die Klage insgesamt
abgewiesen worden.
Die Revision des Beklagten ist zulässig,
obwohl sie erst am 17.10.2016 begründet wurde, weil dem ihm am
26.10.2015 zugestellten Urteil des LSG eine unzutreffende
Rechtsmittelbelehrung beigefügt war. Dem Beklagten kommt insofern die
Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG zugute, selbst wenn sein Verhalten nicht
verfahrensförderlich war. Entgegen der Ansicht der Klägerin war es aber
noch nicht rechtsmissbräuchlich.
In der Sache schließt sich der
Senat dem Urteil des 4. Senats vom 8.12.2016 ‑ B 4 AS 59/15 R ‑ an, nach
dem eine solche Schülerversicherung keine Versicherung im Sinne des
§ 11b Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II, § 6 Abs 1 Nr 2 Alg II‑V ist. Ein
Anspruch der Klägerin auf höheres Alg II in der strittigen Zeit scheidet
damit aus.
SG Mannheim
- S 17 AS 1304/13 -
LSG Baden-Württemberg
- L 13 AS 4522/13 -
Bundessozialgericht
- B 14 AS 55/15 R -
3) Der Termin ist
aufgehoben worden, nachdem das beklagte Jobcenter auf Anregung des
Senats ein Anerkenntnis aus verfahrensrechtlichen Gründen abgegeben
hatte und dieses von den Klägern angenommen worden war.
SG
Düsseldorf
- S 19 AS 179/11 -
LSG Nordrhein-Westfalen
- L 6 AS 415/14 -
Bundessozialgericht
- B 14 AS 11/16 R -
4) Die Revision des
beklagten Jobcenters ist zurückgewiesen worden. Die Klägerinnen haben
Anspruch auf anteilige Übernahme der im September 2011 fälligen
Nebenkosten-Nachforderung für ihre frühere, in 2010 bewohnte Wohnung.
Grundsätzlich sind nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur die
angemessenen, tatsächlichen Aufwendungen für die aktuell bewohnte
Wohnung zu übernehmen, weil nur dies der Sicherung der Unterkunft dient.
Nicht bezahlte Aufwendungen für frühere Wohnungen sind Schulden; diese
werden nur ausnahmsweise übernommen (§ 22 Abs 8 SGB II). Vorliegend ist
jedoch eine Ausnahme zu machen, weil die Klägerinnen durchgehend schon
zum Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Nachforderung bis zu
deren Geltendmachung und Fälligkeit im Leistungsbezug nach dem SGB II
standen. Würde die Nachforderung nicht übernommen, würde dies faktisch
wie eine Umzugssperre wirken, weil Alg II‑Empfänger bei unzureichenden
Nebenkostenvorauszahlungen dem Risiko, Schulden zu machen, ausgesetzt
wären. Besteht vor und nach dem Umzug ein Rechtsverhältnis zu demselben
Vermieter oder Energielieferanten, können weitere Streitigkeiten bei den
Abrechnungen in den Folgejahren auftreten, hinsichtlich deren das
Jobcenter die Leistungsberechtigten zu beraten hätte. Zudem mindert eine
Nebenkostenerstattung unabhängig von der Frage eines vorangegangenen
Umzugs nach § 22 Abs 3 SGB II die Aufwendungen für Unterkunft und
Heizung.
Auf den Grund für den Umzug kommt es entgegen der
Ansicht des Beklagten daher nicht an, zumal vorliegend eine Zusicherung
für den Umzug seitens des Beklagten vorlag. Dass die Nachforderung an M
‑ den früheren Lebensgefährten der Klägerin zu 1 ‑ adressiert war, steht
der anteiligen Übernahme nicht entgegen, da für Nachforderungen ebenso
wie für laufende Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung
grundsätzlich vom Kopfteilprinzip auszugehen ist.
SG
Neubrandenburg
- S 11 AS 2821/11-I -
LSG Mecklenburg-Vorpommern - L 10
AS 461/12 -
Bundessozialgericht
- B 14 AS 13/16 R -