Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 12. Senats vom 20.7.2017 - B 12 KR 12/15 R -, Urteil des 12. Senats vom 29.7.2015 - B 12 KR 4/14 R -, Urteil des 12. Senats vom 20.7.2017 - B 12 KR 13/15 R -, Urteil des 12. Senats vom 30.9.2015 - B 12 KR 13/13 R -, Urteil des 12. Senats vom 20.7.2017 - B 12 KR 14/15 R -
Kassel, den 17. Juli 2017
Terminvorschau Nr. 33/17
Der 12. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 20. Juli 2017 im Jacob-Grimm-Saal aufgrund mündlicher Verhandlung über drei Revisionen aus dem Beitragsrecht zu entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 12 KR 13/15 R -
U. K., W. E.-K. ./. BARMER
4 Beigeladene
Die Klägerin und der Kläger - verheiratete Eltern
ihrer beiden 1993 und 1996 geborenen Kinder - wenden sich gegen die
Berechnung ihrer Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV),
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur sozialen
Pflegeversicherung (sPV). Sie waren bei den Beigeladenen zu 3. und 4.
versicherungspflichtig beschäftigt und Mitglied der beklagten
Krankenkasse sowie bei der Beigeladenen zu 2. pflege- und bei der
Beigeladenen zu 1. rentenversichert.
Im Juli 2006 beantragten
die Kläger bei der Beklagten als Einzugsstelle unter Hinweis auf das
Urteil des BVerfG zur sPV vom 3.4.2001 - 1 BvR 1629/94 (BVerfGE 103, 242
= SozR 3-3300 § 54 Nr 2; sPV-Urteil), bei der Beitragserhebung zu den
genannten Versicherungszweigen den Unterhalt für ihre beiden Kinder und
die Erziehungs- und Betreuungsleistungen für diese mindernd zu
berücksichtigen. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21.7.2006 eine
Herabsetzung unter Hinweis darauf ab, dass der Gesetzgeber seinen
Pflichten aus dem sPV-Urteil mit Schaffung des
Kinder-Berücksichtigungsgesetzes (KiBG) vom 15.12.2004 (BGBl I 3448)
umfassend nachgekommen sei und die Versicherungsträger an diese
gesetzlichen Vorgaben gebunden seien. Den verspätet erhobenen
Widerspruch sah die Beklagte als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X an.
Die Beklagte lehnte die Rücknahme ihres Bescheides vom 21.7.2006 mit
Bescheid und Widerspruchsbescheid ab.
Das SG hat die hiergegen
gerichtete Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren haben die Kläger ihre
Anträge präzisiert und unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und
der entgegenstehenden Bescheide die Verpflichtung der Beklagten zur
Rücknahme ihres Bescheides vom 21.7.2006 insoweit begehrt, als darin
Sozialversicherungsbeiträge nach einer "die Höhe von 50 vH der
gegenwärtigen Bemessung" übersteigenden Summe erhoben wurden. Hilfsweise
haben sie die Verpflichtung zur Rücknahme insoweit erstrebt, als die
Beitragsbemessung ohne vorherigen Abzug eines Betrages von 833 Euro je
Kind und Monat erfolgt ist, bzw (weiter) hilfsweise insoweit, als ein
Betrag in Höhe des steuerlichen Existenzminimums von der
Beitragsbemessungsgrundlage nicht abgezogen wurde. Das LSG hat die
Berufung zurückgewiesen: Die Beitragsbemessung bei den Klägern
entspreche den gesetzlichen Regelungen. Diese Regelungen verstießen
nicht gegen Art 6 Abs 1 iVm Art 3 GG, weil der Gesetzgeber einen weiten
sozialpolitischen Gestaltungsspielraum habe. Als Konkretisierung und
Ausformung des verfassungsrechtlichen Schutzauftrages nach Art 6 Abs 1
GG sei dabei auch der Familienlastenausgleich zu berücksichtigen, selbst
wenn sich die additive Höhe der hierdurch bewirkten Entlastung von
Familien nicht konkret beziffern lasse. Der Gesetzgeber habe das
Verfassungsrecht bei der Ausgestaltung der Teilsysteme der
Sozialversicherung beachtet, weil er den Familienlastenausgleich durch
zahlreiche Vorschriften ausgebaut (zB Kindererziehungszeiten in der GRV;
kostenfreie Familienversicherung in der GKV) und die Entscheidung des
BVerfG für die sPV mit dem KiBG beanstandungsfrei umgesetzt habe. Das
BVerfG selbst habe die Erwägungen des sPV-Urteils in der Folgezeit nicht
auf andere Sozialversicherungszweige übertragen sondern sei davon sogar
abgerückt. Auch das BSG habe aus dem Urteil keinen
verfassungsrechtlichen Änderungsbedarf für andere
Sozialversicherungszweige hergeleitet (BSG SozR 4-2600 § 157 Nr 1 -
keine Freistellung von Versicherungspflicht oder Befreiung in der GRV
von der Beitragstragung wegen Kindererziehung). Einer Beweiserhebung
habe es bei alledem - etwa unter dem Gesichtspunkt der
Amtsermittlungspflicht - nicht bedurft.
Mit ihrer Revision rügen
die Kläger im Wesentlichen, das LSG habe verkannt, dass Regelungen der
GRV und der GKV gegen Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG verstießen, soweit
versicherte Eltern mit gleich hohen Beiträgen wie Kinderlose belastet
würden; ähnliches gelte für die sPV.
SG Freiburg
- S 11 KR 1524/08 -
LSG Baden-Württemberg
- L 4 KR 4537/10 -
2) 10.00 Uhr
- B 12 KR 14/15 R - A. S., S. S. ./. SECURVITA BKK
4 Beigeladene
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beiträge
zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), zur gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) und zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) bei
Eltern im Hinblick auf den Betreuungs- und Erziehungsaufwand für Kinder
zu reduzieren sind.
Die Kläger sind verheiratete Eltern ihrer
1990, 1993 und 1996 geborenen Kinder. Die Klägerin ist als
Krankenschwester teilzeitbeschäftigt, der Kläger ist als
Gemeindereferent beschäftigt. Sie unterlagen der Versicherungspflicht in
allen Zweigen der Sozialversicherung. Der Kläger ist seit 2011 in der
GKV versicherungsfrei. Im Januar 2004 beantragten sie bei der beklagten
Krankenkasse, auf die Erhebung von Beiträgen zur GRV zu verzichten,
hilfsweise einen Beitragsnachlass zur gewähren. Nach Ablehnung durch
Bescheide der Beklagten vom 3.2.2004 erweiterten die Kläger im Rahmen
des zunächst ruhenden Widerspruchsverfahrens Anfang 2006 ihr Begehren
eines Beitragsnachlasses auf alle Zweige der Sozialversicherung.
Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben. Im Berufungsverfahren
beantragten die Kläger, Beiträge zur Sozialversicherung nur nach der
Hälfte der bisherigen Bemessung zu erheben, hilfsweise bei der
Beitragsbemessung einen Betrag von 833 Euro je Kind und Monat
beziehungsweise einen Betrag in Höhe des steuerlichen Existenzminimums
abzuziehen. Das LSG hat die Berufung der Kläger durch Urteil vom
27.1.2012 zurückgewiesen.
Zur Begründung ihrer Revision
verweisen die Kläger im Wesentlichen auf das Urteil des BVerfG zur sPV
vom 3.4.2001 (1 BvR 1629/94 - sPV-Urteil). Darin habe das BVerfG dem
Gesetzgeber ausdrücklich einen Prüfauftrag hinsichtlich der
Berücksichtigung des Aufwands für die Betreuung und Erziehung von
Kindern auch in den anderen Zweigen der Sozialversicherung erteilt, dem
er nicht hinreichend nachgekommen sei. Zur Kompensation des
Erziehungsaufwands dürfe nicht lediglich auf bestehende
Familienleistungen und Maßnahmen zum Familienlastenausgleich im
Leistungsrecht der Sozialversicherung verwiesen werden. Die im Jahr 2005
eingeführte Belastung Kinderloser mit einem Beitragszuschlag von 0,25
Beitragssatzpunkten in der sPV durch das Kinder-Berücksichtigungsgesetz
vom 15.12.2004 (BGBl I 3448) sei unzureichend. Die während des zum Ruhen
gebrachten Verfahrens zwischenzeitlich zu der Thematik ergangenen
Urteile des BSG vom 30.9.2015 (B 12 KR 15/14 R und B 12 KR 13/13 R)
trügen den vom BVerfG im sPV-Urteil aufgestellten verfassungsrechtlichen
Maßstäben nicht hinreichend Rechnung.
Die Beteiligten wurden
darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Antragstellung der Kläger und
die hierauf ergangenen Bescheide der Beklagten nur die GRV betrafen.
SG Freiburg
- S 5 KR 5878/06 -
LSG Baden-Württemberg
- L 4 KR 3984/10 -
3) 14.00 Uhr
- B 12 KR 12/15 R - W. C. ./. Techniker Krankenkasse
Im Streit steht die Berücksichtigung eines "betrieblichen Ruhegeldes"
bei der Bemessung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV).
Der 1943 geborene Kläger war bis Ende Juni 1998 bei der
A GmbH und danach bis Januar 2008 an einem Berufskolleg beschäftigt.
Sein Arbeitsverhältnis mit der A GmbH endete durch Aufhebungsvertrag.
Darin wurden dem damals 54jährigen Kläger eine einmalige Abfindung von
184 300 DM für den Verlust des Arbeitsplatzes und ab "Erreichen des 55.
Lebensjahres die Betriebsrente von 1327,55 DM monatlich" zugesagt.
Tatsächlich wurde ihm ab Dezember 1998 ein "betriebliches Ruhegeld" nach
der Versorgungsordnung der A GmbH bewilligt und ausgezahlt. Beiträge zur
GKV wurden hieraus nicht abgeführt, weil die A GmbH ihn für privat
versichert hielt, obwohl er bei der beklagten Krankenkasse in der GKV
pflichtversichert war. Seit Februar 2008 bezieht der Kläger eine
Altersrente. Im Zusammenhang hiermit gab er gegenüber der Beklagten auch
die Einkünfte aus dem "betrieblichen Ruhegeld" an, die seither -
insoweit unstreitig - bei der Bemessung der GKV-Beiträge berücksichtigt
werden. Für die Vergangenheit forderte die Beklagte vom Kläger
GKV-Beiträge in Höhe von (noch) 3504,45 Euro. Klage und Berufung blieben
insoweit ohne Erfolg.
Mit seiner Revision rügt der Kläger, dass
es sich bei dem betrieblichen Ruhegeld vor Beginn der Altersrente nicht
um eine beitragspflichtige Leistung der betrieblichen Altersversorgung
iS des § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V gehandelt habe. Vielmehr habe die
Leistung nach den Grundsätzen des BSG-Urteils vom 29.7.2015 (B 12 KR
4/14 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 19) den Charakter eines
Überbrückungsgeldes oder Übergangsbezuges, denn es sei nicht ergänzend
zur gesetzlichen Rente geleistet worden und habe ab Vollendung des 55.
Lebensjahres, also ab einem Zeitpunkt erbracht werden können, zu dem
nicht mit einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu rechnen gewesen sei.
SG Duisburg
- S 31 KR 43/11 -
LSG Nordrhein-Westfalen
- L 1 KR 199/12 -