Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 4. Senats vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R -, Urteil des 4. Senats vom 17.3.2016 - B 4 AS 39/15 R -, Urteil des 14. Senats vom 5.7.2017 - B 14 AS 27/16 R -, Urteil des 14. Senats vom 14.3.2012 - B 14 AS 18/11 R -, Urteil des 14. Senats vom 5.7.2017 - B 14 AS 36/16 R -, Urteil des 14. Senats vom 5.7.2017 - B 14 AS 29/16 R -
Kassel, den 30. Juni 2017
Terminvorschau Nr. 29/17
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 5. Juli 2017 im Elisabeth-Selbert-Saal in drei Verfahren in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende mündlich zu verhandeln.
1) 10.00 Uhr - B 14 AS 29/16 R -
L.M. ./. Jobcenter Kreis Nordfriesland
Umstritten ist die
Übernahme von Schülerbeförderungskosten für den Besuch einer
Waldorfschule im Jahr 2011.
Die 2002 geborene Klägerin bezog
2011 mit ihrer Mutter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II und besuchte in diesem Jahr die dritte bzw vierte Klasse der
als Ersatzschule genehmigten privaten Waldorfschule Flensburg, wozu sie
von ihrem Wohnort in Husum aus anders als beim Besuch der 0,7 und
1,8 Kilometer entfernten wohnortnächsten öffentlichen Grundschulen auf
Schülerbeförderung angewiesen war.
Den im Mai 2011 gestellten
Antrag der Klägerin auf Übernahme der Schülerbeförderungskosten von
monatlich 78,80 Euro rückwirkend seit dem 1.1.2011 lehnte das beklagte
Jobcenter ab. Die Waldorfschule sei nicht die nächstgelegene Schule des
gewählten Bildungsgangs. Der Abschluss dort sei mit dem der öffentlichen
Schulen vergleichbar und auch an einer herkömmlichen Schule in Husum zu
erlangen.
Die Klage hiergegen hat das SG abgewiesen (Urteil
vom 22.8.2013), die Berufung hat das LSG zurückgewiesen (Urteil
vom 22.1.2016). Die Klägerin habe keinen Anspruch auf
Kostenübernahme. Bei der besuchten Primarstufe der Waldorfschule in
Flensburg handele es sich nicht um einen eigenständigen Bildungsgang iS
des § 28 Abs 4 SGB II. Dieser Begriff sei landesrechtlich zu verstehen.
Die hier besuchte Primarstufe führe wie bei öffentlichen Grundschulen zu
weiterführenden Klassen. Dafür sei eine besondere pädagogische Prägung
der Waldorfschule unerheblich.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen
Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 28 Abs 4 SGB II. Im
Sinne dieser Vorschrift besuche sie die nächstgelegene Schule des
gewählten Bildungsgangs. Entscheidend sei nach bundeseinheitlicher
Bewertung, ob die besuchte Schule ein eigenständiges Profil mit
besonderer inhaltlicher Ausrichtung innerhalb der gewählten Schulart
aufweise (Hinweis auf BSG vom 17.3.2016 ‑ B 4 AS 39/15 R -
Sportgymnasium). So liege es mit dem besonderen
pädagogischen Konzept bei Waldorfschulen.
SG Schleswig
- S 9 AS 1049/11 -
Schleswig-Holsteinisches LSG - L
3 AS 160/13 -
2) 11.00 Uhr - B 14 AS
36/16 R - M.K. ./. Jobcenter
Vorpommern-Greifswald Süd
Im Streit ist die Statthaftigkeit
eines Widerspruchs gegen die eine vorläufige Entscheidung ersetzende
abschließende Entscheidung.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger
unter Verweis auf den insoweit noch offenen Heizkostenabschlag für
Januar 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II zunächst vorläufig (Bescheid vom 25.9.2013). Während des
ua hiergegen gerichteten Widerspruchsverfahrens entschied er
abschließend über den Leistungsanspruch für Januar 2014 und gewährte
höhere Leistungen als vorläufig zuerkannt (zuletzt Änderungsbescheid
vom 12.12.2013). In dem das Widerspruchsverfahren beendenden
Bescheid stellte er ua fest, dass sich der Widerspruch gegen die
vorläufige Entscheidung für Januar 2014 erledigt habe
(Widerspruchsbescheid vom 18.12.2013). Das Klageverfahren gegen
diesen auch andere Zeiträume betreffenden Widerspruchsbescheid ist noch
anhängig.
Gegen die letzte abschließende Bewilligung von
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch den Bescheid vom
12.12.2013 hat sich der Kläger mit Widerspruch vom 23.1.2014 gewandt,
den der Beklagte als verfristet verworfen hat (Widerspruchsbescheid
vom 26.3.2014). Der Widerspruch sei statthaft, wahre aber die
Monatsfrist des § 84 SGG nicht.
Die Klage hiergegen hat das SG
unter Zulassung der Berufung abgewiesen (Urteil vom 13.9.2016).
Die Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig sei im Ergebnis zu Recht
erfolgt, weil die endgültige Entscheidung über die Leistungen für Januar
2014 nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ua gegen die
vorläufige Bewilligung geworden und darüber durch den hierauf ergangenen
Widerspruchsbescheid vom 18.12.2013 befunden worden sei.
Mit
seiner vom SG auf seinen Antrag und mit Zustimmung des Beklagten
zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung von § 86
SGG. Der Bescheid über die abschließende Entscheidung sei nicht
Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen die vorläufige Entscheidung
geworden. Der abschließende Leistungsbescheid sei ein neuer, ersetzender
Verwaltungsakt und ändere den vorläufigen Leistungsbescheid nicht nur iS
des § 86 SGG ab. Anders als § 96 SGG erfasse § 86 SGG nur die
Einbeziehung ändernder Bescheide. Der danach statthafte Widerspruch sei
auch nicht verfristet gewesen.
SG Neubrandenburg
- S 12 AS 568/14 -
3) 12.00 Uhr ‑ B 14
AS 27/16 R ‑ W.S., A.S., D.S. ./.
Jobcenter Straubing-Bogen
Umstritten ist die Höhe der von den
Klägern im Februar 2014 zu beanspruchenden Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts insbesondere im Hinblick auf die Minderung von
Übergangsgeld für eine stufenweise Wiedereingliederung um den
Erwerbstätigenfreibetrag.
Der mit seiner Ehefrau und dem
gemeinsamen Sohn ‑ den Klägern zu 2) und 3) ‑ in Bedarfsgemeinschaft
lebende, in einem Beschäftigungsverhältnis stehende und an einer
Niereninsuffizienz mit Peritonealdialyse leidende Kläger zu 1) war nach
einer am 6.2.2014 abgeschlossenen stationären medizinischen
Rehabilitationsmaßnahme im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung
in seinem Betrieb tätig, für die er von seinem Arbeitgeber keine
Zahlungen erhielt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte ihm
für die Dauer der stationären Rehabilitation und der Wiedereingliederung
Übergangsgeld (Übg) in Höhe von jeweils 35,92 Euro kalendertäglich,
worauf am 12.2.2014 ein Betrag von 538,80 Euro überwiesen wurde. Hiervon
setzte das beklagte Jobcenter bei der Leistungsbewilligung für Februar
2014 die Versicherungspauschale, einen Betrag für die
Kfz-Haftpflichtversicherung und Fahrkosten, nicht aber den
Erwerbstätigenfreibetrag und die Werbungskostenpauschale ab (zuletzt
Bescheid vom 7.4.2014).
Die Klage hiergegen hat das SG
abgewiesen (Urteil vom 15.6.2015), die vom SG zugelassene
Berufung hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 21.12.2015).
Übg für die Dauer einer stufenweisen Wiedereingliederung sei wie
Krankengeld kein Erwerbseinkommen, sondern eine Entgeltersatzleistung,
von der kein Erwerbstätigenfreibetrag abzusetzen sei. Während der
stufenweisen Wiedereingliederung habe der Kläger zu 1) keine echte
Arbeitsleistung erbracht, sondern mit dem Arbeitgeber ein
Rechtsverhältnis eigener Art unterhalten.
Mit ihren vom Senat
zugelassenen Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung von § 11b Abs 3
SGB II. Das während der stufenweisen Wiedereingliederung gezahlte Übg
trete wie Insolvenzgeld (Insg) in rechtlicher und wirtschaftlicher
Hinsicht an die Stelle des Arbeitsentgeltanspruchs (Hinweis auf BSG
vom 13.5.2009 ‑ B 4 AS 29/08 R - zum Insg) und stelle deshalb
Erwerbseinkommen iS von § 11b Abs 3 SGB II dar, von dem der
Erwerbstätigenfreibetrag abzusetzen sei. Zu beachten sei auch dessen
Anreizfunktion (Hinweis auf BSG vom 14.3.2012 ‑ B 14 AS 18/11 R -
zum Kurzarbeitergeld).
SG Landshut
- S 7 AS 326/14 -
Bayerisches LSG
- L 7 AS 542/15 -