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| Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. |
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| Die Urteile der Vorinstanzen und die angefochtenen Bescheide der beklagten Krankenkasse sind rechtswidrig und aufzuheben. Der Kläger hat Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten ärztlich verordneten Reha-Sport in Gruppen auch auf seinen Antrag von November 2006 hin für die Zeit ab 13.11.2009. |
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| Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) - wie der Kläger - haben gemäß § 11 Abs 2 Satz 1 SGB V "Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehahabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung … abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern." Diese Leistungen werden unter Beachtung des SGB IX erbracht, soweit im SGB V nichts anderes bestimmt ist (§ 11 Abs 2 Satz 3 SGB V; vgl BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 18 mwN). § 43 Abs 1 Nr 1 SGB V regelt, dass die Krankenkasse neben den Leistungen, die nach § 44 Abs 1 Nr 2 bis 6 SGB IX sowie nach §§ 53 und 54 SGB IX als ergänzende Leistungen zu erbringen sind, weitere Leistungen zur Reha ganz oder teilweise erbringen oder fördern kann, wenn sie zuletzt Krankenbehandlung gewährt hat oder leistet. § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX sieht als ergänzende Leistung ua zur medizinischen Reha, welche die in § 6 Abs 1 Nr 1 bis 5 SGB IX genannten Reha-Träger (ua die Beklagte, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB IX) zu erbringen haben, "ärztlich verordneten Rehabilitationssport in Gruppen unter ärztlicher Betreuung und Überwachung" vor. |
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| Aus dem Wortlaut des § 43 Abs 1 SGB V ("zu erbringen ... sind") folgt, dass ein Rechtsanspruch auf die ergänzende Leistung "Reha-Sport in Gruppen" besteht, wenn die in der Regelung genannten Voraussetzungen vorliegen. Die Verweisung des § 43 Abs 1 SGB V auf die darin angesprochenen Regelungen des SGB IX über die Erbringung ergänzender Leistungen zur Reha bewirkt, dass diese Regelungen im Bereich der GKV Anwendung finden, weil das SGB V für den in § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX geregelten Reha-Sport nichts Abweichendes iS von § 11 Abs 2 Satz 3 SGB V und § 7 SGB IX bestimmt (vgl bereits BSG SozR 4-2500 § 43 Nr 1 RdNr 20 mwN in Bezug auf die parallele Situation beim Funktionstraining). |
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| Wie der Senat bereits für das "Funktionstraining" am 17.6.2008 entschieden hat, ist die Rahmenvereinbarung 2003 grundsätzlich nicht geeignet, eigenständig und gegen die gesetzlichen Vorgaben einen höchstzulässigen Leistungsumfang für reha-bedürftige Leistungsberechtigte in Bezug auf ergänzende Leistungen zu begründen (BSG SozR 4-2500 § 43 Nr 1 RdNr 31 ff). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Auch im vorliegenden Fall ist die Rahmenvereinbarung noch in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung anzuwenden, da sich die zum 1.1.2007 geänderte Neufassung nur auf ärztliche Verordnungen vom 1.1.2007 an bezieht (Nr 20.3 Rahmenvereinbarung 2007). Diese Rechtslage gilt entsprechend für die ergänzende Leistung "Reha-Sport in Gruppen". Dem folgt inzwischen auch die Beklagte. Auf die von der Beklagten ursprünglich hervorgehobenen, vermeintlich leistungsausschließenden Umstände kommt es damit nicht an. |
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| Wie der Senat in seinem oa Urteil (aaO RdNr 18 ff) im Einzelnen dargelegt hat, geben die maßgeblichen gesetzlichen Rechtsgrundlagen für eine Höchstdauer der Gewährung von ergänzenden Leistungen nach § 43 Abs 1 Nr 1 SGB V iVm § 44 Abs 1 Nr 2 bis 6 SGB IX für Versicherte der GKV nichts her. Eine Einschränkung der Anspruchsdauer kann sich vielmehr allein dadurch ergeben, dass die Leistungen jeweils individuell im Einzelfall geeignet, notwendig und wirtschaftlich sein müssen (vgl § 11 Abs 2 Satz 1 SGB V, § 43 Abs 1 SGB V iVm § 44 Abs 1 Nr 3 SGB IX, § 12 Abs 1 SGB V). Dementsprechend hatte der Senat in seinem oa Urteil die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen, um noch feststellen zu lassen, ob die begehrten (ärztlich zu verordnenden) Leistungen im dortigen Fall akzessorisch zu einer zuvor oder gleichzeitig zu gewährenden Hauptleistung (Maßnahme der Krankenbehandlung einschließlich medizinischer Reha) waren - solche Leistungen ergänzten -, und ob sie "notwendig" iS der genannten Regelungen des SGB V und SGB IX waren. Derartiges ist vorliegend indessen auf der Grundlage der für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG zu bejahen. |
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| Im Fall des Klägers hat das LSG festgestellt, dass die ihm ärztlich verordneten ergänzenden Leistungen die ihm ebenfalls gewährte Krankengymnastik - ein Heilmittel - ergänzten. Es ist ferner gestützt auf die Beurteilung von MDK-Ärztinnen davon ausgegangen, dass der Reha-Sport bei dem querschnittsgelähmten und daher in besonderer Weise gesundheitlich beeinträchtigten Kläger medizinisch notwendig ist, weil die in der Rahmenvereinbarung aufgelisteten Vorgaben erfüllt sind. Soweit das LSG allerdings angenommen hat, auch der hier begehrte Reha-Sport bezwecke bloße "Hilfe zur Selbsthilfe" und sei nicht auf Dauer angelegt, kann ihm nicht gefolgt werden. Das lässt bezogen auf die hier betroffene GKV § 2a SGB V außer Betracht, wonach den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist. Die Auffassung misst ferner dem besonderen Anliegen, behinderten Menschen zur Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe besondere Rechte zu gewähren (§ 10 SGB I, § 1 SGB IX) und dem auch ihnen im Rahmen der Rechtsvorschriften eingeräumten Wunsch- und Wahlrecht (§ 33 SGB I) zu geringe Bedeutung bei. |
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| Zu Unrecht stützt sich das LSG zum Beleg für seine Auffassung auf das BSG-Urteil vom 17.6.2008 zum Funktionstraining (vgl BSG SozR 4-2500 § 43 Nr 1 RdNr 36). Während beim "Funktionstraining in Gruppen unter fachkundiger Anleitung und Überwachung" in Betracht kommt, dass der Betroffene nach Erlernen von Übungen in der Gruppe (zB Wassergymnastik) nach bestimmter Zeit der fachkundigen Anleitung und Überwachung in der Lage ist, derartige Übungen auch eigenständig durchzuführen und einer gruppenweise durchgeführten Maßnahme nicht mehr bedarf, gilt das nicht in gleicher Weise für den Reha-Sport in Gruppen. |
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| Die Sachlage bei der vom Gesetz von vornherein nicht nur als "Reha-Sport", sondern ausdrücklich als Reha-Sport "in Gruppen unter ärztlicher Betreuung und Überwachung" bezeichneten ergänzenden Leistung unterscheidet sich von derjenigen des Funktionstrainings in wesentlicher Hinsicht und kann folglich auch unterschiedlich geartete Ansprüche auslösen und in Bezug auf die "Notwendigkeit" anders beurteilt werden. Das Gesetz misst bereits durch die Leistungskennzeichnung der Betätigung behinderter Menschen gerade in einer rehabilitationsorientierten Sportgruppe einen besonderen Stellenwert im Zusammenhang mit ihren Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit bei, der über denjenigen des gesundheitlichen Nutzens allgemeinen Sporttreibens und sinnvoller regelmäßiger körperteilbezogener gymnastischer Übungen hinausgeht. Die Hervorhebung des Sports "in Gruppen" beruht hier offensichtlich auf der Erkenntnis, dass für behinderte Menschen - zumal für Menschen, die wie der Kläger in jungen Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen sind - häufig nur eine begrenzte Zahl von Sportarten in Betracht kommen wird (vgl hierzu allgemein die in Nr 5 bis 5.3 Rahmenvereinbarung 2003 hervorgehobenen Reha-Sportarten). Insoweit wirkt gerade das Gemeinschaftserlebnis, mit anderen vergleichbar Betroffenen Sportliches leisten zu können, in besonderer Weise rehabilitativ. Selbst die Rahmenvereinbarung 2003 enthält teilweise bereichsspezifische Regelungen für "Reha-Sport" einerseits (Nr 2 bis 2.5, 4, 4.2, 4.4.2, 4.4.3, 4.6, 5 bis 5.3, 8 bis 8.8, 10 bis 10.3, 12 bis 12.2, 13 bis 13.3) und "Funktionstraining" andererseits (Nr 3 bis 3.4, 4.4.4, 6, 9 bis 9.8, 11 bis 11.4, 14 bis 14.4). Entsprechend wäre im Falle des Klägers auch gar nicht einmal erkennbar, auf welche von ihm nur als Einzelperson zu betreibende und dem Reha-Sport in einer Gruppe gleichwertige sportliche Alternative - zumal "unter ärztlicher Betreuung und Überwachung" - er zumutbar verwiesen werden könnte, insbesondere dann, wenn sein Revisionsvorbringen zutreffen sollte, dass es bislang wesentlich auch um die Teilnahme am Rollstuhlbasketballsport ging. |
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| Nach der dargestellten Zielrichtung des Reha-Sports in Gruppen ist die Notwendigkeit demnach auch unabhängig davon zu beurteilen, über welche individuellen Vorkenntnisse der jeweilige Leistungsberechtigte bereits verfügt. Nach Sinn und Zweck der ergänzenden Maßnahme, Betroffenen im Rahmen ihrer medizinisch notwendigen Reha und Krankenbehandlung auch sportliche Gruppenaktivitäten auf Kosten der GKV zu ermöglichen, kommt es damit nicht darauf an, dass der Kläger die formelle Befähigung zum Fachübungsleiter für Reha-Sport besitzt. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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