Verknüpftes Dokument, siehe auch: Vorlagebeschluss des 10. Senats vom 15.12.2011 - B 10 EG 15/10 R -, Urteil des 10. Senats vom 10.7.2014 - B 10 EG 1/13 R -, Urteil des 10. Senats vom 10.7.2014 - B 10 SF 1/14 R -, Urteil des 10. Senats vom 10.7.2014 - B 10 ÜG 8/13 R -, Urteil des 10. Senats vom 10.7.2014 - B 10 EG 5/14 R -
Kassel, den 4. Juli 2014
Terminvorschau Nr. 30/14
Der 10. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 10. Juli 2014 im Elisabeth-Selbert-Saal auf Grund mündlicher Verhandlung über zwei Revisionen aus dem Bereich des Elterngeldrechts sowie eine Revision aus dem Bereich "überlange Verfahrensdauer" sowie einen an die Sozialgerichtsbarkeit verwiesenen Erstattungsstreit zwischen Träger der Sozialhilfe und Träger der Kinder- und Jugendhilfe zu entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 10 EG 5/14 R -
S. ./. Landeskreditbank Baden-Württemberg Förderbank
Die
Klägerin ist US-amerikanische Staatsangehörige. Sie lebte von 2001-2011
mit ihrem Ehemann, einem Mitglied der in Deutschland stationierten
Truppe der NATO-Streitkräfte, in Deutschland. Der Ehemann der Klägerin
unterlag während der Zeit in der Bundesrepublik dem NATO-Truppenstatut.
Als Angehörige war die Klägerin wie ihr Ehemann deshalb von den
deutschen ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen befreit.
Die Klägerin war in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Geburt ihrer
zweiten Tochter im Jahr 2009 sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Den Antrag der Klägerin auf Elterngeld für ihre 2009 geborene
Tochter lehnte die Beklagte ab, weil der Klägerin dafür der nach § 1
Abs 7 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) erforderliche
Aufenthaltstitel fehle. Das Sozialgericht hat diese Entscheidung
bestätigt. Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die
Beklagte verurteilt, der Klägerin in analoger Anwendung von § 1 Abs 7
BEEG Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihrer Tochter zu
gewähren. Die Klägerin habe durch ihre Tätigkeit außerhalb des
NATO-Bereichs rechtliche Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung
begründet. Sie habe während ihres Aufenthalts in Deutschland zudem über
eine Rechtsposition verfügt, die teilweise sogar über diejenige solcher
Ausländer hinausgehe, denen § 1 Abs 7 BEEG den Bezug von Elterngeld
ermögliche. So sei sie vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels und einer
Arbeitsgenehmigung gänzlich befreit gewesen.
Mit ihrer Revision
begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen
Urteils. Wie die Gesetzgebungsmaterialien zeigten, habe der Gesetzgeber
den Elterngeldanspruch auf solche Ausländer beschränken wollen, die sich
voraussichtlich auf Dauer in Deutschland aufhielten. Das sei bei
NATO-Truppenmitgliedern und ihren Angehörigen nicht der Fall. Auch die
Klägerin sei schließlich mit ihrem Ehemann in die USA zurückgekehrt.
SG Mannheim
- S 6 EG 195/10 -
LSG Baden-Württemberg
- L 11 EG 4648/12 -
2) 10.45 Uhr -
B 10 SF 1/14 R -
Landschaftsverband Rheinland ./. Stadt Kerpen
1 Beigeladener
Der klagende Landschaftsverband begehrt als
überörtlicher Träger der Sozialhilfe die Erstattung von Kosten, die er
für eine von ihm bewilligte stationäre Unterbringung des 1986 geborenen
S. (Beigeladener) vom 8.3.2007 bis zum 31.5.2010 in Höhe von
203.400,33 Euro aufbringen musste. Der Beigeladene hat 2003 einen
Hauptschulabschluss erreicht, eine Schreinerlehre aber abgebrochen. Bei
ihm liegen eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, eine
Aufmerksamkeitsstörung sowie eine leichtgradige intellektuelle
Minderbegabung vor. Seine Ärzte empfahlen eine stationäre Unterbringung
in einer "sozio-therapeutischen Übergangseinrichtung". Diese fand von
Mai bis Oktober 2006 im Heim "Sch.", danach im Heim "H." statt. S.
beantragte bei der für die Kinder- und Jugendhilfe (8. Buch SGB)
zuständigen beklagten Stadt "Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung zu
einer eigenverantwortlichen Lebensführung" für junge Volljährige, was
die Beklagte bestandskräftig ablehnte, weil bei S. eine erhebliche
Drogen- und Alkoholabhängigkeit vorliege. Auf Antrag des S. vom April
2006 übernahm der klagende Landschaftsverband die Kosten für die
stationäre Unterbringung des S. und machte bei der beklagten Stadt einen
Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X geltend. Das
Verwaltungsgericht hat den Rechtsstreit an das Sozialgericht verwiesen;
dieses hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Aufwendungen für die
Zeit vom 10.5.2006 bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des S. am
7.3.2007 zu erstatten und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das LSG hat
die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Eine materiell-rechtliche
Leistungsverpflichtung der Beklagten nach § 41 Abs 1 S 1 SGB VIII habe
nicht bestanden, weil es sich schon bei Aufnahme des S. in das Wohnheim
"Sch." um einen zukunftsoffen angelegten Langzeitaufenthalt gehandelt
habe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger
sein Begehren weiter und rügt eine Verletzung von § 41 Abs 1 S 2
SGB VIII. Es bestehe ein Anspruch auf Erstattung seiner Kosten aus § 104
SGB X.
SG Köln
- S 21 SO 19/07 -
LSG Nordrhein-Westfalen
- L 20 SO 608/10 -
3) 11.30 Uhr - B
10 EG 1/13 R - Z. ./. Land
Rheinland-Pfalz
Die Klägerin begehrt Elterngeld für ihre am
10.11.2008 geborene Tochter. Die Klägerin ist serbische Staatsangehörige
und hält sich seit 1992 in Deutschland auf. 2008 wurde ihr eine
Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs 1 S 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
erteilt; danach soll einem geduldeten Ausländer abweichend von
§ 5 Abs 1 Nr 1 und Abs 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt
werden, wenn er sich am 1.7.2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls
er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in
häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren
ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis
aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er 1. über
ausreichenden Wohnraum verfügt, 2. über hinreichende mündliche
Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen
Referenzrahmens für Sprachen verfügt, 3. bei Kindern im schulpflichtigen
Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist, 4. die Ausländerbehörde
nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht
oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich
hinausgezögert oder behindert hat, 5. keine Bezüge zu extremistischen
oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt
und 6. nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen
Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu
50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem
AufenthG oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen
werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Die
Aufenthaltserlaubnis der Klägerin wurde unter dem 1.1.2010 als
Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs 1 S 1 AufenthG verlängert; nach § 23
Abs 1 S 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen
oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der
Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten
Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine
Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Der Antrag der Klägerin auf
Elterngeld war bei dem beklagten Land wie auch in den Vor-instanzen ohne
Erfolg, weil gemäß § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst d BEEG die Aufenthaltserlaubnis
nach § 104a Abs 1 S 1 AufenthG nicht zum Bezug von Elterngeld
berechtige. Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 15.12.2011 - B
10 EG 15/10 R - ausgesetzt und dem BVerfG die Frage zur Entscheidung
vorgelegt, ob § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst d BEEG idF vom 19.8.2007 insoweit
mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar ist, als danach Ausländer, denen eine
Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG erteilt ist, keinen Anspruch
auf Elterngeld haben. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 4.12.2012 - 1 BvL
4/12 - die Vorlage für unzulässig erklärt. Der Senat habe sich nicht zur
tatsächlichen Aufenthaltsperspektive der von § 104a AufenthG Betroffenen
geäußert und mit der maßgeblichen einfachrechtlichen Ausgangslage
auseinandergesetzt.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin
weiterhin geltend, § 1 Abs 7 Nr 2 Buchst d BEEG verstoße gegen Art 3
Abs 1 GG.
SG Koblenz
- S 10 EG 3/09 -
LSG Rheinland-Pfalz
- L 5 EG 3/10 -
4) 12.15 Uhr - B 10
ÜG 8/13 R - 1. H.D., 2. H.-U.D., 3.
S.B. ./. Freie Hansestadt Bremen
Die drei Kläger erhoben im Mai
2009 gemeinsam drei Untätigkeitsklagen gegen das Jobcenter Bremen,
gerichtet auf den Erlass von Widerspruchsbescheiden in
Grundsicherungsangelegenheiten. Das Jobcenter erließ die
Widerspruchsbescheide wenige Tage später und erklärte die Übernahme der
außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach. Die Kläger nahmen das
Kostenanerkenntnis an und erklärten die Hauptsache im Juni 2009 für
erledigt. Auf den Antrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom
Februar 2010 setzte der Kostenbeamte des Sozialgerichts die Kosten am
10.5.2010 fest. Der Prozessbevollmächtigte legte dagegen am 12.5.2010
Erinnerung ein. Die Kläger erhoben im Dezember 2011 eine
Verzögerungsrüge. Im Februar 2012 hat das SG die Erinnerung
zurückgewiesen. Mit ihrer im Oktober 2012 beim Landessozialgericht
erhobenen Klage verlangen die Kläger von der Freien Hansestadt Bremen
(Beklagte) wegen überlanger Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens
Entschädigung nach § 198 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in Höhe von
15.300 Euro (= 17 Verzögerungs-monate x 3 Kläger x 100 Euro). Das LSG
hat die Klage abgewiesen. Ein nach Abschluss des Verfahrens in der
Hauptsache eingeleitetes Kostenfestsetzungs- und anschließendes
Erinnerungsverfahren sei - anders als ein Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes oder des Verfahrens auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe - kein eigenständiges Verfahren iS von § 198 Abs 1
S 1 iVm Abs 6 Nr 1 GVG, dessen gegebenenfalls überlange Dauer zu
entschädigen sei.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision
verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter, weil ein Kostenfestsetzungs-
und Erinnerungsverfahren ein Gerichtsverfahren iS des § 198 GVG sei.
LSG Niedersachsen-Bremen
L 15 SF 4/12 EK AS