Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 4. Senats vom 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R -, Urteil des 4. Senats vom 12.12.2013 - B 4 AS 14/13 R -, Urteil des 4. Senats vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R -, Urteil des 4. Senats vom 12.12.2013 - B 4 AS 17/13 R -, Urteil des 4. Senats vom 12.12.2013 - B 4 AS 7/13 R -, EuGH-Vorlage des 4. Senats vom 12.12.2013 - B 4 AS 9/13 R -
Kassel, den 3. Dezember 2013
Terminvorschau Nr. 59/13
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 12. Dezember 2013 im Elisabeth-Selbert-Saal aufgrund mündlicher Verhandlung über sechs Revisionen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 4 AS 7/13 R -
P. ./. Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg
Der Kläger begehrt Mobilitätshilfen für die Aufnahme einer Tätigkeit als
Studienreferendar in NRW ab 1.2.2007. Er hatte zuvor nach erfolgreichem
Abschluss eines Kunststudiums in Berlin im Jahr 2003 dort Sozialhilfe
und ab 1.1.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
bezogen. Seinem Antrag auf Mobilitätshilfen fügte er eine Bescheinigung
der Bezirksregierung Detmold bei, wonach das Land NRW keinerlei Kosten
für Umzüge und sonstige Auslagen erstattete. Der Beklagte lehnte den
Antrag ab, weil Mobilitätshilfen die Aufnahme einer
versicherungspflichtigen Beschäftigung voraussetzten.
Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid abgewiesen. Das LSG hat die
Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der
Kläger erfülle die Voraussetzungen des § 53 Abs 1 SGB III aF nicht, da
er keine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen habe, sondern
ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eingegangen sei. Die vom
Kläger gerügte Ungleichbehandlung bei der Gewährung von Mobilitätshilfen
sei nicht evident unsachlich bzw willkürlich.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung
des § 16 Abs 1 SGB II iVm § 53 Abs 1, 54 SGB III aF. Mit seiner
Rechtsauffassung verkenne das LSG die unterschiedlichen
Anwendungsbereiche des SGB II und des SGB III.
SG Detmold
- S 21 AS 151/07 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 12 AS 1702/11 -
2) 10.45 Uhr
- B 4 AS 6/13 R - M. ./.
Jobcenter Köln
Streitig ist ein Anspruch auf Mehrbedarfsleistungen für Aufwendungen
aufgrund einer kieferorthopädischen Behandlung, die nicht durch die
gesetzliche Krankenversicherung getragen werden.
Die zuständige gesetzliche Krankenkasse der 1996 geborenen Klägerin
hatte ihr eine Kostenzusage für eine kieferorthopädische Behandlung auf
Grundlage eines Behandlungsplans des behandelnden Kieferorthopäden
erteilt. Der Kieferorthopäde erstellte darüber hinaus einen ergänzenden
Heil- und Kostenplan. Die Übernahme der hieraus resultierenden Kosten
begehrte die Klägerin erfolglos von dem Beklagten. Das SG hat die Klage
hiergegen abgewiesen und das LSG die Berufung gegen den Gerichtsbescheid
des SG zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es an
einer Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin mangele. § 21
Abs 6 SGB II scheide insoweit aus, denn es handele sich vorliegend weder
um einen laufenden Bedarf, noch sei ein besonderer Bedarf im Sinne
dieser Vorschrift gegeben. Der Bedarf sei zwar wiederkehrend, jedoch
nicht regelmäßig und entstehe nicht in kürzeren Abständen. § 21 Abs 6
SGB II erfasse zudem nur atypische Bedarfe, wovon bei einer
kieferorthopädischen Behandlung, derer sich rund 50 % der in Deutschland
lebenden Kinder unterzögen, nicht die Rede sein könne. Schließlich sei
der Bedarf auch nicht unabweisbar. Die medizinisch notwendige Versorgung
werde von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Der geltend
gemachte Anspruch könne auch nicht auf § 73 SGB XII gestützt werden.
Mit der vom LSG
zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, dass es sich hier
durchaus um einen laufenden Bedarf handele, denn sie habe mehrfach im
Jahr Rechnungen des Kieferorthopäden zu begleichen gehabt. Auch sei der
Bedarf, gemessen an dem, was in den Regelsatz für Gesundheitspflege
eingestellt worden sei, atypisch. Der Bedarf sei auch unabweisbar, denn
es handele sich um medizinisch notwendige Leistungen, die gleichwohl
nicht vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst
seien. Sie könnten andererseits nicht durch die Regelleistung gedeckt
werden. Anspruchsgrundlage für die begehrte Leistung sei bis zum
Inkrafttreten des § 21 Abs 6 SGB II am 3.6.2010 die Entscheidung des
BVerfG vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, BVerfGE 125, 175).
SG Köln
- S 15 AS 664/10 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 6 AS 139/12 ZVW -
3) 11.45 Uhr
- B 4 AS 14/13 R - Landeswohlfahrtsverband
Hessen ./. Jobcenter Wetterau
Der zuvor suchtmittelabhängige und SGB II-Leistungen beziehende A (geb
1981) beantragte bei dem klagenden Sozialhilfeträger am 9.2.2007 die
Übernahme der Kosten für eine berufliche Erstausbildung durch den Verein
für Arbeits- und Erziehungshilfe eV (vae) zum Bürokaufmann vom 1.3.2007
bis 30.6.2009, die er erfolgreich abschloss. Die in einer Übungsfirma
durchgeführte Maßnahme richtet sich an schwerstvermittelbare Jugendliche
und junge Erwachsene, die insbesondere aufgrund früherer
Drogenabhängigkeit, Sozialisationsschwierigkeiten oder (stabiler)
Substitution nur schwer auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar sind. Die
Bundesagentur für Arbeit (BA) leistete ab Juli 2007
Berufsausbildungsbeihilfe, die durch SGB II-Leistungen ergänzt wurde.
Der Kläger leitete den
Antrag auf Übernahme der Maßnahmekosten an den beklagten SGB II-Träger
weiter (Schreiben vom 14.2.2007). Der Beklagte führte auf mehrfache
Nachfrage aus, dass er den Antrag an die BA weitergeleitet habe und es
sich nicht um einen "Reha-Fall" handele (Schreiben an den Kläger vom
2.8.2008). Daraufhin übernahm der Kläger "zur Vermeidung von Nachteilen
für den Betroffenen“ die Kosten der Ausbildungsmaßnahme vorläufig und
meldete bei dem Beklagten erfolglos einen Kostenerstattungsanspruch an.
Auf die Berufung des
Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG hat das LSG den
Beklagten verurteilt, an den Kläger 69.134,50 Euro zu leisten. Es
bestehe ein Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X. Der Kläger sei zu
Recht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen, weil die
Maßnahme für die Bedürfnisse von A in jeder Hinsicht passend gewesen
sei. Die Anwendbarkeit des § 43 SGB I werde nicht durch § 14 SGB IX
ausgeschlossen. Durch die fristgerechte Weiterleitung sei die
(vorläufige) sachliche Zuständigkeit des Beklagten begründet worden, der
selbständig über den Antrag entscheiden müsse und diesen nicht an die BA
habe weiterleiten dürfen. Der Kläger habe nur feststellen können, dass
die Maßnahme begonnen habe, ohne dass der Antrag des Betroffenen in
sachlicher Hinsicht von dem zuständigen Träger beschieden worden sei.
Soweit vertreten werde, dass § 43 SGB I im Anwendungsbereich des § 14
SGB IX keine Anwendung finde, gelte dies nicht, wenn einer der
beteiligten Träger ‑ wie hier der Beklagte ‑ § 14 SGB IX missachte. Der
Beklagte sei für die Leistung sachlich zuständig.
Eingliederungsleistungen könnten gewährt werden, wenn der Schwerpunkt
auf der Eingliederung in das Erwerbsleben und nicht auf der Beseitigung
anderer Defizite, zB bei der Strukturierung des Tagesablaufs, diene.
Dies sei hier der Fall.
Mit seiner Revision macht der Beklagte geltend, § 43 SGB I sei nicht
anwendbar, weil diese Regelung durch die von § 14 SGB IX eröffnete
Erstattung im Innenverhältnis verdrängt werde. Es gebe keinen Grund,
einen Rehabilitationsträger, der sich nach eigener Prüfung für
unzuständig erklärt habe und seine Zuständigkeit im Außenverhältnis
unmissverständlich ablehne, im Nachhinein zu privilegieren und einen
Erstattungsanspruch über § 102 SGB X iVm § 43 SGB I zuzusprechen. Zudem
beruhe das LSG-Urteil auf einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung,
weil die angenommene Ermessensreduzierung Ausführungen zur
Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme voraussetze, die hier
fehlten.
SG Gießen
- S 22 AS 405/09 -
Hessisches LSG
- L 7 AS 697/11 -
4) 12.30 Uhr
- B 4 AS 87/12 R - K. ./. Landkreis
Ravensburg
Der
zunächst selbständig tätige Kläger mietete zum 1.12.2008 eine Wohnung
mit einer Wohnfläche von 75 qm in Argenbühl/Landkreis Ravensburg an.
Hierfür entrichtete er eine Grundmiete in Höhe von 380 Euro zzgl einer
Vorauszahlung auf Betriebskosten in Höhe von 80 Euro. Seit 2009 bezieht
der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II. Im Zuge der Bewilligung forderte der Beklagte den Kläger auf,
die Unterkunftskosten zu senken. Die Kosten für Unterkunft wurden
zunächst in tatsächlicher Höhe, ab 1.12.2009 nur noch unter
Berücksichtigung einer Kaltmiete von 245 Euro bewilligt.
Das SG hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger weitere Kosten der
Unterkunft zu zahlen. Das LSG hat die Berufung des Beklagten
zurückgewiesen. Für den von dem Beklagten herangezogenen Vergleichsraum
liege kein schlüssiges Konzept vor. Der vorliegende Mietpreisspiegel sei
mangels Nachprüfbarkeit nicht ausreichend für ein schlüssiges Konzept.
Für eigene Ermittlungen des Senats fehle es an der erforderlichen
Datenbasis. Es seien damit die tatsächlichen Aufwendungen bis zur
Angemessenheitsgrenze der Tabellenwerte in § 12 WoGG zu berücksichtigen
und ein Zuschlag von 10 % hinzuzurechnen.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision. Er folge zwar
der Feststellung des LSG, dass er im vorliegenden Fall über kein
schlüssiges Konzept verfüge sowie dass die Aufwendungen bis zur Höhe der
Tabellenwerte aus § 12 WoGG zu übernehmen seien. Nicht gefolgt werden
könne aber der Zurechnung eines Zuschlages von 10 %.
SG Konstanz
- S 3 AS 947/10 -
LSG
Baden-Württemberg
- L 3 AS 5600/11 -
5) 13.15 Uhr
- B 4 AS 17/13 R - M. ./. Jobcenter
Breisgau-Hochschwarzwald
Der Kläger begehrte im Wege der Überprüfung von bestandskräftigen
Bescheiden gemäß § 44 SGB X höhere Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von November 2006 bis Ende
Oktober 2007. Dies lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 14.9.2007 ab.
In dem sich anschließenden Klageverfahren schlossen die Beteiligten vor
dem SG einen vom Gericht unterbreiteten und ausführlich begründeten
Vergleich. Der Vergleichstext lautete im Wesentlichen:
1. Der
Beklagte gewährt dem Kläger für die Zeit vom 1.11.2006 bis 31.1.2007
weitere Kosten
der Unterkunft und Heizung in Höhe von
448,96 Euro.
2. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit für
erledigt.
Rund sechs
Wochen später stellte der Kläger erneut einen Antrag nach § 44 SGB X.
Dies lehnte der Beklagte ‑ zunächst nur bezogen auf die Monate September
und Oktober 2007 ‑ bestätigt durch einen Gerichtsbescheid des SG ab.
Nach Erläuterung des Klägers, dass der Überprüfungsantrag den gesamten
im Vergleich benannten Zeitraum erfasse, teilte der Beklagte am
28.9.2010 mit, dass sich der Bescheid vom 14.9.2007 durch Vergleich
erledigt habe und daher kein überprüfbarer Verwaltungsakt vorliege.
Diese Rechtsauffassung bestätigte er im Widerspruchsbescheid und führte
aus, dass das Schreiben vom 28.9.2010 keinen Verwaltungsakt darstelle.
Auch die hiergegen gerichtete Klage hat das SG abgewiesen; das LSG hat
die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat dem nicht persönlich zur
mündlichen Verhandlung geladenen, nicht erschienen und am Terminstag
nicht vertretenen Kläger ferner Gerichtskosten in Höhe von 225 Euro
auferlegt. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, der Kläger habe keinen
Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Dem stehe
der gerichtliche Vergleich entgegen. Der Vergleich enthalte zugleich
einen Verzicht auf weitere Leistungen.
Auf die Zulassung der Revision durch das BSG macht der KIäger zur
Begründung geltend, der gerichtliche Vergleich stehe einer
Überprüfungsentscheidung nicht entgegen, denn dieser enthalte weder
einen ausdrücklichen, noch einen konkludenten materiell-rechtlichen
Verzicht auf weitere Leistungen. Über die Auferlegung der
"Missbrauchsgebühr" sei er nicht hinreichend vom LSG aufgeklärt worden.
SG Freiburg
- S 2 AS 6581/10 -
LSG
Baden-Württemberg
- L 13 AS 500/12 -
6) 14.00 Uhr
- B 4 AS 9/13 R - N. A. u.a. ./.
Jobcenter Berlin-Neukölln
Die Kläger sind schwedische Staatsangehörige. Die 1966 in Bosnien
geborene Klägerin zu 1) reiste im Juni 2010 erneut mit ihren Kindern,
der im Mai 1994 geborenen Klägerin zu 2) und den in den Jahren 1998 und
1999 geborenen Klägern zu 3) und 4), in die Bundesrepublik ein.
Sämtliche Kinder sind in Deutschland geboren. Den Klägern wurde am
1.7.2010 eine Bescheinigung nach § 5 FreizügG/EU erteilt. Nach ihrer
Einreise bezog die Klägerin zu 1) Kindergeld für die Kläger zu 2) bis
4). Die Klägerinnen zu 1) und 2) waren seit Juni 2010 in kürzeren
Beschäftigungen bzw Arbeitsgelegenheiten von weniger als einem Jahr
tätig, jedoch nicht mehr in der Zeit ab Mai 2011. Im Übrigen bezogen die
Kläger SGB II-Leistungen, zuletzt durch Bewilligung des Beklagten für
den Zeitraum vom 1.12.2011 bis 31.5.2012. Diese Bewilligung hob der
Beklagte mit den streitigen Bescheiden für den Zeitraum vom 1. bis
31.5.2012 für die Kläger in vollem Umfang unter Hinweis auf den von der
Bundesrepublik erklärten Vorbehalt zum Europäischen Fürsorgeabkommen
(EFA) auf.
Das SG
hat den Aufhebungsbescheid aufgehoben, weil eine wesentliche Änderung in
den rechtlichen Verhältnissen nicht eingetreten sei. Die Kläger hätten
auch im Mai 2012 Anspruch auf Arbeitslosengeld II bzw Sozialgeld gehabt.
Zwar vermittele bei den Klägerinnen zu 1) und 2) ‑ nach Beendigung der
Beschäftigungen ‑ wieder ausschließlich die Arbeitssuche das
Aufenthaltsrecht, so auch im Mai 2012. Der Ausschlussgrund des § 7 Abs 1
Satz 2 Nr 2 SGB II greife jedoch nicht, weil den Art 2, 3, 4, 70 VO (EG)
883/2004 als jüngerem, höherrangigem und speziellerem Recht wegen § 30
Abs 2 SGB I Vorrang zukomme. Art 4 VO (EG) 883/2004 untersage eine
Ungleichbehandlung von Unionsbürgern gegenüber den eigenen
Staatsangehörigen und sei auf besondere beitragsunabhängige
Geldleistungen anwendbar. Ein Wertungswiderspruch zwischen Art 3 Abs 3,
70 VO (EG) 883/2004 und etwa der RL 2004/38/EG (insbesondere deren
Art 24 Abs 2) liege nicht vor, weil Art 3 Abs 3, 70 VO (EG) 883/2004
ausdrücklich auf Leistungen mit einem Mischcharakter abstellten, während
Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG auf "Sozialhilfeleistungen" ausgerichtet sei.
Normiere der Gesetzgeber existenzsichernde Leistungen als besondere
beitragsunabhängige Geldleistungen, sei Art 70 VO (EG) 883/2004
anwendbar. Dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II ‑ neben der Sozialhilfekomponente ‑ auch einen zusätzlichen,
ersatzweisen oder ergänzenden Schutz gegen das Risiko der
Arbeitslosigkeit (Art 3 Abs 1 lit h EU-VO 883/2004) vermittelten, folge
ua aus dem Ausschlusstatbestand des § 7 Abs 4a SGB II, der die
Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung sicherstellen solle, der
Voraussetzung der Erwerbsfähigkeit der Anbindung an den
Vermittlungsanspruch und die Mitwirkungspflichten im Rahmen der
Vermittlungsbemühungen durch die BA. Auch das speziellere
Gleichbehandlungsgebot nach Art 1 EFA verdränge für die schwedischen
Kläger die Regelungen des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 2 SGB II. Der von
der Bundesregierung erklärte Vorbehalt betreffe als völkervertragliche
Regelung Gegenstände der Bundesgesetzgebung, sei jedoch weder durch ein
entsprechendes Gesetz nach Art 59 Abs 2 Satz 1 GG in innerstaatliches
Recht transformiert noch sei er auf der Grundlage eines bundesdeutschen
Parlamentsgesetzes erklärt oder wirksam gemacht worden.
Mit seiner Revision macht der Beklagte geltend, der Leistungsausschluss
des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II verstoße nicht gegen
Gemeinschaftsrecht. Bei den SGB II-Regelbedarfen handele es sich um
Sozialhilfeleistungen iS des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG. Diese hätten
nicht den Zweck, den Arbeitsmarktzugang zu erleichtern, sondern dienten
der Existenzsicherung. Dies belege die in § 1 Abs 3 SGB II vorgenommene
Unterscheidung zwischen Leistungen zur Beendigung der Verringerung der
Hilfebedürftigkeit, insbesondere durch Eingliederung in Arbeit (Nr 1)
und solchen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Nr 2). Zur Eingliederung
in den Arbeitsmarkt sehe das SGB II für Arbeitsuchende vielmehr in den
§§ 16 ff SGB II weitere Leistungen vor, die gesondert erbracht würden.
§ 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II verstoße nicht gegen die seit dem 1.5.2010
anwendbare VO (EG) Nr 883/2004. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs 1
Satz 2 Nr 2 SGB II verstoße auch nicht gegen das EFA, weil der von der
Regierung der Bundesrepublik Deutschland erklärte Vorbehalt wirksam sei.
Der Vorbehalt stehe auch mit Verfassungsrecht in Einklang. Wegen der
fehlenden Beteiligung mehrerer Völkerrechtssubjekte könne der einseitige
Vorbehalt der Bundesregierung nicht als Vertrag im Sinne des Art 59
Abs 2 Satz 1 GG angesehen werden.
SG Berlin
- S 55 AS 18011/12 -