Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 8. Senats vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.4.2013 - B 8 SO 12/12 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.4.2013 - B 8 SO 16/11 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.4.2013 - B 8 SO 8/12 R -
Kassel, den 25. April 2013
Terminbericht Nr. 20/13
zur Terminvorschau Nr. 20/13
Der 8. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 25. April 2013.
1) Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, weil das LSG einen von Amts
wegen zu beachtenden Verfahrensmangel begangen hat. Es hätte nicht das
Urteil des SG bestätigen dürfen, das den Bescheid des Beklagten unter
Anwendung des § 131 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgehoben und dem
Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen auferlegt hat, die
Erwerbsfähigkeit des Klägers im Verwaltungsverfahren noch abzuklären und
danach einen neuen Bescheid zu erlassen; es hätte vielmehr die Sache an
das SG zurückverweisen müssen, weil dieses nicht nach § 131 Abs 5 SGG
hätte vorgehen dürfen. Da die Klage vor dem 1.4.2008 erhoben worden ist,
gilt noch nicht die mit Wirkung ab 1.4.2008 geänderte Fassung des § 131
Abs 5 SGG; die davor maßgebliche Fassung der Norm ließ jedoch eine sog
"Zurückverweisung an die Verwaltung" bei einer kombinierten Anfechtungs-
und Leistungsklage nicht zu. Eine Zurückverweisung der Sache im Rahmen
des Revisionsverfahrens an das SG selbst ist unterblieben, weil der
Kläger die prozessuale Möglichkeit hat, im wiedereröffneten
Berufungsverfahren noch Anschlussberufung gegen die erstinstanzliche
Entscheidung einzulegen, um eine Entscheidung in der Sache über seinen
Leistungsanspruch zu ermöglichen.
Soweit das LSG jedoch § 43 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch
- Sozialhilfe ‑ (SGB XII) dahin ausgelegt hat, dass die Gewährung von
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erst
ausscheidet, wenn ein Elternteil ein jährliches Gesamteinkommen iS des
§ 16 Sozialgesetzbuch Viertes Buch ‑ Gemeinsame Vorschriften für die
Sozialversicherung ‑ (SGB IV) von mindestens 100.000 Euro aufweist,
nicht aber bereits dann, wenn beide Elternteile zusammengerechnet ein
solches Einkommen erzielen, ist die Entscheidung nicht zu beanstanden.
SG Osnabrück
- S 5 SO 43/08 -
LSG
Niedersachsen-Bremen - L 8 SO 10/09 -
Bundessozialgericht
- B 8 SO 21/11 R -
2) Auch hier
wurde die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG
zurückverwiesen. Der Beklagte hat zu Recht gerügt, dass das LSG den
Landschaftsverband Westfalen-Lippe als möglichen anderen
Leistungsverpflichteten hätte beiladen müssen (§ 75 Abs 5 2. Alt;
unechte notwendige Beiladung). Dabei ist wegen einer Vielzahl fehlender
tatsächlicher Feststellungen ‑ auch zum Ablauf des
Verwaltungsverfahrens ‑ und der erforderlichen Auslegung
landesrechtlicher Vorschriften, die das SG und das LSG nicht alle
beachtet haben, offen geblieben, woraus sich ein Anspruch des Klägers,
dessen Höhe ebenfalls noch zu klären ist, ergeben kann. Allerdings hat
der Senat bereits früher entschieden, dass § 98 Abs 5 SGB XII
(Zuständigkeit bei Leistungen des Ambulant-betreuten‑Wohnens) keine
konzeptionelle Verknüpfung von Wohnung und ambulanter Betreuung
voraussetzt, andererseits ohnedies eine Anwendung in Fällen ausscheidet,
in denen sich ‑ wie hier ‑ der Betroffene bereits vor dem 1.1.2005 in
einer ambulant-betreuten Wohnform befand.
SG Heilbronn
- S 13 SO 494/08 -
LSG
Baden-Württemberg
- L 2 SO 5815/09 -
Bundessozialgericht
- B 8 SO 16/11 R
3) Die Sache wurde
sowohl auf die Revision der Klägerin als auch auf die Anschlussrevision
des Beklagten zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG
zurückverwiesen, weil es bereits an tatsächlichen Feststellungen zum
Vermögen, aber auch zum einsetzbaren Einkommen mangelt, sodass weder ein
Anspruch auf niedrigeres noch ein solcher auf höheres Pflegegeld
ausgeschlossen werden kann. Zu Recht ist das LSG bei seiner Entscheidung
indes davon ausgegangen, dass § 87 Abs 1 Satz 3 SGB XII
Schwerstpflegebedürftigen pauschal einen berücksichtigungsfreien Betrag
von 60 % des um Absetzbeträge bereinigten Einkommens, das die in § 85
SGB XII geregelte Einkommensgrenze übersteigt, zugesteht und erst danach
weitere Belastungen, die mit der Pflegebedürftigkeit nicht im
Zusammenhang stehen, zusätzlich in Abzug zu bringen sind. Die
Absetzbeträge vom Einkommen zur Errechnung der Einkommensgrenze des § 85
SGB XII richten sich insoweit bei dem erwerbsfähigen Ehemann der
Klägerin nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuch Zweites Buch -
Grundsicherung für Arbeitsuchende ‑ (SGB II), bei der erwerbsunfähigen
Klägerin nach denen des SGB XII.
SG Karlsruhe
- S 4 SO 1379/11 -
LSG
Baden-Württemberg
- L 7 SO 3580/11 -
Bundessozialgericht
- B 8 SO 8/12 R -
4) Die Revision
des Beklagten wurde zurückgewiesen. Aufgrund der präjudiziellen Wirkung
des rechtskräftigen (§ 121 Verwaltungsgerichtsordnung
SG Detmold
- S 2 SO 104/10 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 9 SO 26/11 -
Bundessozialgericht
- B 8 SO 12/12 R -
5) Die Revision
des Beklagten hatte Erfolg. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, dem
Kläger nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX die von diesem aufgewendeten Kosten
für Sozialhilfeleistungen zu erstatten. Der Kläger ist nicht, wovon er
ausgeht, alleine aufgrund der Weiterleitung des Rehabilitationsantrags
an ihn zur Leistung im Außenverhältnis zuständig geworden, sondern er
ist auch der im Innenverhältnis für die Leistung Zuständige. Dabei ist
ohne Bedeutung, ob die Voraussetzungen des Ambulant-betreuten-Wohnens
vor der Aufnahme (im Juni 2007) in die Einrichtung, für deren Kosten der
Kläger eine Erstattung geltend macht, tatsächlich vorlagen; genaue
Feststellungen des LSG hierzu fehlen.
War dies nicht der Fall,
ergibt sich die (örtliche) Zuständigkeit des Klägers als des sachlich
zuständigen überörtlichen Sozialhilfeträgers aus § 98 Abs 2 Satz 1
SGB XII, weil der Leistungsempfänger vor Aufnahme in die Einrichtung
seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Aulhausen (Hessen) hatte. Wenn es sich
während dieses Aufenthalts in Aulhausen um einen Aufenthalt im Rahmen
eines Leistungsgeschehen für Ambulant-betreutes-Wohnen gehandelt haben
sollte, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes. Zwar wäre es dann
durchaus naheliegend, im Rahmen eines einheitlichen Leistungsgeschehens
des Betreuten‑Wohnens auch bei einem Wechsel zwischen Einrichtung und
Ambulant-betreutem Wohnen wie bei einer reinen Kette zwischen
vollstationären Einrichtungen entsprechend § 98 Abs 2 SGB XII auf dem
gewöhnlichen Aufenthalt vor Eintritt in die erste Einrichtung bzw
ambulante Wohnform abzustellen; dieser lag bis zum Eintritt in die erste
Form betreuten Wohnens, der Aufnahme in das Heim Aulhausen im Jahre
1994, im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Jedoch müsste dann
notwendigerweise wie im Rahmen einer reinen Kette ambulant-betreuter
Wohnformen § 98 Abs 5 Satz 2 SGB XII Beachtung finden. Danach würde
sich aufgrund der Rechtsprechung des Senats die Zuständigkeit für Fälle
des Betreuten-Wohnens, die bereits vor dem 1.1.2005 eingetreten sind,
weiterhin nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG)
richten. Dieses hingegen enthielt noch keine § 98 Abs 5 Satz 1 SGB XII
entsprechende Vorschrift, sodass sich die Zuständigkeit für Leistungen
aufgrund einer Unterbringung in Einrichtungen aus § 97 Abs 2 BSHG ergab.
Danach war auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten bis
28.6.2007 vor Eintritt in die Einrichtung, für deren Kosten die
Erstattung geltend gemacht wird, selbst abzustellen; eine Verknüpfung im
Rahmen einer "Einrichtungskette" zwischen Leistungen in Einrichtungen
und in ambulant-betreuten Wohnformen war nach dem BSHG nicht denkbar.
Dies hätte wiederum eine Zuständigkeit des Klägers selbst für die
Leistungserbringung in der Einrichtung für die Zeit ab 29.6.2007 zur
Folge, weil der Leistungsempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt bis
28.6.2007 in Aulhausen hatte. Die Unterscheidung zwischen Alt- und
Neufällen im Rahmen des § 98 Abs 5 SGB XII kann nicht durch eine analoge
Anwendung des § 98 Abs 2 SGB XII konterkariert werden.
SG Kassel
- S 12 SO 79/09 -
Hessisches LSG
- L 4 SO 67/11 -
Bundessozialgericht
- B 8 SO 6/12 R -