Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 8. Senats vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.4.2013 - B 8 SO 12/12 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.4.2013 - B 8 SO 16/11 R -, Urteil des 8. Senats vom 25.4.2013 - B 8 SO 8/12 R -
Kassel, den 22. April 2013
Terminvorschau Nr. 20/13
Der
8. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 25. April 2013 im
Jacob-Grimm-Saal aufgrund mündlicher Verhandlung über fünf Revisionen
aus dem Gebiet des
Sozialhilferechts zu entscheiden, nachdem in der Sache B 8 SO 8/11 R
die Revision vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist.
1) 10.00 Uhr - B 8 SO 21/11 R -
M.F. ./. Landkreis Osnabrück
Im Streit sind Leistungen der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
(Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch
‑ Sozialhilfe ‑ (SGB XII) ab 1.8.2007.
Der Beklagte hat die
Leistungsgewährung abgelehnt, weil die Eltern des Klägers nach dessen
eigenen Angaben gemeinsam über Einkommen von 100.000 Euro jährlich
verfügten. Die hiergegen vor dem 1.4.2008 erhobene Klage hatte insoweit
Erfolg, als das Sozialgericht (SG) den angegriffenen Bescheid
aufgehoben und den Beklagten verurteilt hat, über den Antrag des
Klägers erneut zu entscheiden; die weiter gehende Klage wurde
abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt,
die Einkommensgrenze von 100.000 Euro in § 43 Abs 2 SGB XII, die zum
Ausschluss eines Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen führe, gelte
nicht für zusammengerechnete Elterneinkommen. Die gesetzliche
Privilegierung entfalle erst dann, wenn ein Elternteil mit seinem
Gesamteinkommen die Einkommensgrenze von 100.000 Euro im Jahr
überschreite. Gemäß § 131 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei jedoch
lediglich der Ablehnungsbescheid des Beklagten aufzuheben; der Beklagte
müsse nach Ermittlungen zu der für Grundsicherungsleistungen
erforderlichen dauerhaften Erwerbsminderung über den Antrag des Klägers
neu befinden. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung hiergegen
zurückgewiesen. Dabei hat es ausgeführt, seit 1.4.2008 gelte § 131
Abs 5 SGG nicht mehr allein für Anfechtungsklagen, sondern auch ‑ wie
vorliegend ‑ für kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen.
Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 43 Abs 2
SGB XII. Die Vorschrift sei so auszulegen, dass auf das
zusammengerechnete Einkommen beider Elternteile abzustellen sei.
SG Osnabrück
- S 5 SO 43/08 -
LSG Niedersachsen-Bremen
- L 8 SO 10/09 -
2) 10.45 Uhr - B
8 SO 16/11 R - Landkreis Heilbronn ./. Kreis
Minden-Lübbecke
Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe
von 386.745,54 Euro für Leistungen der Hilfe zur Pflege und von 4.931,37
Euro für Leistungen der Eingliederungshilfe, die der Kläger in der Zeit
vom 1.5.2007 bis 30.9.2009 an einen schwerstbehinderten
Sozialhilfebedürftigen erbracht hat. Der Leistungsempfänger hatte bis
Anfang 1987 in der Stadt Minden gewohnt, bevor er im März 1987 nach
Heilbronn verzog. Nachdem er zunächst bis August 2003 dort Pflege- und
Eingliederungshilfeleistungen von der Stadt Minden erhalten hatte,
erbrachte der Kläger die Leistungen ab September 2003. Als der
Leistungsempfänger am 1.5.2007 wieder nach Minden verzog, entstand
zwischen verschiedenen Leistungsträgern (Kläger, Beklagter, Stadt
Minden, Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Kommunalverband für Jugend
und Soziales in Baden-Württemberg) Streit über die Zuständigkeit.
Aufgrund einer Verurteilung durch das SG Heilbronn im Rahmen eines
Eilverfahrens erbrachte schließlich der Kläger wegen der ungeklärten
Zuständigkeit die Leistungen.
Weil sich kein anderer
Leistungsträger zur Erstattung der aufgewendeten Kosten bereit erklärte,
erhob der Kläger gegen den Kreis Minden-Lübbecke Klage, die sich auch
gegen die Stadt Minden wegen erbrachter Leistungen der Grundsicherung im
Alter und bei Erwerbsminderung richtete. Während die Klagen
erstinstanzlich in der Hauptsache und bezüglich Zinsen Erfolg hatten,
hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben, soweit es die geltend
gemachten Zinsansprüche betraf. Zur Begründung seiner Entscheidung hat
das LSG ausgeführt, der Erstattungsanspruch ergebe sich aus § 2 Abs 3
iVm § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ‑ Sozialverwaltungsverfahren und
Sozialdatenschutz ‑ (SGB X). Die örtliche Zuständigkeit bestimme sich
nach der allgemeinen Regelung des § 98 Abs 1 SGB XII, die auf den
tatsächlichen Aufenthalt (Minden) abstelle; § 98 Abs 5 SGB XII, der
dagegen auf die letzte Zuständigkeit vor Beginn eines
Ambulant-betreuten-Wohnens abstelle, finde keine Anwendung, weil
Betreutes-Wohnen eine hier nicht vorliegende konzeptionelle Verknüpfung
von Wohnung und ambulanter Betreuung voraussetze. Die sachliche
Zuständigkeit richte sich nach Landesrecht; danach sei für die
Eingliederungshilfe und die Pflegeleistungen der Beklagte sachlich
zuständig.
Mit seiner Revision macht der Beklagte geltend, das
LSG habe § 98 Abs 5 SGB XII falsch ausgelegt. Wenn man der Ansicht des
LSG folge, richte sich der Erstattungsanspruch gegen den
Landschaftsverband Westfalen-Lippe, den das LSG zu Unrecht nicht
beigeladen habe.
SG Heilbronn
- S 13 SO 494/08 -
LSG Baden-Württemberg
- L 2 SO 5815/09 -
3) 11.30 Uhr -
B 8 SO 8/12 R - S.S. ./. Landkreis
Rastatt
Im Streit ist die Zahlung höheren Pflegegeldes für die
Zeit vom 1.1.2010 bis 30.6.2011.
Die 1958 geborene Klägerin
bezog im streitbefangenen Zeitraum wegen Schwerstpflegebedürftigkeit
(Pflegestufe III) von der Pflegekasse Sachleistungen sowie ergänzende
Sachleistungen durch den Sozialhilfeträger und wegen der gewährten
Sachleistungen um 1/6 gemindertes Pflegegeld nach dem SGB XII. Sie
lebte mit ihrem ebenfalls behinderten Ehemann in einer
Eigentumswohnung, in der bis 30.9.2010 auch die 1987 geborene Tochter
und im gesamten streitbefangenen Zeitraum der ebenfalls 1987 geborene
Sohn wohnten. Die Klägerin hatte ein monatliches Renteneinkommen von
über 1.200 Euro (nach Abzug des Beitrags zur Krankenversicherung der
Rentner), und ihr Ehemann bezog ein Einkommen aus einer
Teilzeitbeschäftigung in Höhe von 1.608 Euro netto monatlich. Diese
Einkommen berücksichtigte der Beklagte bei der Gewährung des
Pflegegeldes teilweise leistungsmindernd. Während die hiergegen
gerichtete Klage beim SG ohne Erfolg blieb, hat das LSG die Bescheide
geändert und den Beklagten verurteilt, von Januar bis September 2010
64,71 Euro, von Oktober bis Dezember 2010 212,71 Euro und von Januar bis
Juni 2011 214,31 Euro monatlich mehr zu zahlen.
Hiergegen hat
die Klägerin Revision und der Beklagte Anschlussrevision eingelegt, mit
denen beide die Berechnung des LSG über die Höhe des Pflegegeldes
angreifen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass unter Berücksichtigung der
bestehenden besonderen Belastungen ihr Einkommen bzw das Einkommen ihres
Ehemannes völlig unberücksichtigt bleiben müssten; im Übrigen seien
einzelne Belastungsbeträge zu Unrecht vom Einkommen nicht abgesetzt
worden. Der Beklagte rügt im Wesentlichen, der Mindestabsetzbetrag für
schwerstpflegebedürftige Personen nach § 87 Abs 1 SGB XII (60 vH des
Einkommens über der Einkommensgrenze) sei vom LSG falsch errechnet
worden. Im Übrigen hätte das LSG nicht neben den Fahrtkosten für den Weg
zur Arbeit die Haftpflichtversicherung für einen Pkw gesondert
einkommensmindernd als Absetzbetrag berücksichtigen dürfen; das LSG
habe außerdem einen während des Gerichtsverfahrens ergangenen
Änderungsbescheid, mit dem für die Zeit ab 1.1.2011 höhere Leistungen
bewilligt worden seien, nicht beachtet.
SG Karlsruhe
- S 4 SO 1379/11 -
LSG Baden-Württemberg
- L 7 SO 3580/11 -
4) 12.30 Uhr -
B 8 SO 12/12 R - Stadt Bünde ./.
Landwirtschaftsverband Westfalen-Lippe
Die Klägerin verlangt
vom Beklagten die Erstattung von Kosten in Höhe von 12.424,80 Euro, die
sie als sog "zweitangegangener" Rehabilitationsträger an eine
Sozialhilfeempfängerin gezahlt hat.
Anlässlich der
bevorstehenden Geburt ihres Kindes beantragte diese beim Beklagten
Leistungen der Elternassistenz, weil ihr Ehemann berufstätig sei und sie
die Versorgung des Kindes während der Abwesenheit des Ehemannes aufgrund
ihrer Behinderung nicht allein sicherstellen könne. Der Beklagte leitete
den Antrag an die nach seiner Meinung als Träger der Jugendhilfe
zuständige Klägerin weiter, die nach einer Ablehnung der Leistung vom
zuständigen Verwaltungsgericht rechtskräftig zur Leistungserbringung
verurteilt wurde, weil sie als "zweitangegangener"
Rehabilitationsträger nach § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch
‑ Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen ‑ (SGB IX) nach außen
für die Leistung zuständig geworden sei, während im Innenverhältnis der
Beklagte als Sozialhilfeträger für die Erbringung von
Eingliederungshilfe eigentlich zuständig sei. Gleichwohl lehnte der
Beklagte gegenüber der Klägerin eine Erstattung der von dieser
aufgewandten Kosten ab. Die Klage hiergegen war erst- und
zweitinstanzlich erfolgreich.
Mit seiner Revision rügt der
Beklagte eine Verletzung der §§ 20, 10 Abs 4 Sozialgesetzbuch Achtes
Buch ‑ Kinder- und Jugendhilfe ‑ (SGB VIII), weil die Klägerin
Leistungen der Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen
(Erziehungshilfeleistungen) erbracht und es sich nicht um
Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII gehandelt habe.
SG
Detmold
- S 2 SO 104/10 -
LSG Nordrhein-Westfalen
- L 9 SO 26/11 -
5) 13.15 Uhr - B
8 SO 6/12 R -
Landeswohlfahrtsverband Hessen
./. Landrat des Landkreises Mayen-Koblenz
In diesem Verfahren
geht es um die Erstattung von Kosten für Sozialhilfeleistungen (in Höhe
von 64.945,52 Euro) zwischen zwei Sozialhilfeträgern unter
Berücksichtigung des § 98 Abs 5 SGB XII zur Zuständigkeit beim
"Betreuten‑Wohnen" (vgl Nr 2 der Terminvorschau). Der Beklagte hat für
einen 1981 geborenen, in Hessen zunächst stationär untergebrachten und
danach ab 1.8.2006 (bis 28.6.2007) einer Wohngruppe zugeteilten
behinderten Menschen Sozialhilfeleistungen erbracht. Seit 29.6.2007 ist
der Leistungsbezieher in Scheuern (Rheinland-Pfalz) stationär
untergebracht. Den Antrag auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten für
diese Unterbringung leitete der Beklagte an den Kläger weiter, weil der
Leistungsbezieher durch seinen Aufenthalt in der Wohngruppe
(Ambulant-betreutes-Wohnen) zwischenzeitlich einen gewöhnlichen
Aufenthalt begründet habe, der gemäß § 98 Abs 2 SGB XII die
Zuständigkeit des Klägers für die Leistungserbringung (auch) in
Rheinland-Pfalz nach sich ziehe. Der Beklagte bewilligte daraufhin
Eingliederungshilfe und Hilfe zum Lebensunterhalt (bzw Leistungen der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung), machte jedoch beim
Beklagten eine Erstattung der Kosten geltend.
Die nach Ablehnung
der Kostenerstattung erhobene Klage hatte beim LSG Erfolg, weil nach
§ 98 Abs 5 SGB XII für Leistungen in Form ambulant betreuter
Wohnmöglichkeiten der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig sei, der
vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig gewesen sei. Dabei
müsse auch § 98 Abs 2 Satz 1 SGB XII angewandt werden, wonach für die
stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig sei, in
dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt
im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hatten oder in den zwei
Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Nach dessen Satz 2 sei
insoweit auf den erstmaligen Eintritt in eine Einrichtung beim
anschließenden Wechsel in andere Einrichtungen bzw bei
Ambulant-betreuten Wohnen bei Eintritt in diese Wohnform abzustellen.
Danach sei der Beklagte trotz des Wechsels in die Einrichtung in
Rheinland-Pfalz zuständig geblieben.
Mit seiner Revision rügt
der Beklagte eine Verletzung des § 98 Abs 2 SGB X, weil die in § 98
Abs 2 Satz 2 SGB XII vorgesehene fortbestehende Zuständigkeit im Rahmen
einer Einrichtungskette nicht für § 98 Abs 5 SGB XII gelte.
SG
Kassel
- S 12 SO 79/09 -
Hessisches LSG
- L 4 SO 67/11 -