Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 4. Senats vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R -, Urteil des 4. Senats vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/11 R -, Urteil des 4. Senats vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R -
Kassel, den 29. April 2013
Terminvorschau Nr. 21/13
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts
beabsichtigt, am 23. Mai 2013 im Elisabeth-Selbert-Saal aufgrund
mündlicher Verhandlung über drei Revisionen aus der
Grundsicherung für Arbeitsuchende
zu entscheiden.
1) 10.45 Uhr - B 4 AS 67/12 R -
1. N.S., 2. A.S. ./. Jobcenter Düsseldorf
Der Beklagte bewilligte der Klägerin zu 1 und den mit ihr zusammen
lebenden Söhnen, dem Kläger zu 2 (geb 1994) und dem 1987 geborenen D.,
für die Zeit vom 1.11.2008 bis 30.4.2009 als SGB II-Leistungen ua Kosten
der Unterkunft und Heizung (KdU) in tatsächlicher Höhe von 526,50 Euro
anteilig zu je einem Drittel (175,50 Euro). Nach vorangegangenen
Sanktionen entzog er D. die Leistungen vollständig (bestandskräftiger
Bescheid vom 6.1.2009) und bewilligte die SGB II-Leistungen für die
gesamte Bedarfsgemeinschaft wegen des von der Klägerin zu 1 erzielten
Einkommens mehrfach ‑ zuletzt mit dem von den Klägern erstmals mit
Widerspruch angefochtenen Bescheid vom 2.4.2009 ‑ neu. Den auf D.
entfallenden KdU-Anteil setzte er für den im Verfahren streitigen
Zeitraum vom 1.2.2009 bis 30.4.2009 mit "0 Euro" fest.
Das SG hat ‑ bestätigt durch das LSG ‑ den Beklagten verurteilt, der
Klägerin zu 1 und dem Kläger zu 2 für die Zeit vom 1.2.2009 bis
30.4.2009 weitere Leistungen für KdU in Höhe von 175,50 Euro monatlich
zu zahlen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, es
könne offen bleiben, ob D. mit Blick auf die von den Klägern
möglicherweise geltend gemachten Zweifel im streitigen Zeitraum noch
Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gewesen sei. Da keine wirksame
Kostensenkungsaufforderung vorliege, bestehe keine Obliegenheit zur
Kostensenkung. Seien die Kosten als angemessene oder als unangemessene
demnach zu übernehmen, stehe einer Anrechnung des auf D. entfallenden
Kopfteils als "fiktiven" zu Lasten der Kläger entgegen, dass deren
tatsächliche Aufwendungen nicht mehr gedeckt seien. Die Aufteilung nach
Kopfanteilen setzte ua voraus, dass der aktuell bestehende
Unterkunftsbedarf von mehreren Personen getragen werde. Die
Verpflichtung der Leistungsberechtigten zur Zahlung der
Unterkunftskosten im Außenverhältnis bestehe unverändert fort. Den
übrigen Mitgliedern dürfe nicht (mittelbar) ein Fehlverhalten
zugerechnet werden, auf das sie jedenfalls bei über 18jährigen
Mitgliedern ihrer Bedarfsgemeinschaft grundsätzlich keinen rechtlich
relevanten Einfluss hätten. Es bestehe ein ungelöster
Wertungswiderspruch, weil die Umsetzung einer Sanktion anderen Kriterien
zu genügen habe als die Senkung als unangemessen erkannter KdU.
Mit seiner Revision macht der Beklagte geltend, für eine Abweichung von
dem Prinzip des Individualanspruchs bestehe kein Anlass. Eine Lücke im
eigenen Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft liege
tatsächlich nicht vor. Eine Verpflichtung zur Übernahme des ausstehenden
Mietanteils bestehe nicht. Aufgrund der Höhe der durch die Sanktion
entstehenden Mietschulden liege in der Regel kein Kündigungsgrund nach
dem BGB vor. Das angefochtene Urteil verstoße gegen den
Gleichheitsgrundsatz nach Art 3 GG, weil nicht in einer
Bedarfsgemeinschaft lebende Jugendliche einen Wohnungsverlust nur durch
eine Arbeitsaufnahme oder ein Darlehen vermeiden könnten. Dies sei auch
den in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Jugendlichen zumutbar, weil
deren Sanktionierung ansonsten regelmäßig und teilweise "ins Leere
laufe".
SG
Düsseldorf
- S 25 AS 258/10 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 6 AS 1589/10 -
2) 11.45 Uhr
- B 4 AS 79/12 R - D.K. ./.
Jobcenter Freiburg Stadt
Im Streit steht die Erstattung der Kosten für die Anschaffung eines
Jugendbettes für ein knapp dreieinhalbjähriges Kind durch den Beklagten.
Der Beklagte lehnte den
Antrag des im Mai 2007 geborenen Klägers auf Übernahme der Kosten für
den Erwerb des Bettes als Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 S 1 Nr 1
SGB II ab. Auch das SG und das LSG haben den Anspruch des Klägers
verneint. Das LSG hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass
der Kläger keinen Kostenerstattungsanspruch für das im Februar 2012 für
272,25 Euro von seiner Mutter angeschaffte Bett habe. Bei dem Bett
handele es sich um eine Ersatzbeschaffung, denn es sei bereits ein Bett
für den Kläger im Haushalt der Mutter vorhanden gewesen. Das neue Bett
habe grundsätzlich dieselbe Funktion wie das nicht mehr passende
Gitterbett ‑ beides diene zum Schlafen. Der Bedarf nach einem neuen Bett
sei lediglich wegen des Wachsens des Klägers entstanden.
Der Kläger rügt mit der vom LSG zugelassenen Revision eine Verletzung
von § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB II. Er macht geltend, dass er nicht über ein
seinem Bedarf entsprechendes Bett verfüge. Der Bedarf könne auch nicht
aus der Regelleistung gedeckt werden, denn dort seien 5,10 Euro
monatlich für Möbel und Einrichtungsgegenstände eingestellt. Ein
Jugendbett sei im Haushalt auch noch nicht vorhanden gewesen.
SG Freiburg
- S 10 AS 365/11 -
LSG
Baden-Württemberg
- L 12 AS 639/12 -
3) 12.30 Uhr
- B 4 AS 67/11 R - K.S. ./.
Jobcenter Kreis Recklinghausen
Die 1994 geborene Klägerin lebte mit ihrer Mutter sowie deren Ehemann
K.S. in der (noch) streitigen Zeit vom 1. bis 31.7.2007 in einem
gemeinsamen Haushalt. Dieser erzielte im Juli ein Nettoeinkommen von
2.351,98 Euro. Am 12.7.2007 wurde ihm Einkommenssteuer iHv 3.312,68 Euro
erstattet. Die Mutter bezog Kindergeld iHv 154 Euro und ein eigenes
Nettoeinkommen von 303,28 Euro. K.S. überwies seinem nicht im
gemeinsamen Haushalt wohnenden Sohn einen monatlichen Unterhalt iHv 200
Euro und zahlte der Klägerin Taschengeld iHv 50 Euro. Die Kosten für
Unterkunft und Heizung trug er allein. Der zur Zahlung von Unterhalt iHv
337 Euro monatlich verpflichtete leibliche Vater der Klägerin war nicht
leistungsfähig.
Der
Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf SGB II-Leistungen ab. Das
LSG hat ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG
zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt,
die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Angesichts des Einkommens von
K.S. sei offenkundig, dass jedweder grundsicherungsrechtliche
Leistungsbedarf nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Der Gesetzgeber gehe
bei "faktischen Stiefkindern" in zulässiger Weise davon aus, dass der
Elternteil innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft, in der er
gleichberechtigt mit dem Partner "aus einem Topf" wirtschafte und mit
ihm über die Ausgaben entscheide, die Belange des Kindes in erster Linie
durch Gewährung von Naturalunterhalt ausreichend schützen und so seiner
Pflicht zur elterlichen Sorge nachkommen werde.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, sie werde durch die
Zusammenfassung mit ihrem Stiefvater in einer Bedarfsgemeinschaft und
durch die Anrechnungsvorschrift in ihren Rechten aus Art 2 Abs 1 GG und
Art 3 Abs 1 GG verletzt. Die erforderliche Normenklarheit sei nicht
gegeben, weil § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II dem Kind keinen durchgreifenden,
das Existenzminimum sichernden Anspruch gegen den Stiefvater einräume.
Die Aufnahme in seinen Haushalt begründe keine konkludente vertragliche
Vereinbarung zur Zahlung von Unterhalt. Widersprüchlich sei, dass der
originär Unterhaltsverpflichtete sein Einkommen um berufsbedingte
Aufwendungen uä bereinigen könne und Unterhalt nur aus dem verbleibenden
Einkommen unter Berücksichtigung eines deutlich höheren Selbstbehalts zu
zahlen sei. Dagegen würden bei dem Stiefvater nur titulierte
Unterhaltsverpflichtungen berücksichtigt. Auch nach Neufassung des § 9
Abs 2 Satz 2 SGB II könne die Vorschrift verfassungskonform nur so
ausgelegt werden, dass die unwiderlegbare Unterstützungsvermutung erst
bei einem, den (höheren) Freibetrag des § 9 Abs 5 SGB II übersteigenden
Einkommen einsetze.
SG Gelsenkirchen
- S 22 AS 281/07 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 20 AS 21/09 -