Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 11. Senats vom 11.3.2014 - B 11 AL 17/12 R -, Urteil des 11. Senats vom 11.3.2014 - B 11 AL 5/13 R -, Urteil des 11. Senats vom 11.3.2014 - B 11 AL 10/13 R -, Urteil des 11. Senats vom 11.3.2014 - B 11 AL 21/12 R -, Urteil des 11. Senats vom 11.3.2014 - B 11 AL 4/14 R -, Urteil des 11. Senats vom 11.3.2014 - B 11 AL 19/12 R -
Kassel, den 4. März 2014
Terminvorschau Nr. 8/14
Der 11. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 11. März 2014 im Elisabeth-Selbert-Saal auf Grund mündlicher Verhandlung über sechs Revisionen aus dem Bereich der Arbeitslosenversicherung und Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit zu entscheiden.
1) 9.30 Uhr - B 11 AL 21/12 R -
Dr. C.S. ./. BA
Der
Kläger war bis 31.7.2007 bei der P.-AG, über deren Vermögen am 1.10.2007
ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, als Berater zu einem monatlichen
Bruttogehalt von 6.000 € zuzüglich einer jährlichen, im Juni fälligen
erfolgsabhängigen Tantieme beschäftigt. Auf seinen Antrag, ihm
Insolvenzgeld (Insg) zu gewähren, zahlte ihm die beklagte Bundesagentur
für Arbeit (BA) für die letzten drei dem Insolvenzereignis
vorausgehenden Monate des Arbeitsverhältnisses (Mai bis Juli 2007)
insgesamt 3.884,63 €. Der Kläger machte geltend, seine vom Arbeitgeber
nicht erfüllten Ansprüche auf das Juli-Gehalt (6.000 €), Teile des
Juni-Gehalts, die im Juni fällige Tantieme für 2006 (2.910 €), eine
anteilige Tantieme für 2007 (5.600 €), eine Urlaubsabgeltung (5.700 €)
sowie aus Reisekostenabrechnungen für Juni (322 €) und Juli (532 €)
seien bis zu einer Summe der dreifachen monatlichen
Beitragsbemessungsgrenze (BBG) von insgesamt (3 x 5.250 € =) 15.750 €
insolvenzgesichert. Die Beklagte lehnte die Zahlung eines höheren Insg
ab; für Mai seien seine Ansprüche vom Arbeitgeber noch voll erfüllt
worden; insoweit stehe ihm kein Insg zu. Das für Juni unbezahlt
gebliebene Gehalt sei bei der Insg-Berechnung voll, dasjenige für Juli
bis zur monatlichen BBG berücksichtigt worden.
Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger für sein über der BBG
liegendes Juli-Einkommen und für die mit dem Juli-Gehalt abgerechnete
Tantieme für das Jahr 2006 weitere 3.660 € brutto sowie für offene
Reisekostenabrechnungen (Juni/Juli) nochmals netto 847,63 € Insg zu
zahlen. Das LSG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten
zurückgewiesen. Bei der Berechnung des Insg seien die für einzelne
Kalendermonate noch offenen Entgeltansprüche (lediglich) durch die Summe
der auf diese Monate entfallenden monatlichen BBG begrenzt.
Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, zur Berechnung des Insg
sei das in jedem Monat des Insolvenzgeldzeitraums ausgefallene
Arbeitsentgelt auf die monatliche BBG und sodann um die üblichen Abzüge
(Steuern, Sozialversicherungsbeiträge) zu kürzen. Eine Addition auf den
dreifachen Wert der BBG und eine Gegenüberstellung der im Insg-Zeitraum
insgesamt offen gebliebenen Ansprüche mit dem Wert der dreifachen
monatlichen BBG sei nicht vorgesehen.
SG Darmstadt
- S 1 AL 104/08 -
Hessisches LSG
- L 9 AL 196/10 -
2) 10.15 Uhr -
B 11 AL 4/14 R - AOK Bayern ./. BA
Die beklagte BA bewilligte der Versicherten (= Arbeitslosen) ab
1.12.2005 für 720 Tage Arbeitslosengeld (Alg). Vom 11. bis 21.3.2007
wurde die Versicherte stationär behandelt und ihr anschließend vom
Rentenversicherungsträger eine vom 21.3. bis 11.4.2007 dauernde
Reha-Maßnahme bewilligt, aus der sie arbeitsunfähig krank entlassen
wurde. Die Beklagte hob die Alg-Bewilligung ab 21.3.2007 (Beginn der
Reha-Maßnahmen mit Übergangsgeldbezug) auf. Für die Zeit nach der
Entlassung aus der Reha-Maßnahme begehrte die Versicherte von der
klagenden Krankenkasse Krankengeld (Krg), das diese ihr ab 12.3.2007
gewährte. Im August meldete sich die Versicherte erneut arbeitslos und
beantragte Alg ab 4.8.2007; dieses wurde ihr ab 4.8.2007 bewilligt. Die
Klägerin verlangte von der Beklagten Erstattung des vom 12. bis 21.4.
2007 an die Versicherte gezahlten Krankengeldes in Höhe von insgesamt
92,90 € mit der Begründung, die Versicherte habe als Bezieherin von Alg
ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit (11.3.2007) für sechs Wochen bis zum
21.4.2007 Anspruch auf Fortzahlung von Alg gehabt. Das SG hat die
Zahlungsklage abgewiesen; die Entscheidung eines Leistungsberechtigten,
nach Aufhebung der Bewilligung von Alg das Krg zu beziehen und Alg
(zunächst) nicht zu beanspruchen, sei zu respektieren.
Mir ihrer Sprungrevision macht die Klägerin geltend, der Anspruch auf
fortzuzahlendes Alg scheitere nicht an der fehlenden Antragstellung,
weil nach der Rechtsprechung des BSG nach erfolgter Alg-Bewilligung und
einer zwischenzeitlichen Aufhebung der Leistungsbewilligung kein
erneuter Antrag auf Alg erforderlich sei.
SG München
- S 36 AL 1154/09 -
3) 11.00 Uhr
- B 11 AL 19/12 R- J. GmbH ./. BA
1 Beigeladene (Versicherte)
Die beklagte BA stellte der beigeladenen Bezieherin von Alg am 27.5.2010
nach § 421g SGB III aF (ab 1.4.2012: § 45 Abs 7 iVm Abs 4 Satz 3 Nr 2
SGB III) einen auf sie lautenden, vom 27.5. bis 25.8.2010 gültigen
Vermittlungsgutschein über 2.000 € aus. In diesem verpflichtet sich die
BA zur Zahlung von 2.000 € an einen von der Beigeladenen eingeschalteten
privaten Arbeitsvermittler für den Fall, dass sie von diesem in eine
mehr als dreimonatige Beschäftigung vermittelt wurde, und zwar 1.000 €
nach einer sechswöchigen, weitere 1.000 € nach mindestens sechsmonatiger
Beschäftigungsdauer. Die Beigeladene schloss im Juni 2010 mit der
Klägerin, einem privaten Unternehmen der Arbeitsvermittlung, einen
Arbeitsvermittlungsvertrag und wurde von dieser sodann in eine vom 19.7.
bis 17.12.2010 befristete Beschäftigung vermittelt. Im September 2010
verlangte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von 1.000 €, was
diese ablehnte. Die Vermittlung sei nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer
des Gutscheins zustande gekommen. Die Gültigkeit des Gutscheins sei vom
Bestehen eines Alg-Anspruchs abhängig. Der Alg-Anspruch der Beigeladenen
sei jedoch erloschen, nachdem diese ‑ ohne dies der Beklagten
mitzuteilen ‑ am 26.4.2010 eine bis zum 28.5.2010 dauernde Arbeit
aufgenommen habe. Damit habe sie auch keinen Anspruch auf den
Vermittlungsgutschein gehabt; denn bei dessen Ausstellung am 27.5.2010
sei sie nicht (mehr) arbeitslos gewesen. Der Vermittler trage das
Risiko, auch bei erfolgreicher Vermittlung seinen Vergütungsanspruch
nicht realisieren zu können, wenn die Ausstellung des
Vermittlungsgutscheins zu Unrecht erfolgt sei.
Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung ihrer ablehnenden Entscheidung
verurteilt, der Klägerin 1.000 € zu zahlen. Das LSG hat die Berufung der
Beklagten zurückgewiesen. Beim Vermittlungsgutschein handle es sich um
einen Verwaltungsakt. Dieser sei hier weder nach § 45 SGB X
zurückgenommen noch nach § 48 SGB X aufgehoben worden und somit
weiterhin wirksam.
Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, der Vermittlungsgutschein
sei kein Verwaltungsakt, sondern in seiner Rechtswirkung abhängig vom
Vorliegen der materiellen Anspruchsvoraussetzungen. Er habe lediglich
deklaratorischen Charakter und verkörpere auch nicht in
wertpapierähnlicher Form einen Leistungsanspruch.
SG Hamburg
- S 14 AL 626/10 -
LSG
Hamburg
- L 2 AL 7/11 -
4) 11.45 Uhr - B
11 AL 17/12 R - P. GmbH ./. BA
Die klagende GmbH, ein kleineres Personalberatungsunternehmen, richtete
erstmalig im Jahr 2008 einen Ausbildungsplatz ein, der mit der 1986
geborenen Katharina P. (Auszubildende) besetzt wurde. Die Auszubildende
ist die Tochter der Geschäftsführerin der Klägerin (GmbH), die zugleich
61 % der Geschäftsanteile hält. Dem einzigen weiteren Mitgesellschafter
steht keine Sperrminorität zu. Die GmbH beantragte bei der beklagten BA
einen Ausbildungsbonus nach der ab 1.4.2012 aufgehobenen Vorschrift des
§ 421r SGB III. Danach erhielten Arbeitgeber unter bestimmten
Voraussetzungen einen Zuschuss für die zusätzliche betriebliche
Ausbildung besonders förderungsbedürftiger Auszubildender. Eine
Förderung war ua ausgeschlossen, wenn die Ausbildung im Betrieb des
Ehegatten, des Lebenspartners, der Eltern oder eines Elternteils
durchgeführt wurde. Die BA lehnte die Gewährung des Ausbildungsbonus ab,
weil die Ausbildung im Betrieb eines Elternteils durchgeführt werde.
Widerspruch, Klage und Berufung hiergegen sind ohne Erfolg geblieben.
Das LSG hat ausgeführt, der Förderungsausschluss gelte auch für von
Kapitalgesellschaften geführte Betriebe. Denn in beiden Fällen gelte
es, Mitnahmeeffekte durch die Förderung von Ausbildungsverhältnissen im
elterlichen Betrieb zu verhindern, von denen zu vermuten sei, dass sie
auch ohne den Ausbildungsbonus zustande gekommen wären. Davon sei hier
auszugehen, weil die Mutter der Auszubildenden die GmbH ‑ ebenso wie
deren Betrieb ‑ als Alleingeschäftsführerin und
Mehrheitsgesellschafterin beherrsche.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, beim Betrieb einer
Kapitalgesellschaft könne es sich nicht um den Betrieb eines Elternteils
handeln. Es sei nicht praktikabel, darauf abzustellen, welchen
tatsächlichen Einfluss ein Familienangehöriger auf einen solchen Betrieb
habe.
SG Düsseldorf
- S 13 AL 57/09 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 9 AL 50/11 -
5) 12.30 Uhr - B
11 AL 10/13 R - M. ./. BA
Der Kläger, ein 1963 geborener selbständiger Rechtsanwalt, begehrt für
drei Tage (1. bis 3.10.2007) höheres Alg. Er war zunächst als abhängig
beschäftigter Rechtsanwalt tätig und später in der
Arbeitslosenversicherung auf Antrag pflichtversichert. Für 2006 war in
seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III, in der seiner Ehefrau
die Lohnsteuerklasse V eingetragen. Im Juli 2006 wurde er Juniorpartner
in einer Anwaltskanzlei. Für das Jahr 2007 ließ er sich
Lohnsteuerklasse V, seine Ehefrau die Lohnsteuerklasse III eintragen.
Der Kläger beantragte am 4.9.2007 einen Gründungszuschuss für eine ab
4.10.2007 beabsichtigte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt. Er
meldete sich am 13.9.2007 zum 1.10.2007 arbeitslos, beantragte Alg,
beendete zum 30.9.2007 den Juniorpartnervertrag und meldete sich zum
4.10.2007 im Hinblick auf seine nunmehr ausgeübte selbständige Tätigkeit
wieder aus dem Alg-Bezug ab. Die beklagte BA bewilligte ihm für den 1.
bis 3.10.2007 Alg, das sie letztlich unter Zugrundlegung der für 2007
eingetragenen Lohnsteuerklasse V festsetzte. Das Begehren des Klägers,
die Lohnsteuerklasse III zu Grunde zu legen, lehnte sie ab. Die
Feststellung der Lohnsteuer richte sich nach der Lohnsteuerklasse, die
zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstehe, auf der
Lohnsteuerkarte eingetragen sei. Widerspruch, Klage und Berufung des
Klägers sind ohne Erfolg geblieben.
Der Kläger macht mit seiner Revision geltend, als Selbständiger habe er
keine Lohnsteuer zu entrichten. Deshalb könne die eingetragene
Lohnsteuerklasse V nicht maßgeblich sein. Vielmehr müsse sein Alg nach
Klasse III berechnet werden. Zwar hätte er einen
Lohnsteuerklassenwechsel veranlassen können. Ein solcher wäre aber
(lohnsteuerrechtlich) nachteilig gewesen. An eine falsche oder
unzweckmäßige Lohnsteuerklassenwahl sei er nicht gebunden. Es sei die
Steuerklasse zugrunde zu legen, die den tatsächlichen
Lebensverhältnissen entspreche. Nach dem Gewicht der erzielten Einkünfte
wäre für ihn die Lohnsteuerklasse III, für seine Ehefrau V die
sachgerechte Steuerklasse.
SG Magdeburg
- S 14 AL 356/08 -
LSG
Sachsen-Anhalt
- L 2 AL 21/11 -
6) 13.15 Uhr
- B 11 AL 5/13 R - G. ./. BA
Der Kläger ist als Grafiker beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) in
Mainz beschäftigt. Er wird seit 1992 fortlaufend auf Grund jeweils für
einen Monat geschlossener Arbeitsverträge in monatlich unterschiedlichem
Umfang zur Produktion von Standbildern, Karten und Erklärungen
herangezogen. Die Arbeitsverträge geben als Beschäftigungszeiten den
ersten bis letzten Tag des entsprechenden Monats an und teilen dem
Arbeitnehmer mit, dass er während dieses Zeitraums nach Maßgabe der
zuständigen Betriebsbüros an einer unterschiedlichen Anzahl von Tagen,
deren Angabe mit "circa" erfolgt, zur Verfügung stehen muss. Das
Tagesbruttohonorar wird mit 223,37 € angegeben. Seit 1996 war der Kläger
zwischen 173 und 242 Tagen in dieser Weise eingesetzt. Bei vereinbarter
regelmäßiger Arbeitszeit von 40 Sunden/Woche können die Einsatztage oder
Schichtzeiten noch nachträglich geändert werden bzw die Einsätze sich
durch erkrankte oder ausgefallene Kollegen noch nachträglich verschieben
oder erweitern. Das ZDF verlangt vom Kläger erste Priorität und höchste
Flexibilität bezüglich der Einsatzmöglichkeiten und Arbeitszeiten, lässt
es aber im Arbeitsvertrag zu, dass der Kläger auch für andere
Arbeitgeber arbeitet, was bisher nicht vorgekommen ist. Der Kläger hat
Anspruch auf 30 Urlaubstage im Jahr; den Urlaub muss er sechs Wochen vor
Urlaubsantritt einreichen.
Der Kläger meldete sich seit 1999 für die Tage, an denen eine
Beschäftigung nicht stattfand, arbeitslos und erhielt jeweils für die
Zeiten zwischen seinen arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitstagen Alg,
zuletzt für die Zeit vom 28.5 bis 1.6.2007. Seinen Antrag vom 5.5.2008,
ihm auch vom 26.5. bis 5.6.2008 Alg zu gewähren, lehnte die BA ab.
Widerspruch, Klage und Berufung hiergegen sind ohne Erfolg geblieben.
Das LSG hat ausgeführt, der Kläger sei in dieser Zeit nicht arbeitslos
gewesen, weil er in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Nach
den gesamten Umständen sei davon auszugehen, dass zwischen dem Kläger
und dem ZDF trotz der auf einen Monat befristeten Arbeitsverträge ein
auf Dauer gerichtetes Rechtsverhältnis bestehe. Entsprechende "freie
Mitarbeiter" seien umfassend in den Betrieb des ZDF eingegliedert und
abgesichert. Das Weisungs- und Direktionsrecht des ZDF gegenüber dem
Kläger sei umfassend.
Das LSG hat die Revision mit Hinweis darauf zugelassen, dass allein beim
ZDF ca 1.000 Personen wie der Kläger beschäftigt würden. Der Kläger hat
die Revision eingelegt. Er ist der Meinung, in den Zeiten zwischen
seinen Beschäftigungszeiten, für die er vom ZDF kein Arbeitsentgelt
erhalten habe, beschäftigungslos in sog leistungsrechtlichen Sinn
gewesen zu sein.
SG
Mainz
- S 4 AL 136/09 -
LSG Rheinland-Pfalz
- L 1 AL 2/12 -