Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 1. Senats vom 15.12.2015 - B 1 KR 30/15 R -
Medieninformation Nr. 29/15
Krankenkassen müssen nur palliativ eingesetzte anthroposophische Mistelpräparate bezahlen
Die beklagte Krankenkasse lehnte die
Übernahme der Kosten für das anthroposophische nicht
verschreibungspflichtige Arzneimittel Iscador M ab. Das Sozialgericht
hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben.
Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am Dienstag, dem 15. Dezember
2015, aufgrund mündlicher Verhandlung die Revision der Klägerin
zurückgewiesen: Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit dem
nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel Iscador M zur adjuvanten
Krebstherapie. Apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige
Arzneimittel wie das Mistelpräparat Iscador M sind von der
Arzneimittelversorgung nach dem SGB V grundsätzlich ausgeschlossen. Der
Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat Mistelpräparate ausschließlich
beschränkt auf den Einsatz in der palliativen Therapie in die Liste der
verordnungsfähigen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel
aufgenommen. Die Anwendungsbeschränkung "in der palliativen Therapie"
gilt auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen. Der
Gemeinsame Bundesausschuss verfügt über eine hinreichende demokratische
Legitimation, durch Richtlinien festzulegen, welche nicht
verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung
schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung
bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise
verordnet werden können.
Az.: B 1 KR 30/15 R -
B.S. ./. Bosch BKK
Hinweis
zur Rechtslage:
§ 2 SGB V Leistungen
(1)
1Die
Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten
Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des
Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, …
2Behandlungsmethoden,
Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen
sind nicht ausgeschlossen. …
§ 34 SGB V
Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel
(1) 1Nicht
verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der
Versorgung nach § 31 ausgeschlossen.
2Der
Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92
Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht
verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der
Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard
gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung
vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können.
3Dabei ist der
therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. …
(3) …
2Bei der
Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen
Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen
und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen
Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen. …
§ 12 AM-RL
(6)
1Für die in
der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete kann die
behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt bei
schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der
Anthroposophie und Homöopathie verordnen, sofern die
Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete
(seit 21.6.2012: und Anwendungsvoraussetzungen) nach dem
Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen
Therapierichtung angezeigt ist. …
Anlage I
zum Abschnitt F der Arzneimittel-Richtlinie - Zugelassene
Ausnahmen zum gesetzlichen Verordnungsausschluss nach § 34
Abs. 1 Satz 2 SGB V (OTC-Übersicht)
…
Schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika zu
deren Behandlung sind:
…
32.
Mistel-Präparate, parenteral, auf Mistellektin normiert, nur
in der palliativen Therapie von malignen
Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität.