Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 1. Senats vom 25.10.2016 - B 1 KR 22/16 R -, Urteil des 1. Senats vom 25.10.2016 - B 1 KR 7/16 R -, Urteil des 1. Senats vom 25.10.2016 - B 1 KR 19/16 R -, Urteil des 1. Senats vom 25.10.2016 - B 1 KR 11/16 R -, Urteil des 1. Senats vom 25.10.2016 - B 1 KR 6/16 R -, Urteil des 1. Senats vom 25.10.2016 - B 1 KR 16/16 R -, Urteil des 1. Senats vom 25.10.2016 - B 1 KR 18/16 R -, Urteil des 1. Senats vom 25.10.2016 - B 1 KR 9/16 R -
Kassel, den 26. Oktober 2016
Terminbericht Nr. 41/16
(zur Terminvorschau Nr. 41/16)
Der 1. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 25. Oktober 2016.
1) Die Revision der beklagten
Krankenkasse ist iS der Zurückverweisung der Sache an das
Berufungsgericht erfolgreich gewesen. Der Senat kann nicht entscheiden,
ob die Vergütungsforderungen der klagenden Krankenhausträgerin durch
Aufrechnung erloschen. Es steht mangels hinreichender Feststellungen des
LSG nicht fest, ob die Beklagte Anspruch auf Erstattung von 1322,33 Euro
hatte. In diesem Fall rechnete sie wirksam hiermit gegen die der
Klägerin zustehenden Ansprüche auf. Die im Zusammenhang mit der
Sammelüberweisung erklärte Aufrechnung war insbesondere hinreichend
bestimmt. Wird bei einer Mehrheit von Forderungen die Aufrechnung ohne
eine Bestimmung erklärt, welche Forderungen gegeneinander aufgerechnet
werden sollen, ist die nach § 366 Abs 2 BGB vorgesehene
Tilgungsreihenfolge maßgebend. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier -
sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner mehrere Forderungen geltend
machen.
SG München
- S 50 KR 509/11 -
Bayerisches LSG
- L 5 KR 284/13 -
Bundessozialgericht
- B 1 KR 7/16 R -
2) Die Revision
der beklagten Krankenkasse ist iS der Zurückverweisung der Sache an
einen anderen Senat des LSG erfolgreich gewesen. Der erkennende Senat
kann nicht entscheiden, ob die Vergütungsforderungen der klagenden
Krankenhausträgerin durch Aufrechnung erloschen. Es steht mangels
hinreichender Feststellungen des LSG nicht fest, ob die Beklagte
Anspruch auf Erstattung von 1837,57 Euro hatte. In diesem Fall rechnete
sie wirksam hiermit gegen die der Klägerin zustehenden Ansprüche auf.
Die Aufrechnung ist gesetzlich nicht ausgeschlossen. Ein Schuldner kann
mit bestrittenen, aber existenten Forderungen aufrechnen. Auch aus der
anzuwendenden Pflegesatzvereinbarung 2010 ergibt sich nichts anderes.
Sie sieht weder einen Aufrechnungsausschluss vor noch könnte sie mangels
Ermächtigungsgrundlage eine solche Regelung wirksam treffen. Die
Aufrechnung scheitert auch nicht an der Fälligkeit des
Erstattungsanspruchs, wie das LSG meint. Dessen Auslegung erfolgt ohne
erkennbaren Anknüpfungspunkt objektiv willkürlich und widerspricht dem
gesetzlichen Regelungsgehalt der Fälligkeit (§ 271 BGB). Zudem fehlt es
an einer Ermächtigungsgrundlage, Fälligkeitsregelungen für
Erstattungsforderungen in einer Pflegesatzvereinbarung zu vereinbaren.
Im Übrigen war die Aufrechnungserklärung hinreichend bestimmt.
SG München
- S 29 KR 1007/11 -
Bayerisches LSG
- L 5 KR 244/13 -
Bundessozialgericht
- B 1 KR 9/16 R -
3) Die Revision
der beklagten Krankenkasse ist iS der Zurückverweisung der Sache an
einen anderen Senat des LSG erfolgreich gewesen. Es steht mangels
hinreichender Feststellungen des LSG nicht fest, ob der Klägerin ein
Anspruch auf Vergütung der Behandlung der Versicherten zusteht. Die
Ableitung eines unbedingten, fälligen Zahlungsanspruchs eigener Art aus
§ 15 Pflegesatzvereinbarung 2007 (PSV) verletzt Bundesrecht. Weder kann
eine Pflegesatzvereinbarung wirksam eine Anspruchsgrundlage für die
Vergütung nicht erforderlicher Krankenhausbehandlung GKV-Versicherter
begründen noch formulierte § 15 PSV eine solche. Die entgegenstehende
Auslegung des LSG ist objektiv willkürlich und erklärt sich mit der
Absicht, bundesrechtliche Vorgaben nach der ständigen
höchstrichterlichen Rechtsprechung auszuhebeln. Danach bestimmt sich die
Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung allein nach objektiven
medizinischen Erfordernissen. Sie unterliegt keinem Einschätzungsvorrang
des verantwortlichen Krankenhausarztes.
SG Würzburg
- S 3 KR 378/07 -
Bayerisches LSG
- L 5 KR 493/12 -
Bundessozialgericht
- B 1 KR 6/16 R -
4) Der Senat hat
auf die Revision der beklagten Krankenkasse die Klage abgewiesen. Der
klagenden Krankenhausträgerin steht keine Aufwandspauschale von 300 Euro
nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V zu. Der Anwendungsbereich dieser gegen
missbräuchliche Prüfbegehren gerichteten, eng auszulegenden Norm erfasst
nach allen Auslegungsmethoden nur Prüfbegehren, die mit Hilfe des MDK
die Wirtschaftlichkeit der Behandlung kontrollieren sollen. Die
Gesetzesänderung zum 1.1.2016 hat keine Rückwirkung. Vorliegend
betroffen ist die eigenständige Prüfung der sachlich-rechnerischen
Richtigkeit. Sie kontrolliert, dass das Krankenhaus seine Informations-
und Abrechnungspflichten durch zutreffende tatsächliche Angaben und
rechtmäßige Abrechnung erfüllt. Das Prüfungsrecht entspricht seit jeher
den allgemeinen Grundsätzen der Rechnungsprüfung des Bürgerlichen
Rechts. Diese gelten entsprechend für Abrechnungen der Krankenhäuser.
Ihnen kommt seit Einführung der zwingenden Abrechnung von Fallpauschalen
besondere Bedeutung zu. Die hierauf abgestimmte Pflicht der
Krankenhäuser, die Krankenkassen über die Abrechnungsgrundlagen zu
informieren, zielt gerade auf das eigenständige Prüfregime der
sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Das Gesetz begünstigt jedenfalls bis
zum Ablauf des 31.12.2015 keine in tatsächlicher Hinsicht möglicherweise
unzutreffenden, irreführenden, vermögenschädigenden oder gar
strafrechtlich relevanten Abrechnungen, indem es hierbei unzutreffende
Angaben durch ein zeitliches Prüffenster von sechs Wochen und
anschließende Verwertungsverbote vor Entdeckung schützt.
SG
Hannover
- S 2 KR 188/11 -
LSG Niedersachsen-Bremen
- L 16/4 KR 208/13 -
Bundessozialgericht
- B 1 KR 22/16 R -
5) - 7) Die Sprungrevisionen der beklagten
Krankenkassen sind aus den unter 4) genannten Gründen erfolgreich
gewesen. Eine Aufwandspauschale von jeweils 300 Euro steht den klagenden
Krankenhausträgerinnen nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V nicht zu.
5)
SG Detmold
- S 3 KR 182/15 -
Bundessozialgericht
- B 1 KR 16/16 R -
6) SG Darmstadt
- S 8 KR 353/15 -
Bundessozialgericht
- B 1 KR 18/16 R -
7) SG Darmstadt
- S 8 KR 408/15 -
Bundessozialgericht
- B 1 KR 19/16 R -
8) Der Senat hat
auf die Revision der beklagten Bundesrepublik das LSG-Urteil aufgehoben
und die Klage abgewiesen. Die klagende Krankenkasse kann nicht
beanspruchen, für ihre Auslandsversicherten mehr Zuweisungen als
zuerkannt zu erhalten. Die Beklagte begrenzte rechtmäßig bereits für den
Jahresausgleich 2013 die Höhe dieser Zuweisungen auf die tatsächlichen
Leistungsausgaben für diese Versichertengruppe. Die Beklagte durfte nach
Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Zweck der zum
1.8.2014 in Kraft getretenen verfassungskonformen Rechtsgrundlagen für
Auslandsfälle so verfahren. Der jeweilige endgültige Jahresausgleich ist
erst bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Jahres - hier
also 2014 - durchzuführen. Die Rechtsänderungen bewirkten eine zulässige
unechte Rückwirkung. Sie regeln lediglich Rechtsverhältnisse für
Zeiträume nach ihrer Verkündung, die zuvor bloß durch vorläufige
Zuweisungen geregelt waren. Das schutzwürdige Bestandsinteresse der
Klägerin überwiegt nicht gegenüber dem Interesse an einer zielgenaueren,
gerechteren Eingrenzung der Zuweisungen für Auslandsversicherte.
LSG Nordrhein-Westfalen
- L 5 KR 745/14 KL -
Bundessozialgericht
- B 1 KR 11/16 R -