Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 1. Senats vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R -
Medieninformation Nr. 6/16
Leistungsbewilligung durch Schweigen
Die beklagte Krankenkasse lehnte den
Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für 25 Sitzungen
psychotherapeutische Leistungen als Langzeittherapie erst nach erst
knapp sechs Wochen ab, ohne ihn über die Einholung eines Gutachtens zu
informieren. Er verschaffte sich die Leistung für 2200 Euro selbst und
verlangte Erstattung, die ihm die Vorinstanzen zuerkannten.
Der
1. Senat des Bundessozialgerichts hat am Dienstag, dem 8. März 2016,
aufgrund mündlicher Verhandlung die Revision der Beklagten
zurückgewiesen: Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung von 2200 Euro.
Sein nach dem 25. Februar 2013 gestellter, nicht auf eine Geldleistung
oder medizinische Reha gerichteter bestimmter Antrag gilt als genehmigt.
Der Kläger durfte die begehrte Therapie, die nicht offensichtlich
außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung
liegt, aufgrund der Einschätzung seiner Therapeutin für erforderlich
halten. Die Beklagte entschied über den Antrag nicht binnen drei Wochen,
ohne hierfür Gründe mitzuteilen. Die Leistung war auch noch im Zeitpunkt
der Beschaffung erforderlich. Denn der Kläger beachtete Art und Umfang
der fingierten Genehmigung. Sie hatte sich bei Beschaffung nicht
erledigt, wie es etwa bei ärztlicher Feststellung einer Gesundung
möglich gewesen wäre. Die Beklagte nahm die Genehmigung nicht zurück,
was beim Fehlen von Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion denkbar
wäre, indem sie die Leistung verspätet ablehnte. Durch die
Selbstbeschaffung entstanden dem Kläger 2200 Euro Kosten.
Az.: B 1 KR 25/15 R
O. L. ./. DRV Knappschaft-Bahn-See
Hinweise zur Rechtslage:
§ 13 Abs 3a SGB V
(idF durch Art 2 Abs 1 PatRVerbG vom 20.2.2013, BGBl I 277, mWv
26.2.2013):
(3a) Die Krankenkasse hat über einen
Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei
Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine
gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen
Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst),
eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu
entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche
Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich
einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu
unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei
Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für
Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die
Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu
entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen
Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4
nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter
Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine
Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach
Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich
Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche
Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der
hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse
berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich
über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten
oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14, 15 des Neunten
Buches zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst
beschaffter Leistungen.