Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 13. Senats vom 12.4.2017 - B 13 R 15/15 R -, Urteil des 13. Senats vom 12.4.2017 - B 13 R 12/15 R -, Urteil des 13. Senats vom 12.4.2017 - B 13 R 14/16 R -, Urteil des 13. Senats vom 12.4.2017 - B 13 R 25/14 R -
Kassel, den 13. April 2017
Terminbericht Nr. 15/17
(zur Terminvorschau Nr. 15/17)
Der 13. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 12. April 2017.
1) Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des LSG Berlin-Brandenburg vom 12.3.2015 hatte keinen Erfolg. Der Kläger
hat keinen Anspruch auf eine vorgezogene Altersrente für
schwerbehinderte Menschen nach § 236a SGB VI ab dem 1.1.2011. Zwar hatte
der Kläger zu Beginn der beantragten Altersrente das 60. Lebensjahr
vollendet und die Wartezeit erfüllt. Trotz des Verlustes der fünf Finger
seiner rechten Hand war er jedoch weder erwerbs‑ noch berufsunfähig.
Auch lagen die Voraussetzungen der Anerkennung als
schwerbehinderter Mensch iS des § 2 Abs 2 SGB IX nicht vollständig vor.
Zwar ist bei dem Kläger ein GdB von 50 vom Versorgungsamt anerkannt und
ihm ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt worden. § 236a Abs 1 Nr 2
SGB VI verlangt jedoch auf Grund des Verweises auf § 2 Abs 2 SGB IX
daneben einen Inlandsbezug. Denn nach § 2 Abs 2 SGB IX sind Menschen im
Sinne des Teils 2 ‑ des SGB IX ‑ schwerbehindert, wenn bei ihnen ein
Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz,
ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem
Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses
Gesetzbuches haben. Der Kläger hatte zum Zeitpunkt des beantragten
Rentenbeginns nach den bindenden Feststellungen des LSG seinen
gewöhnlichen Aufenthalt in Paraguay.
§ 236a SGB VI ist ‑ im
Gegensatz zur Auffassung des Klägers ‑ so zu verstehen, dass mit dem
Hinweis auf § 2 Abs 2 SGB IX nicht allein die Voraussetzung der
Schwerbehinderung mit einem GdB von mindestens 50, sondern auch der dort
geforderte gewöhnliche Aufenthalt im Inland in Bezug genommen wird.
Diese Auslegung entspricht der gesetzlichen Entwicklung der
rentenrechtlichen Regelung und folgt aus dem Sinn und Zweck des § 236a
SGB VI. Denn die Altersrente für schwerbehinderte Menschen fügt sich
insoweit ins System der Rechte schwerbehinderter Menschen ein, als sie
das Ausscheiden aus dem Arbeitsleben erst ermöglicht, wenn das mit dem
SGB IX verfolgte Ziel des Ausgleichs der Behinderung in Arbeit, Beruf
und Gesellschaft durch Teilhabeleistungen im Alter ‑ im streitigen
Zeitraum noch von 60 Jahren ‑ typisierend nicht mehr erreicht werden
kann. Dabei wird pauschalierend an den inländischen Arbeitsmarkt
angeknüpft, an dem sich die Teilhabeleistungen des SGB IX grundsätzlich
ausrichten. Dieser prägt auch den sozialen Ordnungsrahmen für die
Ausgestaltung des Rentenversicherungsrechts.
Der Kläger kann
sich im Hinblick auf den "gewöhnlichen Aufenthalt" auch nicht auf
Feststellungen der Versorgungsverwaltung im Bescheid über den GdB oder
den Schwerbehindertenausweis berufen. Der Bescheid entfaltet insoweit
keine Bindungswirkung gegenüber dem Rentenversicherungsträger. Diese
beschränkt sich darauf, worüber die Versorgungsverwaltung auf Grund
ihrer besonderen Sachkompetenz entschieden hat ‑ die Höhe des GdB.
Es verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, dass § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB
VI einen Inlandsbezug nach § 2 Abs 2 SGB IX fordert. Die Differenzierung
knüpft hier nicht an die Behinderung an, sondern erfolgt nach dem
Territorialitätsprinzip. Diese Unterscheidung ist sachgerecht. Denn mit
der vorliegend beschriebenen Ausformung des Territorialitätsprinzips
beschränkt sich der Gesetzgeber im Rahmen seiner aus dem
Sozialstaatsgebot folgenden Einstandspflicht gegenüber Menschen mit
Behinderung zulässig auf sozial relevante Tatbestände im Inland.
SG Frankfurt/Oder
- S 29 R 921/11 -
LSG Berlin-Brandenburg
- L 8 R 533/12 -
Bundessozialgericht
- B 13 R 15/15 R -
2) Die Klägerin
ist mit ihrem Begehren nach einer höheren Altersrente erfolglos
geblieben. Die Beklagte hat der Berechnung ihrer Rente ‑ soweit sie
zwischen April 1966 und Juni 1990 in Westberlin wohnhaft und bei einem
Unternehmen der DDR, hier bei der Deutschen Reichsbahn, tätig war (im
Folgenden "West-Reichsbahner") ‑ zutreffend die Werte der Anlage 11 zum
FRG gem § 256a Abs 3a SGB VI zugrunde gelegt.
Von der
Verfassungswidrigkeit dieser Regelung vermochte sich der Senat nicht zu
überzeugen. Es liegt insoweit weder ein Verstoß gegen Art 3 GG noch
gegen Art 14 GG vor.
Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor
dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit zwar nicht
jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht auf
Gleichbehandlung, wenn er eine Gruppe im Vergleich zu einer anderen
Gruppe anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine
Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die
ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Eine sachlich andere
Behandlung der Rentenanwartschaften der hier betroffenen Personengruppe
der "West-Reichsbahner" gegenüber denjenigen, 1) die ihre
Beschäftigungszeiten bei der Deutschen Bundesbahn im Westen (§§ 70 iVm
256 SGB VI) oder 2) die sie ausschließlich auf dem Gebiet der DDR
zurückgelegt und ihren Wohnsitz ebenfalls dort hatten (§ 256a Abs 1 bis
3 SGB VI) oder 3) deren Beitragsbemessungsgrundlage nicht nachgewiesen
ist (§ 256c Abs 3 SGB VI), rechtfertigt sich bereits aus den
unterschiedlichen Erwerbsbiographien und den damit verbundenen
rechtlichen Möglichkeiten Rentenanwartschaften aufzubauen. Die hier auf
dem Prüfstand stehende Vorschrift des § 256a Abs 3a SGB VI gleicht die
Vor‑ und Nachteile, die die Anwendung der für die anderen zuvor
benannten Personengruppen bei der Rentenberechnung zugrunde zu legenden
Vorschriften für die "West-Reichsbahner" nach sich ziehen würden, aus
und berücksichtigt sachgerecht die unterschiedlichen tatsächlichen
Beschäftigungsverhältnisse.
Auch eine Verletzung von Art 3 Abs 2
und Abs 3 GG liegt nicht vor. Weder das Gleichberechtigungsgebot des
Art 3 Abs 2 GG noch der Diskriminierungsschutz wegen des Geschlechts
nach Art 3 Abs 3 GG sind hier durch die Berücksichtigung
unterschiedlicher Tabellenwerte nach den Anlagen 9 und 11 zum FRG für
Männer und Frauen in Folge des Anwendungsbefehls des § 256a Abs 3a
SGB VI verletzt. Unabhängig davon, ob bei der Reichsbahn Männer und
Frauen für die gleiche Tätigkeit Entgelt in der gleichen Höhe erhalten
haben, folgt hieraus keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, dies für
den streitigen Zeitraum auch in der Rentenleistung der
"West-Reichsbahner" nach dem SGB VI widerzuspiegeln. Diese
Personengruppe hat ihre Tätigkeit bis zur Wiedervereinigung im Vertrauen
auf eine (beitragslose) Rentenleistung im Alter nach dem
Fremdrentenrecht und von einem Rentenversicherungsträger der
Bundesrepublik verrichtet. Die Leistungsberechnung auf Grundlage des
Fremdrentenrechts ist jedoch von dem Eingliederungsgedanken getragen;
Personen, die keine Beiträge zu einem bundesdeutschen
Rentenversicherungssystem entrichtet haben, sollten Versicherten in
Westdeutschland gleichgestellt werden, indem in den Tabellenwerten zum
FRG die bundesrepublikanischen Verhältnisse abgebildet wurden. Dies
bedeutet jedoch zugleich im Sinne einer zur Regelung von
Massenerscheinungen erforderlichen Typisierung, unterschiedliche
Tabellenwerte für Männer und Frauen in dem hier strittigen Zeitraum
zugrunde zu legen. Denn in Westdeutschland war das Erwerbseinkommen von
Frauen im Durchschnitt niedriger als das von Männern, insbesondere weil
das Erwerbsverhalten, aber auch die Erwerbsbedingungen für Frauen in
Westdeutschland andere waren als für Männer ‑ und auch nach wie vor
sind ‑. Eine Anhebung der Tabellenwerte für weibliche Beschäftigte auf
das Niveau für männliche für die Zeit vor der Wiedervereinigung hätte
daher eine Bevorzugung gegenüber weiblichen Beschäftigten in
Westdeutschland bei der Rentenbemessung bedeutet. Angesichts dessen war
der Gesetzgeber berechtigt, seinen Gestaltungsspielraum in Abwägung
kollidierender verfassungsrechtlicher Positionen und zur Bewältigung der
historisch einmaligen Aufgabe der Wiedervereinigung so zu nutzen, dass
der Rentenberechnung der "West-Reichsbahner" auch nach der
Wiedervereinigung für Beitragszeiten bis Juni 1990 die Tabellenwerte des
FRG zugrunde zu legen sind.
Die Regelung des § 256a Abs 3a
SGB VI bewirkt auch keinen verfassungswidrigen Eingriff in eine
eigentumsrechtlich geschützte Rentenanwartschaft der Klägerin. Die in
der DDR erworbenen Anwartschaften und Ansprüche gegen deren
Sozialversicherung haben erst mit der Wiedervereinigung durch und nach
Maßgabe des Einigungsvertrags Eigentumsschutz iS von Art 14 Abs 1 S 1 GG
erlangt. Selbst wenn die Klägerin auf Grund dessen zwischen dem 1.1.992
mit dem Inkrafttreten des § 256a SGB VI bis zum 31.12.1995 hätte davon
ausgehen können, ihre Altersrente werde auf derselben Grundlage
berechnet wie die von im Beitrittsgebiet Beschäftigten und dort
wohnhaften, die Beiträge zur Sozialversicherung der DDR entrichtet
hatten, verletzt die Einführung der Sonderregelung des § 256a Abs 3a
SGB VI sie nicht unverhältnismäßig in ihrer durch den Einigungsvertrag
zu schutzwürdigem Eigentum erstarkten Rentenanwartschaft. Die
Verlängerung der Anwendbarkeit des FRG auch für nicht rentennahe
Jahrgänge ab dem 1.1.196 ist unter Berücksichtigung der vorangegangenen
Ausführungen geeignet, erforderlich und im engeren Sinne verhältnismäßig
die Folgen der Wiedervereinigung im Rentenversicherungsrecht zu
bewältigen, insbesondere der speziellen Situation der
"West-Reichsbahner" im Verhältnis zu dem Personenkreis, der von § 256a
Abs 1 bis 3 SGB VI erfasst wird, und dem der "Bundesbahner" gerecht zu
werden.
SG Berlin
- S 14 R 2554/09 -
LSG Berlin-Brandenburg
- L 3 R 608/10 -
Bundessozialgericht
- B 13 R 25/14 R -
3) Der Kläger
ist mit seiner Revision nicht durchgedrungen. Die Beklagte hat den
Altersrentenbescheid aus dem Jahre 2002 zu Recht geändert. Durch den
Umzug des Klägers im Jahre 2007 von Baden-Württemberg nach Sachsen ist
eine wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse iS des § 48
Abs 1 S 1 SGB X eingetreten. In Folge dessen waren für nach dem FRG
anerkannte Zeiten gem Art 6 § 4 Abs 6 S 1 Halbs 1 Buchst c FANG
Entgeltpunkte (Ost)
Der
Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Anwendung der
Übergangsregelung des Art 6 § 4 Abs 6 S 1 Halbs 1 Buchst c FANG hier zu
einem Grundrechtsverstoß führt.
Ein Verstoß gegen Art 14 Abs 1
GG liegt nicht vor. Danach wird das Eigentum gewährleistet. Inhalt und
Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Zwar unterliegen
Rentenanwartschaften und zu einem Vollrecht erstarkte Rentenansprüche,
wenn sie auf rentenrechtlichen Zeiten beruhen, die in Deutschland
zurückgelegt worden sind, grundsätzlich dem Schutz des Art 14 Abs 1 S 1
GG. Ob dies auch für Rentenanwartschaften/-ansprüche gilt, die sowohl in
Deutschland, als auch im Herkunftsland nach dem FRG zurückgelegte
rentenrechtliche Zeiten beinhalten, kann hier dahinstehen. Denn die
Übergangsregelung des Art 6 § 4 Abs 6 S 1 Halbs 1 Buchst c FANG stellt
eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung iS des Art 14 Abs 1 S 2
GG dar. Die den Umfang des Rentenanspruchs hier reduzierende ‑ soeben
benannte ‑ Inhaltsbestimmung dient dem Gemeinwohlzweck der Bewältigung
der Aufgaben der Wiedervereinigung.
Der ursprünglich dem
Fremdrentenrecht zugrunde liegende Gedanke, den vertreibungsbedingten
Verlust von Rentenanwartschaften aus Fürsorgegründen durch Eingliederung
bzw Integration in das deutsche Rentenversicherungssystem auszugleichen,
verlor im Zuge der Wiedervereinigung zunächst für DDR-Übersiedler
weitgehend seine Legitimation. Zudem war den unterschiedlichen Lebens-
und Wirtschaftsverhältnissen im Beitrittsgebiet und den alten
Bundesländern Rechnung zu tragen. Mit der Rentenüberleitung wurde dies
durch die Sonderbewertungsvorschriften (Ost), zu denen insbesondere die
EP‑Ost und der aRW‑Ost gehören, ins Werk gesetzt. Aussiedler wurden mit
der angegriffenen Regelung ‑ je nach Aufenthaltsort ‑ von dieser
Strukturanpassung erfasst. Dies ist auch verhältnismäßig. Denn die
Beibehaltung des bisherigen Eingliederungsstandards für alle Aussiedler
wäre nicht nur für die Rentenversicherungsträger mit erheblichen
finanziellen Lasten verbunden gewesen, sondern hätte darüber hinaus eine
nicht begründbare Besserstellung gegenüber früheren DDR‑Bürgern
bedeutet. Die Anwendung von EP‑Ost bei einem Umzug ins Beitrittsgebiet
steht auch nicht außer Verhältnis zum Individualinteresse des Klägers,
seine Rente in bisheriger Höhe zu behalten; die Reduzierung seines
Rentenzahlbetrags ist ihm zumutbar. Eine Einbuße bei der Anzahl der EP
erfolgt durch die Regelung des Art 6 § 4 Abs 6 S 1 Buchst c FANG nicht.
Von der Änderung betroffen ist ausschließlich die Bewertung der
FRG‑Zeiten, die nicht auf Beitragsleistungen zu Gunsten der
versicherungsrechtlichen Solidargemeinschaft beruhen.
Der
Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Soweit es um
die Bewertung der rentenrechtlichen Zeiten geht, vermittelte der
Vormerkungsbescheid vom 25.11.1985 über die Anerkennung
rentenrechtlicher Zeiten keinen Vertrauensschutz bezüglich der Höhe der
Rente. Die bloße Erwartung des Klägers, er werde in einer bestimmten
Höhe leistungsberechtigt sein, ist verfassungsrechtlich grundsätzlich
nicht geschützt. Durch den Hinweis der Beklagten im Bewilligungsbescheid
der Altersrente war der Kläger über die Rechtslage hinreichend
informiert und konnte sich frühzeitig darauf einstellen.
Auch in
das Recht des Klägers auf Freizügigkeit gem Art 11 Abs 1 GG wird durch
die Zugrundelegung von EP‑Ost nach seinem Umzug ins Beitrittsgebiet
nicht eingegriffen. Nach Art 11 Abs 1 GG genießen alle Deutschen im
ganzen Bundesgebiet Freizügigkeit. Unter Freizügigkeit ist das Recht zu
verstehen, unbehindert durch die deutsche Staatsgewalt an jedem Ort
innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen. Ein
unmittelbarer Eingriff in die Freizügigkeit wird durch Art 6 § 4 Abs 6
Halbs 1 FANG nicht bewirkt. Ebenso wenig liegt ein mittelbarer Eingriff
vor, denn die Minderung des Rentenzahlbetrags nach dem Umzug in das
Beitrittsgebiet ist von Wirkung und Zielsetzung her nicht mit einem
unmittelbaren Eingriff in die Freizügigkeit vergleichbar. Dies wird auch
nicht durch das Festhalten an der Rentenminderung für den Fall des
Rückumzugs in das Gebiet der alten Bundesländer bewirkt. Sie zielt - wie
der Kläger selbst einräumt - nicht darauf ab, FRG‑Berechtigte von einem
Umzug in das Beitrittsgebiet abzuhalten. Mit Art 6 § 4 Abs 6 S 1
Buchst c FANG wird vielmehr - wie bereits dargelegt - die
wirtschaftliche Eingliederung des Klägers in das Rentengefüge des
Beitrittsgebiets bezweckt. Ein durch Art 14 Abs 1 GG nicht erreichter
Grundrechtsschutz kann hier nicht über Art 11 Abs 1 GG bewirkt werden.
SG Dresden
- S 26 R 1360/10 -
Sächsisches LSG
- L 5 R 616/12 -
Bundessozialgericht
- B 13 R 12/15 R -
4) Das klagende
Jobcenter ist mit seiner Revision erfolgreich gewesen. Es hat einen
Erstattungsanspruch gegen den beklagten RV‑Träger in Höhe von 221,59
Euro für das der Leistungsberechtigten des Klägers aufstockend erbrachte
Alg II während der von der Beklagten durchgeführten medizinischen
Maßnahme der Rehabilitation auf Grundlage von § 102 SGB X iVm § 25
SGB II.
Nach § 102 Abs 1 SGB X hat ein Leistungsträger Anspruch
auf Kostenerstattung, der auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig
Sozialleistungen erbracht hat. Die Vorschrift gilt im Anwendungsbereich
des § 25 SGB II entsprechend. Hierbei richtet sich gem § 102 Abs 2 SGB X
der Erstattungsanspruch des Klägers nach den für ihn geltenden
Rechtsvorschriften, ist also auf denjenigen Umfang beschränkt, in dem er
zu Recht Leistungen gem § 25 S 1 SGB II erbracht hat. Nach § 25 S 1
SGB II erbringen die Träger der Leistungen nach dem SGB II die
bisherigen Leistungen als Vorschuss auf die Leistungen der
Rentenversicherung weiter, wenn Leistungsberechtigte dem Grunde nach
Anspruch auf Übergangsgeld bei medizinischen Leistungen der gesetzlichen
Rentenversicherung haben. Die Vorschrift des § 25 S 1 SGB II kommt also
zur Anwendung, wenn ein Bezieher von Alg II dem Grunde nach Anspruch auf
Übergangsgeld hat, weil er von einem Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhält.
Als Rechtsfolge erbringt in einem derartigen Fall der
Grundsicherungsträger die "bisherigen Leistungen" weiter. Grund für
diese Regelung ist, dass ein Trägerwechsel und damit eventuell
einhergehende Lücken bei der Leistungsgewährung gerade im
existenzsichernden Bereich vermieden werden sollen.
Die
Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 S 1 SGB II sind vorliegend erfüllt.
Die Versicherte der Beklagten hatte während der medizinischen
Rehabilitationsmaßnahme von Ende Dezember 2011 bis Mitte Januar 2012
gegen die Beklagte gem § 20 Nr 3 Buchst b iVm § 21 Abs 4 S 1 Halbs 2
SGB VI einen Anspruch auf Übergangsgeld. Der Höhe nach bemaß es sich
nach dem vor Beginn der Rehabilitationsmaßnahme gewährten Alg nach dem
SGB III und dem aufstockend hierzu gezahlten Alg II. Denn nach § 20 Nr 3
Buchst b SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Übergangsgeld, die bei
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation … unmittelbar …. vor Beginn
der Leistungen ua Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II … bezogen
haben und für die von dem der Sozialleistung zugrunde liegenden
Arbeitsentgelt … oder im Falle des Bezugs von Alg II zuvor aus
Arbeitsentgelt … Beiträge zur RV gezahlt worden sind. Nach § 21 Abs 4
S 1 Halbs 2 SGB VI erhalten Versicherte, die unmittelbar vor Beginn …
der medizinischen Leistungen Alg II bezogen und die zuvor
Pflichtbeiträge gezahlt haben, Übergangsgeld bei medizinischen
Leistungen zur Rehabilitation in Höhe des Betrages des Alg II. So liegt
der Fall hier.
Der Auffassung, dass aus dem Wort "zuvor" in § 20
Nr 3 Buchst b SGB VI abzuleiten sei, dass ein nahtloser Übergang
zwischen vorheriger Beitragszahlung zur Rentenversicherung aus
Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen und dem Alg II‑Bezug, an den sich
die Rehabilitationsmaßnahme anschließe, bestehen müsse, folgt der Senat
nicht. Bereits der Wortlaut der Vorschrift fordert eine solche
unmittelbar vorhergehende Pflichtbeitragszahlung nicht. Auch
systematischer Zusammenhang und Sinn und Zweck der Regelung sprechen
gegen eine derartig einengende Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs
"zuvor". Hieran ändert es nichts, wenn das Alg II nur aufstockend zum
Arbeitslosengeld/Übergangsgeld gezahlt wird.
Der
Erstattungsanspruch des Klägers im Hinblick auf die Beiträge für seine
Leistungsberechtigte zur Kranken- und Pflegeversicherung beruht auf
§ 335 Abs 2 und 5 SGB III iVm § 40 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB II.
SG
Bayreuth
- S 7 R 8/14 -
Bayerisches LSG
- L 19 R 817/14 -
Bundessozialgericht
- B 13 R 14/16 R -