Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 3. Senats vom 11.5.2017 - B 3 KR 17/16 R -, Urteil des 3. Senats vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R -, Urteil des 3. Senats vom 11.5.2017 - B 3 KR 6/16 R -, Urteil des 3. Senats vom 11.5.2017 - B 3 KR 30/15 R -, Urteil des 3. Senats vom 11.5.2017 - B 3 KR 1/16 R -
Kassel, den 5. Mai 2017
Terminvorschau Nr. 17/17
Der Termin um 11.15 Uhr in dem Verfahren B 3 KR 29/15 R wurde aufgehoben.
Der 3. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 11. Mai 2017 im Jacob-Grimm-Saal sieben Revisionen aus dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mündlich zu verhandeln und zu entscheiden.
1) 9.30 Uhr - B 3 KR 22/15 R -
J. S. ./. Handelskrankenkasse
Der bei der beklagten Ersatzkasse
wegen Beschäftigung krankenversicherten Klägerin wurde zum 31.12.2012
gekündigt. Der Allgemeinmediziner Dr. S attestierte ihr wegen einer
depressiven Episode vom 23.11.2012 bis 3.1.2013 ununterbrochen
Arbeitsunfähigkeit (AU). Am 4.1.2013 stellte sich die Klägerin bei der
Psychiaterin/Psychotherapeutin Dr. K vor, die ihr AU bis 25.1.2013
attestierte und auch für die Folgezeit AU-Bescheinigungen ausstellte.
Nach Krankengeld (Krg)-Zahlungen der Beklagten ab 1.1.2013 verweigerte
sie diese ab 4.1.2013, da bei der Klägerin - die seit 8.5.2013
Arbeitslosengeld (Alg) nach dem SGB III bezog - nicht durchgehend
attestierte AU bestanden habe; die dazu nötige AU-Folgebescheinigung
habe spätestens am 3.1.2013 ausgestellt werden müssen. Die Klägerin
schilderte, sie sei zwar von ihrem Hausarzt an die Fachärztin überwiesen
worden und habe dort einen Termin für den 4.1.2013 vereinbart, sie habe
aber gleichwohl ihren Hausarzt noch am 3.1.2013 aufgesucht, sich in
dessen Sprechstunde vorgestellt und ihn auf die Krankmeldung
angesprochen. Dieser habe erklärt, es reiche aus, dass Dr. K sie am
nächsten Tag weiter krankschreiben werde; dies sei ‑ auf ihre
ausdrückliche Nachfrage - am 4.1. von einer Arzthelferin nach Rückfrage
bei Dr. S nochmals bestätigt worden.
Das SG hat die Beklagte zu
Krg-Zahlungen über den 3.1.2013 hinaus bis 7.5.2013 verurteilt, weil die
Klägerin alles in ihrer Macht Stehende getan habe, um ihren Krg-Anspruch
aufrechtzuerhalten. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die
vorinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen: Der
Krg-Anspruch entstehe nach § 46 S 1 Nr 2 SGB V (in der bis 22.7.2015
geltenden Fassung) bei AU erst von dem Tag an, der auf den Tag der
ärztlichen AU-Feststellung folge. Die Obliegenheit Versicherter, zur
Aufrechterhaltung ihres Krg-Anspruchs die AU vor Ablauf jedes
Krg-Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich feststellen zu lassen,
entfalle nicht deshalb, weil der behandelnde Arzt den Versicherten
unzutreffend oder gar nicht rechtlich beraten habe. Die
Pflichtmitgliedschaft der Klägerin sei gemäß § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V
damit nur bis 3.1.2013 erhalten geblieben. Durch die AU-Feststellung vom
4.1.2013 habe daher ein Krg-Anspruch erst wieder ab 5.1.2013 entstehen
können, als sie jedoch schon nicht mehr mit Anspruch auf Krg versichert
gewesen sei. Ein Fall der ausnahmsweise rückwirkend nachholbaren
AU-Feststellung liege nicht vor. Die Klägerin sei nämlich nicht durch
eine von der Krankenkasse (KK) zu vertretende bzw dieser zuzurechnende
Fehlentscheidung von Dr. S daran gehindert gewesen, ihre Krg-Ansprüche
zu wahren.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung
des § 46 S 1 Nr 2 SGB V. Das Gesetz verlange nicht, dass die - hier
gegebene - ärztliche AU-Feststellung nach außen dokumentiert werde,
zumal nicht bei einer zweifellos durchgehend ärztlich bejahten AU.
Selbst wenn man dem aber nicht folge, sei zu berücksichtigen, dass sie
(die Klägerin) alles in ihrer Macht Stehende und Zumutbare getan habe,
um ihre Krg-Ansprüche durch Erlangung einer zeitgerechten
AU-Bescheinigung zu wahren. Zu ihren Gunsten sprächen insoweit die
Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Der
Schutzzweck des Krg-Rechts gebiete in Situationen wie der vorliegenden
den Vorrang der Belange des arbeitsunfähigen Versicherten vor dem
Erfordernis formaler AU-Feststellung.
SG Koblenz
- S 11 KR 224/13 -
LSG Rheinland-Pfalz
- L 5 KR 157/14 -
2) 10.15 Uhr - B
3 KR 12/16 R - U. R. ./. AOK - Die
Gesundheitskasse für Niedersachsen
Die Beteiligten streiten
über die Gewährung von Krg über den 10.6.2012 hinaus. Die Klägerin war
bei der beklagten AOK zuletzt wegen des Bezugs von Alg mit Anspruch auf
Krg in der GKV pflichtversichert. Ab 21.3.2012 bestand bei ihr AU, ua
wegen eines ärztlich festgestellten Zustands nach Mamma-Carcinom und
Chemotherapie. Nach Ablauf der Alg-Fortzahlung bezog die Klägerin von
der Beklagten ab 2.5.2012 Krg. Zuletzt bescheinigte die
Gemeinschaftspraxis Dr. K und M der Klägerin die AU am 29.5.2012 bis
einschließlich Sonntag, den 10.6.2012. Eine Folgebescheinigung dieser
Ärzte datiert sodann erst wieder von Montag, den 11.6.2012. Die Beklagte
verfügte, dass die Klägerin ab 11.6.2012 keinen Anspruch auf Krg mehr
habe, da ihre Pflichtmitgliedschaft mit Anspruch auf Krg zum 10.6.2012
geendet habe und ab dem Folgetag nur noch eine Familienversicherung
bestehe. Ein Ausnahmefall, in dem ein rückwirkender Krg-Anspruch
bestehe, liege nicht vor. Ein Attest des Dr. K, nach dem sie sich dort
bereits am Freitag, dem 8.6.2012 vorgestellt habe, es an diesem Tag
ärztlicherseits jedoch "leider ... verpasst" worden sei, eine
AU-Bescheinigung auszustellen (sodass die AU-Feststellung erst am
11.6.2012 "nachgeholt" wurde) und nach dem sie "durchgehend
arbeitsunfähig" gewesen sei, sei rechtlich ohne Belang.
Das SG
hat die anschließende Klage abgewiesen, das LSG die Berufung der
Klägerin zurückgewiesen: Das BSG habe für den Fall abschnittsweiser
Krg-Bewilligung entschieden, dass eine Unterbrechung der
AU-Feststellungen zum Ende des Krg-Bezugs führe (BSGE 118, 52 = SozR
4-2500 § 192 Nr 7). Die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin sei nach
§ 192 Abs 1 Nr 2 SGB V nur solange erhalten geblieben, wie ein
Krg-Anspruch bestanden habe. Dieser Anspruch erfordere wiederum, dass
der Versicherte am letzten Tag des Versicherungsverhältnisses mit
Krg-Anspruch alle Voraussetzungen erfülle, damit nach § 46 S 1 Nr 2 SGB
V (in der bis 22.7.2015 geltenden Fassung) spätestens mit
Ablauf des Tages der AU-Feststellung ein Anspruch entstehe. Die Klägerin
habe ihre AU aber nicht spätestens am 10.6.2012, sondern erst am
11.6.2012 ärztlich feststellen lassen. Eine Vorstellung beim
behandelnden Arzt am 8.6.2012 führe nicht zu einem früheren Krg-Beginn,
weil bei diesem Arztbesuch keine AU-Feststellung erfolgt sei. Das von
der Klägerin dazu vorgelegte Attest beinhalte eine solche Feststellung
nicht und eine AU-Feststellung erfordere die äußere Dokumentation durch
eine AU-Bescheinigung. Es liege im Verantwortungsbereich der Klägerin,
die AU rechtzeitig feststellen zu lassen und die Bescheinigung
vorzulegen. Eine rückwirkende AU-Bescheinigung ändere daran nichts.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung des § 46 S
1 Nr 2 SGB V und des Art 3 Abs 1 GG. Sie meint, für den Krg-Anspruch
komme es nicht auf eine förmliche AU-Bescheinigung, sondern nur auf die
ärztliche Feststellung der medizinischen Voraussetzungen einer AU an.
Sie (die Klägerin) habe rechtzeitig den Arzt aufgesucht, der die AU
rechtzeitig festgestellt und dies nur versehentlich erst wenige Tage
später schriftlich fixiert habe; sie selbst habe damit alles ihr
Zumutbare getan, um im Sinne der Rechtsprechung des BSG (BSGE 111, 9
= SozR 4-2500 § 192 Nr 5) eine lückenlose AU-Feststellung zu
gewährleisten.
SG Osnabrück
- S 13 KR 407/12 -
LSG Niedersachsen-Bremen
- L 4 KR 374/13 -
3)
Der Termin wurde aufgehoben. Die Beteiligten haben vor dem Termin einen Vergleich auf Vorschlag des Senats hin geschlossen.
11.15 Uhr -
B 3 KR 29/15 R - A. V. ./. BKK
PricewaterhouseCoopers
Die Klägerin war bis 31.12.2011 als
Rechtsanwältin und Steuerberaterin beschäftigt, bezog bis 27.10.2010
Arbeitsentgelt und war versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten
BKK ihrer damaligen Arbeitgeberin. Vom 11.10.2010 bis 21.2.2011 war die
Klägerin aufgrund einer depressiven Episode arbeitsunfähig krank. Die
behandelnden Ärztinnen händigten ihr die für die Arbeitgeberin und für
die beklagte KK bestimmten Ausfertigungen der AU-Bescheinigungen zu den
abschnittsweise attestierten Zeiträumen aus. Diese übersandte die
Klägerin innerhalb weniger Tage an ihre Arbeitgeberin. Am 25.10.2010
informierte die Arbeitgeberin die Beklagte über die AU. Mit Schreiben
vom selben Tag forderte die Beklagte die Klägerin zur Vorlage von
AU-Bescheinigungen auf, die sie am 3.2.2011 übersandte. Seit diesem
Datum zahlte die Beklagte Krg in Höhe von 80,52 Euro (netto)
kalendertäglich. Der von der Beklagten am 3.2.2011 beauftragte
Medizinische Dienst der Krankenversicherung hielt die ärztlich
festgestellte AU medizinisch für begründet. Die Beklagte lehnte die
Gewährung von Krg für die Zeit vom 28.10.2010 bis 2.2.2011 indessen
gleichwohl unter Hinweis auf die verspätete Meldung der AU durch die
Klägerin an die KK ab.
Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung
der ergangenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Krg vom 28.10. bis
5.11.2010, vom 2.12.2010 bis 11.1.2011 und vom 13.1. bis 2.2.2011 zu
zahlen, im Übrigen (= Zeitraum 6.11. bis 30.11.2010) hat es die Klage
abgewiesen.
Die Beklagte hat gegen ihre Verurteilung Berufung
eingelegt. Nach Rücknahme der Berufung wegen des Krg für den 2.2.2011
hat das LSG das SG-Urteil geändert und die Klage insgesamt abgewiesen;
zudem hat es die von der Klägerin eingelegte unselbstständige
Anschlussberufung (= Zeiträume 6.11. bis 30.11.2010 und 20.3. bis
12.4.2012) als unzulässig verworfen: Die AU-Meldung bei der Beklagten
sei jeweils nicht innerhalb der Wochenfrist des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V
erfolgt, sodass der Krg-Anspruch ruhe. Die verspäteten Meldungen seien
nicht dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnen. § 5 Abs 1 S 1
Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG), der den Arzt verpflichte, die AU des
Arbeitnehmers der KK zu melden, suspendiere die Klägerin nicht von ihrer
eigenen Meldeobliegenheit nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V.
Hiergegen
richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung von § 49
Abs 1 Nr 5 SGB V und § 5 Abs 1 S 5 EntgFG. Da die Meldung der AU Ende
Oktober 2010 rechtzeitig erfolgt sei, müsse ihr Krg gewährt werden. Auch
ihre Anschlussberufung sei zulässig und begründet.
SG Karlsruhe
- S 9 KR 1339/12 -
LSG Baden-Württemberg
- L 5 KR 5457/13 -
In den Revisionsverfahren 4) bis 7) geht
es jeweils um die Erstattung von Kosten für in Rechnung gestellte
Kopforthesen zur Behandlung einer auffälligen Kopfform
(Schädelasymmetrie, Schädeldeformation) von Säuglingen in ihren ersten
Lebensmonaten. Die Kopforthese ist ein leichter Helm, der nach einem
Schädelabdruck oder einem 3D-Schädelscan individuell angefertigt und in
der Regel mehrere Monate lang für 23 Stunden täglich vom Säugling
getragen wird. In dieser Zeit wird sie dem Kopfwachstum entsprechend
mehrfach angepasst (vgl Therapiekommission der Gesellschaft für
Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und
Jugendmedizin aus 2012,
http://www.neuropaediatrie.com/info_fuer_aerzte/stellungnahmen.html).
4) 13.00 Uhr - B 3 KR 30/15 R -
B. P. ./. pronova BKK
Die beim Kläger seit seiner Geburt
vorliegende rechtsseitig abgeflachte Asymmetrie des Schädels
(Plagiocephalus rechts) konnte mittels Lagerungstherapie,
Krankengymnastik und osteopathischer Behandlung nicht ausgeglichen
werden. Deshalb beantragten seine Eltern am 30.4.2013 bei der beklagten
BKK die Versorgung mit der ärztlich verordneten dynamischen Kopforthese
und ließen am 21.5.2013 den Schädel des Klägers per Scan vermessen. Die
Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.5.2013 ab, da die
Versorgung mit einer Kopforthese eine nicht anerkannte
Behandlungsmethode sei, deren medizinischer Nutzen nicht hinlänglich
durch Studien nachgewiesen sei und wies den dagegen gerichteten
Widerspruch zurück. Die Firma für Orthopädietechnik, die die Kopforthese
nach Scan gefertigt und mehrfach angepasst hatte, stellte den Eltern
dafür insgesamt 1965,34 Euro in Rechnung. Die Klage auf Erstattung
dieses von den Eltern des Klägers gezahlten Betrages ist in den
Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, es habe sich
nicht um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt. Ob der notwendige
Kausalzusammenhang zwischen der ablehnenden Entscheidung der Beklagten
und der Selbstbeschaffung der Leistung durch den Kläger bestanden habe,
könne dahingestellt bleiben, denn die Beklagte habe den Antrag nicht zu
Unrecht abgelehnt. Es handele sich um eine neue Therapiemethode, die
nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen
Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten sei und für die der Gemeinsame
Bundesausschuss (GBA) keine positive Empfehlung ausgesprochen habe. Ein
Ausnahmefall, in dem auch ohne eine solche Empfehlung ein Anspruch in
Betracht komme, habe nicht vorgelegen. Deshalb sei unerheblich, ob der
Plagiocephalus überhaupt Krankheitswert gehabt habe.
Mit der
Revision rügt der Kläger, es habe sich um eine unaufschiebbare Leistung
iS von § 13 Abs 3 Alt 1 SGB V gehandelt, da die Behandlung einer
Schädelasymmetrie während der erheblichen Wachstumsphase eines
Säuglingskopfes innerhalb eines nur sehr kurzen Zeitfensters begonnen
werden müsse. Eine Anerkennung des GBA sei nicht erforderlich, da es
eine EBM-Ziffer gebe, welche die Behandlung mittels Kopforthese
ausreichend abbilde. Zudem müsse die Therapie zur Vermeidung einer
notstandsähnlichen Situation erbracht werden, weil die
Lagerungsasymmetrie zu Hirnveränderungen mit motorischen und kognitiven
Defiziten führen könne, Standardtherapien (mittels Lagerung und
Physiotherapie) nicht ausreichten und der GBA ein Verfahren zur
Überprüfung der Methodik der Kopforthesen-Behandlung nicht zeitgerecht
durchgeführt habe.
SG Oldenburg
- S 62 KR 328/13 -
LSG Niedersachsen-Bremen
- L 1 KR 141/14 -
5) 13.00 Uhr - B
3 KR 17/16 R - R. V. ./. BKK firmus
Die bei der Klägerin von Geburt an bestehende Schädelasymmetrie
(nichtsynostotische Plagiocephalie) mit Gesichtsskoliose konnte mit
krankengymnastischen und osteopathischen Behandlungen nicht gebessert
werden. Deshalb beantragte die Mutter der Klägerin am 24.1.2013 die
Kostenübernahme für eine ärztlich verordnete Kopforthesen-Therapie. Sie
gab die Fertigstellung der Kopforthese nach Maß in Auftrag und zahlte am
11.3.2013 hierfür inkl 3-D-Vermessung, CAD-Modellierung und Versand 1819
Euro. Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme dafür ab (Bescheid vom
12.3.2013, Widerspruchsbescheid vom 23.5.2013).
Die Klage
ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben: Es bestehe kein Anspruch
auf Kostenerstattung, da - so das LSG - mit der Therapie schon begonnen
und die Kopforthese bereits bezahlt worden sei, bevor die Beklagte eine
Entscheidung getroffen habe. Es fehle daher an der Kausalität zwischen
Leistungsablehnung und entstandenen Kosten. Eine unaufschiebbare
Leistung habe nicht vorgelegen. Im Übrigen stelle die
Kopforthesentherapie eine neue Behandlungsmethode dar, selbst wenn die
Kopforthese ein Hilfsmittel sei. Der GBA habe hierüber noch keine
positive Empfehlung abgegeben. Ein Ausnahmefall, der keiner Empfehlung
durch den GBA bedürfe, liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich
die Revision der Klägerin. Sie rügt die Verletzung von § 13 Abs 3 S 1
und § 135 SGB V. Die Versorgung mit einer Kopforthese sei keine neue
Behandlungsmethode. Auch sei der Beschaffungsweg eingehalten worden.
Nach ärztlichem Rat habe mit der Kopforthesen-Behandlung spätestens im
6. Lebensmonat begonnen werden müssen. Dieser zeitliche Aspekt sei
angesichts der Schwere der Asymmetrie zu berücksichtigen. Da sie (die
Klägerin) zu Beginn der Behandlung bereits 9 Monate alt gewesen sei, sei
ein Abwarten nicht zumutbar gewesen. Schließlich habe die
Kopforthesen-Behandlung zur Rückbildung aller funktionalen und optischen
Asymmetrien geführt.
SG Osnabrück
- S 3 KR 23/14 -
LSG Niedersachsen-Bremen
- L 4 KR 236/15 -
6) 13.00 Uhr -
B 3 KR 6/16 R - F.-N. D. ./. BIG
direkt gesund
Bei dem Kläger bestand nach der Geburt eine
Asymmetrie des Schädels (Plagiocephalus), die durch eine Atlastherapie,
Krankengymnastik nach Voijta und mit Hilfe eines privat beschafften
Lagerungskissens nicht ausgeglichen werden konnte. Der behandelnde
Kinderorthopäde verordnete ihm deshalb eine Kopforthese, für die die
Eltern des Klägers bei der Beklagten am 20.4.2009 Kostenübernahme
beantragten und deren Anfertigung sie am 14.5.2009 in Auftrag gaben. Die
beklagte KK lehnte die Kostenübernahme 13 Tage später ab und wies den
dagegen gerichteten Widerspruch zurück. Die Klage auf Erstattung des
gezahlten Anfertigungspreises (1320,57 Euro) ist in den Vorinstanzen
erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt: Es könne dahingestellt
bleiben, ob die sog Helmtherapie zum Leistungskatalog der GKV gehöre;
jedenfalls scheide ein Kostenerstattungsanspruch aus, da sich der Kläger
die streitige Behandlung selbst besorgt habe, ohne zunächst eine
Entscheidung der KK hierzu abzuwarten. Eine Dringlichkeit der Behandlung
habe insoweit unter medizinischen Gesichtspunkten nicht bestanden.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Der
Beschaffungsweg sei eingehalten worden, weil sowohl die Rechnungslegung
als auch die Zahlung der Kopforthese erst erfolgt seien, als die
ablehnende Entscheidung bereits vorgelegen habe. Zudem hätten seine
Eltern die Pflicht gehabt, die sicherste und effektivste Heilbehandlung
zu wählen. Es sei allein ihrem schnellen Handeln sowie dem Kinderarzt zu
verdanken, dass er (der Kläger) keine Folgeschäden davongetragen habe.
Bei der Behandlung mit einer Kopforthese gehe es nicht um eine neue
Behandlungsmethode, sondern um ein Hilfsmittel, dessen Wirkprinzipien
und medizinische Wirkung - wie von Orthesen im Allgemeinen - bekannt und
anerkannt seien.
SG Osnabrück
- S 3 KR 323/09 -
LSG Niedersachsen-Bremen
- L 4 KR 300/12 -
7) 13.00 Uhr - B
3 KR 1/16 R - L. J. ./.
Kaufmännische Krankenkasse - KKH
beigeladen: AOK Baden-Württemberg - Die Gesundheitskasse
Der
zunächst bei der Beklagten und ab August 2013 bei der Beigeladenen
versicherte Kläger litt an einer den gesamten Hinterkopf betreffenden
Abflachung (Brachycephalus) bei gleichzeitiger Asymmetrie des Schädels
(Lagerungsplagiocephalus links), die mittels Lagerungswechseln und
Physiotherapie nicht ausgeglichen werden konnte. Seinen Antrag auf
Übernahme der Kosten für eine Kopforthese lehnte die Beklagte mangels
ausreichend nachgewiesener Wirkung der Kopforthese ab. Die Eltern des
Klägers ließen die dynamische Kopforthese zum 7.6.2013 von einem
Sanitätshaus anfertigen und beglichen den Rechnungsbetrag von 2013,21
Euro. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat
ausgeführt, da die Beklagte innerhalb von drei Wochen über den Antrag
entschieden habe, ergebe sich der Anspruch nicht aus § 13 Abs 3a SGB V.
Die Kopforthesen-Behandlung gehöre nicht zu den von der GKV zu
erbringenden Leistungen, da es an einer positiven Empfehlung des GBA für
diese neue Behandlungsmethode fehle. Als Hilfsmittel sei die Kopforthese
untrennbar mit einer neuen Therapie verbunden. Es liege auch kein
Ausnahmefall vor, in dem ein Anspruch ohne Empfehlung des GBA in
Betracht komme. Randomisierte Studien zur Wahrscheinlichkeit einer
drohenden Behinderung oder mit Hinweisen auf funktionelle Störungen gebe
es nicht. Auf den Krankheitswert eines Plagiocephalus bei Säuglingen
komme es daher nicht an. Ebenso unerheblich sei, ob die Therapie positiv
verlaufen sei oder ob einzelne Ärzte die Therapie befürworteten.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsgericht habe zu
der Frage, ob es sich um eine neue Behandlungsmethode oder um die
Versorgung mit einem Hilfsmittel handele, ein Sachverständigengutachten
einholen müssen. Kopforthesen seien seit vielen Jahren bekannt. Eine
positive Empfehlung des GBA sei für die Versorgung mit einem Hilfsmittel
nicht erforderlich.
SG Heilbronn
- S 11 KR 2848/13 -
LSG Baden-Württemberg
- L 11 KR 3297/14 -