Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 12. Senats vom 23.5.2017 - B 12 KR 6/16 R -, Urteil des 12. Senats vom 23.5.2017 - B 12 AL 1/15 R -, Urteil des 12. Senats vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R -
Kassel, den 12. Mai 2017
Terminvorschau Nr. 19/17
Der 12. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, 23. Mai 2017 im Jacob-Grimm-Saal aufgrund mündlicher Verhandlung über drei Revisionen aus dem Beitragsrecht zu entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 12 KR 6/16 R -
Land Berlin ./. BKK Pfalz
5 Beigeladene
Im Streit steht die Erstattung zu Unrecht
entrichteter Beiträge zur Sozialversicherung. Das klagende Land ist
beteiligt an der Versorgungskasse des Bundes und der Länder (VBL). Deren
Zweck ist es, im öffentlichen Dienst Beschäftigten im Wege
privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-,
Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Für zwei
zum Verfahren beigeladene Beschäftigte des Klägers bestand auf arbeits-
und tarifvertraglicher Grundlage eine entsprechende
"Pflichtversicherung" bei der VBL. Im Zuge der Umstellung auf ein
kapitalgedecktes Finanzierungsverfahren hatte der Kläger für die
Beigeladenen hierfür monatliche Beiträge einschließlich eines von den
beigeladenen Beschäftigten zu tragenden "Eigenanteils" an die VBL zu
zahlen. Auf diese Eigenanteile führte der Kläger sowohl
Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung an die beklagte Einzugsstelle
wie auch Lohnsteuer an das Finanzamt ab. Nachdem der BFH entschieden
hatte, dass derartige Eigenanteile nach § 3 Nr 63 EStG steuerfrei seien
(Urteil vom 9.12.2010 - VI R 57/07), beantragte der Kläger die
Erstattung der darauf gezahlten Arbeitgeberbeiträge zur
Sozialversicherung; nach § 3 Nr 63 EStG steuerfreie Zuwendungen seien
gemäß § 1 Abs 1 S 1 Nr 9 SvEV zugleich beitragsfrei. Die Beklagte lehnte
eine Erstattung ab. Das SG hat die Beklagte verurteilt, die für das Jahr
2009 gezahlten Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken,
Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu erstatten.
Hiergegen
richtet sich die Sprungrevision der beklagten Krankenkasse. Zur
Begründung führt sie aus, der geltend gemachte Erstattungsanspruch
scheide aus, weil der Kläger auf die Eigenanteile der beigeladenen
Beschäftigten Lohnsteuer gezahlt habe und diese daher nicht "steuerfrei"
iS des § 1 Abs 1 S 1 Nr 9 SvEV gewesen seien. Die Beitragsprivilegierung
greife daher nicht ein.
SG Berlin
- S 112 KR 764/14 -
2) 11.00 Uhr - B 12
KR 9/16 R - N. S. ./. DAK-Gesundheit
5 Beigeladene
Im Streit steht die Erstattung zu Unrecht
entrichteter Beiträge zur Sozialversicherung. Der Kläger betrieb ein
Taxiunternehmen. Zuletzt überließ er seine Taxis an Fahrer, die ihm
dafür pauschal 80 DM bzw 40 Euro pro Tag zahlten, die von ihnen
erzielten Einnahmen aber behalten durften. Die Fahrer trugen die
Spritkosten selbst, während der Kläger Wartungs- und Reparaturarbeiten
an den Fahrzeugen in seiner Werkstatt auf eigene Kosten durchführen
ließ. Der Kläger ging davon aus, dass dieses "Mietmodell" gegen das den
Verkehr mit Taxis regelnde Personenbeförderungsgesetz verstieß. Um dies
zu verschleiern, meldete er die an dem "Mietmodell" beteiligten
Taxifahrer zur Sozialversicherung und zahlte Beiträge auf Grundlage
eines tatsächlich nie gezahlten Arbeitslohns.
Im Zusammenhang
mit dem "Mietmodell" wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung
strafrechtlich verurteilt. Er beantragte daraufhin die Erstattung der
von 1999 bis 2004 gezahlten Sozialversicherungsbeiträge und berief sich
dafür auf das Strafurteil. Dort sei ausgeführt worden, dass die am
"Mietmodell" beteiligten Taxifahrer selbständig tätig gewesen seien;
daher habe keine Versicherungspflicht und damit auch keine
Beitragspflicht bestanden. Die beklagte Einzugsstelle lehnte den
Erstattungsantrag des Klägers ab. Klage und Berufung des Klägers
hiergegen blieben ohne Erfolg. Das LSG führte aus, dass offenbleiben
könne, ob die an dem "Mietmodell" beteiligten Taxifahrer als
Beschäftigte versicherungspflichtig gewesen seien. Selbst wenn dies
nicht der Fall gewesen sei, könne der Kläger seine
Sozialversicherungsbeiträge nicht zurückverlangen, weil er bei deren
Entrichtung selbst davon ausgegangen sei, dass tatsächlich keine
Beitragspflicht bestehe. Der Einwand der Kenntnis der Nichtschuld (§ 814
Var 1 BGB) finde auch auf den Anspruch auf Beitragserstattung Anwendung.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf
Beitragserstattung weiter.
SG Hamburg
- S 28 KR 841/06 -
LSG Hamburg
- L 1 KR 44/11 -
3) 12.00 Uhr - B 12 AL
1/15 R - Deutsche Rentenversicherung
Knappschaft-Bahn-See ./.
Bundesagentur für Arbeit
3 Beigeladene
Die Deutsche Rentenversicherung
Knappschaft-Bahn-See (Klägerin) verlangt von der beklagten Bundesagentur
für Arbeit (BA) die erneute Zahlung von Pflichtbeiträgen bei Insolvenz
des Beigeladenen zu 2. Dieser war Unternehmer und betrieb ua ein
Frühstückscafé, in dem er die Beigeladene zu 1 geringfügig beschäftigte,
ihr aber vom 1.7. bis 20.8.2008 kein Arbeitsentgelt zahlte. Auf Antrag
des Beigeladenen zu 2., der ua seinen Pflichten zur Zahlung von
Sozialversicherungsbeiträgen nicht nachgekommen war, eröffnete das
Amtsgericht am 21.8.2008 über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren und
bestellte einen Insolvenzverwalter. Die beklagte BA zahlte ua die im
Zeitraum vom 21.5. bis zum 20.8.2008 für die Beschäftigung der
Beigeladenen zu 1. angefallenen und rückständig gebliebenen Beiträge in
Höhe von 394,45 Euro an die Klägerin. Das Insolvenzverfahren wurde durch
Beschluss vom 11.7.2011 aufgehoben.
Bereits zeitnah zur
Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärte der Insolvenzverwalter am
25.8.2008 die Freigabe des Geschäftsbetriebes hinsichtlich des
Frühstückcafés (§ 35 Abs 2 InsO). Der Beigeladene zu 2. betrieb
daraufhin das Frühstückcafé weiter. Das Beschäftigungsverhältnis der
Beigeladenen zu 1., die Kenntnis von der Insolvenz hatte, wurde ohne
Unterbrechung fortgesetzt. In der Folgezeit kam der Beigeladene zu 2.
seinen Zahlungsverpflichtungen ua gegenüber Klägerin weiterhin nicht
nach. Zum 31.12.2010 stellte er seinen Geschäftsbetrieb endgültig ein
und beendete das Beschäftigungsverhältnis mit der Beigeladenen zu 1. Den
daraufhin von der Klägerin gestellten Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beigeladenen zu 2. aus der
freigegebenen Tätigkeit wies das Amtsgericht durch Beschluss vom
5.5.2011 mangels Masse ab.
Die Klägerin beantragte die (erneute)
Zahlung von rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen für die
Beigeladene zu 1., dieses Mal für den späteren Zeitraum vom 1.10. bis
31.12.2008 i.H.v. 394,80 Euro. Dies lehnte die beklagte BA ab. Das SG
hat den Bescheid der Beklagten aufgehoben und sie zur Zahlung
verurteilt. Das LSG hat das Urteil des SG geändert und die Klage
abgewiesen. Bei fortbestehender Zahlungsunfähigkeit des
Insolvenzschuldners könne ein Insolvenzereignis in Bezug auf das nach §
35 Abs 2 InsO freigegebene Vermögen Ansprüche auf Pflichtbeiträge gegen
die Beklagte nicht (erneut) begründen. - Dagegen wendet sich die
Klägerin mit ihrer Revision. Das LSG habe verkannt, dass es zwei
voneinander unabhängige Insolvenzverfahren über zwei voneinander
unabhängige Vermögensmassen gebe.
SG Dortmund
- S 57 AL 703/11 -
LSG Nordrhein-Westfalen
- L 9 AL 278/13 -