Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 1. Senats vom 19.6.2018 - B 1 KR 38/17 R -, Urteil des 1. Senats vom 19.6.2018 - B 1 KR 39/17 R -, Urteil des 1. Senats vom 19.6.2018 - B 1 KR 26/17 R -, Urteil des 1. Senats vom 19.6.2018 - B 1 KR 32/17 R -, Urteil des 1. Senats vom 19.6.2018 - B 1 KR 30/17 R -
Kassel, den 20. Juni 2018
Terminbericht Nr. 28/18
(zur Terminvorschau Nr. 28/18)
Der 1. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 19. Juni 2018.
1) Der Senat hat die Revision der beklagten
KK zurückgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte
Vergütungsanspruch von 5596,24 Euro nebst Zinsen zu. Der Anspruch
Versicherter auf Krankenhausbehandlung und damit der Vergütungsanspruch
des Krankenhauses hängt nicht formal von einer vorherigen
vertragsärztlichen Verordnung ab, sondern davon, dass die Versicherten
der Krankenhausbehandlung bedürften. Ausnahmen regelt das Gesetz
ausdrücklich wie bei der vorstationären Behandlung. Die
vertragsärztliche Verordnung ("Einweisung") hat grds eine bloße
Ordnungsfunktion. Sie hilft Versicherten bei der Entscheidung, sich in
Krankenhausbehandlung zu begeben und ein geeignetes Krankenhaus zu
finden. Die Verordnung sichert - auch im Interesse der Beitragszahler -
die Prüfung, dass vertragsärztliche Behandlungsmöglichkeiten erschöpft
sind. Sie vermittelt zugleich Informationen für das aufnehmende
Krankenhaus, das die Erforderlichkeit der Behandlung selbst zu prüfen
hat. Die Steuerungs- und Entlastungseffekte genügen dem Gesetz aber
nicht für ein striktes Gebot, Krankenhausbehandlung stets von einer
vertragsärztlichen Verordnung abhängig zu machen. Dies riefe
Versorgungsmängel hervor und setzte die Krankenhäuser bei der
Aufnahmeprüfung unzumutbaren Haftungsrisiken aus. Die hiervon
abweichende Vereinbarung in § 3 Abs 2 Landesvertrag Niedersachsen nach §
112 SGB V ist unwirksam. Sie verstößt gegen Bundesrecht.
Sozialgericht Hannover - S 19 KR 427/12
Landessozialgericht
Niedersachsen-Bremen - L 4 KR 10/15
Bundessozialgericht - B 1 KR
26/17 R
2) Der Senat hat die
Revision der beklagten KK zurückgewiesen. Es verstößt nicht gegen
revisibles Recht, dass das LSG die bei der Versicherten durchgeführte
Operation als vom Versorgungsauftrag des Plankrankenhauses der Klägerin
umfasst angesehen und auch die übrigen Voraussetzungen des Zahlungs- und
Zinsanspruchs bejaht hat. Es hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von
7412,97 Euro Krankenhausvergütung nebst Zinsen verurteilt. Der
Feststellungsbescheid über die Aufnahme des Krankenhauses der Klägerin
in den Landeskrankenhausplan weist 43 Betten für das Gebiet "Chirurgie"
aus. Die der Planung zugrunde liegenden Gebiete und Schwerpunkte
(Teilgebiete) orientieren sich an den Weiterbildungsordnungen für Ärzte
der Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe (WBO), die jeweils im
Zeitpunkt der Leistungserbringung gelten. Das LSG hat das Landesrecht in
diesem Sinne ohne Verstoß gegen revisibles Recht ausgelegt. Die danach
maßgeblichen WBO fassen unter dem Gebiet "Chirurgie" ua die Fachgebiete
Orthopädie und Unfallchirurgie zusammen. Dementsprechend hat das LSG die
erbrachte Knie-TEP als vom Versorgungsauftrag "Chirurgie" erfasst
angesehen.
Sozialgericht Düsseldorf - S 8 KR 1199/12
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 711/15
Bundessozialgericht - B 1 KR 32/17 R
3)
Der Senat hat auf die Revision der beklagten KK das LSG-Urteil
aufgehoben und die Klage der Krankenhausträgerin abgewiesen. Ihr steht
für die teilstationär durchgeführte Chemotherapie des Versicherten kein
weitergehender Vergütungsanspruch von 2174,81 Euro und damit auch kein
Zinsanspruch zu. Sie berechnete rechtmäßig die tagesbezogenen
teilstationären Entgelte, die im 3. Quartal 2012 für den Versicherten
anfielen, als einen Fall. Bei Abrechnung von tagesbezogenen
teilstationären Entgelten wird für jeden Patienten, der - wie der
Versicherte - wegen derselben Erkrankung regelmäßig oder mehrfach
behandelt wird, je Quartal nur ein Fall gezählt (§ 8 Abs 2 Nr 2
Buchst b FPV 2012). Prozeduren, die - wie hier die Gabe von
Medikamenten - Mengen- oder Zeitangaben im Kode enthalten, sind nur
einmal während einer stationären Behandlung, also im stationären
Behandlungsfall zu kodieren. Dementsprechend durfte die Klägerin nicht
für jeden Behandlungstag die jeweils verabreichte Medikamentendosis
abrechnen, sondern nur einmal die Summe der im 3. Quartal verabreichten
Medikamentendosen (Gabe von Pemetrexed, parenteral, 3.900 mg und
mehr; OPS 6-001.cj; Zusatzentgelt ZE53.19).
Sozialgericht
für das Saarland - S 15 KR 1196/14
Landessozialgericht für das
Saarland - L 2 KR 5/16
Bundessozialgericht - B 1 KR 30/17 R
4) Der Senat hat die Revision der klagenden
Krankenhausträgerin zurückgewiesen. Ihr steht kein Anspruch auf Zahlung
von 16 757,99 Euro zu. Die Klägerin erfüllte nicht die hierfür
notwendigen Mindestvoraussetzungen eines unmittelbaren Zugangs zu
neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und
interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen, indem sie mit
einem Partner in Trier kooperierte. Sie war 2014 nicht in der Lage, die
erforderliche "höchstens halbstündige Transportentfernung" unter
Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels grundsätzlich, also
regelhaft jederzeit einzuhalten. Dieser Zeitraum beginnt mit der
Entscheidung, ein Transportmittel anzufordern, und endet mit der
Übergabe des Patienten an die behandelnde Einheit des
Kooperationspartners. Bei Dunkelheit dauerte diese Rettungstransportzeit
auch unter Einsatz eines Rettungshubschraubers als schnellstmöglichem
Transportmittel wesentlich länger als eine halbe Stunde.
Sozialgericht Trier - S 3 KR 51/15
Landessozialgericht
Rheinland-Pfalz - L 5 KR 194/16
Bundessozialgericht - B 1 KR 38/17 R
5) Der Senat hat die Revision der
klagenden Krankenhausträgerin zurückgewiesen. Ihr steht kein Anspruch
auf Zahlung von 21 778,98 Euro zu. Die hierfür notwendigen
Mindestvoraussetzungen eines unmittelbaren Zugangs zu neurochirurgischen
Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und
interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen erfüllte die
Klägerin auch hier aus den im Fall 4 genannten Gründen nicht.
Sozialgericht Trier - S 5 KR 47/15
Landessozialgericht
Rheinland-Pfalz - L 5 KR 90/16
Bundessozialgericht - B 1 KR 39/17 R