Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 13. Senats vom 6.9.2017 - B 13 R 33/16 R -, Urteil des 5. Senats vom 26.4.2018 - B 5 R 26/16 R -, Urteil des 13. Senats vom 6.9.2017 - B 13 R 21/15 R -
Kassel, den 26. April 2018
Terminbericht Nr. 18/18
(zur Terminvorschau Nr. 18/18)
Der 5. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 26. April 2018.
Die Revision der Beklagten war iS der Aufhebung und Zurückverweisung
erfolgreich. Der Senat kann eine Sachentscheidung nicht treffen, weil
aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG bereits nicht
festgestellt werden kann, ob hinsichtlich der Rentenansprüche des
Klägers für November und Dezember 2010 gegenüber den Regelungen im
Bescheid vom 20.4.2010 eine relevante Änderung der Verhältnisse
eingetreten ist (§ 48 Abs 1 S 1 SGB X).
Im Rahmen des § 96a Abs
1 S 2 SGB VI aF ist grundsätzlich der in einem Monat entstandene
Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einer parallel zum Rentenbezug
bestehenden Beschäftigung dem Anspruch auf Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit für denselben Kalendermonat als "rentenschädlich"
gegenüberzustellen. Einer Fortdauer der Beschäftigung auch im Zeitpunkt
der Entstehung des unter diesen Voraussetzungen erworbenen Anspruchs auf
Arbeitsentgelt bedarf es dagegen nicht, auch wenn das Gesetz als
Regelfall von einer Parallelität von Rentenbezug und Beschäftigung mit
laufend gezahltem Arbeitsentgelt ausgeht. Ein rechtlich relevanter Bezug
von Ansprüchen/Zahlungen zur Beschäftigung kann auch nach deren Ende
bestehen.
Ebenso wenig ist die beitragsrechtliche Regelung in §
23a Abs 2 SGB IV einschlägig. Auf den Zufluss von Arbeitsentgelt kommt
es insofern grundsätzlich nicht an (vgl jeweils ausdrücklich Urteile des
13. Senats vom 6.9.2017, B 13 R 21/15 R, juris RdNr 47 und B 13 R 33/16
R, juris RdNr 36; ähnlich zum Zusammentreffen einer beamtenrechtlichen
Hinterbliebenenversorgung mit Erwerbseinkommen aus unselbstständiger
Arbeit BVerwG vom 26.11.2013 - 2 C 17/12 -, juris RdNr 13). Etwas
anderes gilt nur ausnahmsweise, insbesondere bei Zahlungen ohne
Rechtsanspruch (§ 14 Abs 1 S 1 SGB IV).
Entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts bestand vorliegend die Beschäftigung des Klägers
unabhängig von dessen dauernder Arbeitsunfähigkeit seit dem 9.3.2009
auch im streitigen Monat November 2010 während des Rentenbezuges fort.
Für den im konkreten Anwendungszusammenhang maßgeblichen Begriff der
Beschäftigung im leistungsrechtlichen Sinn genügt ungeachtet der
schuldrechtlich angeordneten Leistungsfreistellung (§ 275 Abs 1 BGB, §
326 Abs 1 S 1 Hs 1 BGB) und ungeachtet des Fehlens einer tatsächlichen
Arbeitserbringung das Fortbestehen der nicht suspendierten
arbeitsvertraglichen Hauptpflichten. Der Senat schließt sich insofern im
Ergebnis der nach Zulassung der vorliegenden Revision ergangenen
Entscheidung des 13. Senats im Urteil vom 6.9.2017 (B 13 R 21/15 R) an.
Damit kommt die für die Anwendung von § 96a SGB VI in der
vorliegend maßgeblichen Fassung bis 30.6.2017 (aF) erforderliche
zeitlich-rechtliche Kongruenz der monatlichen Ansprüche des Klägers auf
seine Rente wegen voller Erwerbsminderung und erzieltem Arbeitsentgelt
aus seiner Beschäftigung grundsätzlich in Betracht. Es fehlt jedoch an
Feststellungen zur Bestimmung des erzielten Arbeitsentgelts und dessen
rechtlicher Zuordnung zu den einzelnen in Frage stehenden Monaten.
Der gesetzliche Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs
(§ 1 Abs 1 BUrlG) entsteht nach § 7 Abs 4 BUrlG mit - nicht nach - dem
Ende des Arbeitsverhältnisses. Erfolgt eine entsprechende Zahlung des
Arbeitgebers entgegen diesem gesetzlichen Verbot (§ 13 Abs 1 S 3 BUrlG,
§ 134 BGB) dennoch vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses, kommt es aus
der maßgeblichen Sicht des Sozialrechts für diesen Sonderfall (13. Senat
v 6.9.2017, B 13 R 21/15 R, juris RdNr 37) auf den Monat der Zahlung an.
Wenn und soweit daher der dem Kläger im November 2010 zugeflossene
Betrag der Urlaubsabgeltung den gesetzlichen Mindesturlaub für 2010
betrifft, konnte er wertend der noch laufenden Beschäftigung und diesem
Monat zugeordnet werden. Entsprechende Feststellungen fehlen jedoch
ebenso wie zur Grundlage und Höhe eines ggf bestehenden - zusätzlichen -
Anspruchs auf Abgeltung eines tarif- oder einzelvertraglichen Anspruchs
auf Mehrurlaub für 2010 (zur Möglichkeit eigenständiger Regelungen des
Abgeltungsanspruchs insofern etwa BAG vom 18.10.2011 - AZR 303/10 - und
vom 16.7.2013 - 9 AZR 914/11 - jeweils juris), der dem Monat der
Anspruchsentstehung zuzuordnen wäre.
Soweit der dem Kläger im
Monat Dezember 2010 zugeflossene Betrag die gesetzliche Abgeltung des
Mindesturlaubs für 2009 betrifft, ist ein hier mit dem Ende des
Arbeitsverhältnisses entstandener gesetzlicher Anspruch entgegen dem
Vorgehen der Beklagten ebenfalls dem Monat November zuzuordnen (etwa BAG
vom 9.8.2011 - 9 AZR 352/10 -, juris RdNr 19, 21). Darüber hinaus bleibt
auch hier zu ermitteln und festzustellen, ob und inwieweit der im
Dezember erfolgten Zahlung ein Anspruch auf Abgeltung von Mehrurlaub
zugrunde liegt und welchem Monat dieser zuzuordnen ist.
Sozialgericht Gelsenkirchen - S 14 R 137/13 WA
Landessozialgericht
Nordrhein-Westfalen - L 14 R 131/15
Bundessozialgericht - B 5 R 26/16
R