Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 5. Senats vom 22.3.2018 - B 5 RS 8/17 R -, Urteil des 5. Senats vom 22.3.2018 - B 5 RE 1/17 R -, Urteil des 5. Senats vom 22.3.2018 - B 5 RE 5/16 R -
Kassel, den 21. März 2018
Terminvorschau Nr. 14/18
Der 5. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 22. März 2018 im Jacob-Grimm-Saal aufgrund mündlicher Verhandlung über drei Revisionen aus dem Beitragsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung und aus dem Gebiet der Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets zu entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 5 RE 1/17 R -
A. H. ./. Deutsche Rentenversicherung Bund
Die
Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger für die
Zeiträume vom 1.6.2007 bis 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis 30.6.2009 von
der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien
und der Kläger hierfür Beiträge zahlen muss. Dabei geht es im
Wesentlichen um die Frage, wann der dreijährige Befreiungszeitraum des §
6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI beginnt.
Der Kläger ist seit dem
1.12.2003 in der Vermittlung von Versicherungen und Geldanlagen
selbstständig tätig, zunächst für die A Versicherung, ab dem 1.1.2007
für die M Krankenversicherung. Der Kläger beschäftigte bis zum 30.6.2006
eine Büroleiterin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden
gegen eine Vergütung von 1.000 Euro monatlich. Mit Bescheiden vom
16.7.2007 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht als
Selbstständiger nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI ab dem 1.7.2006 fest. Zuvor
hatte der Kläger in einem Telefonat der Beklagten am 1.6.2007
mitgeteilt, er habe zunächst einen rentenversicherungspflichtigen
Arbeitnehmer beschäftigt. Ebenfalls unter dem 16.7.2007 setzte die
Beklagte für die Zeit ab dem 1.7.2006 die monatlichen Beitragshöhen
fest. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Beklagte sah darin
gleichzeitig einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht für
die Zeit vom "1.12.2003 bis 1.12.2006" und lehnte diesen ab. Auf den
weiteren Widerspruch und Befreiungsantrag lehnte die Beklagte auch eine
Befreiung von der Versicherungspflicht ab 1.1.2007 ab. Gegen diese
Entscheidungen der Beklagten (Bescheid vom 25.1.2008 und
Widerspruchsbescheid vom 3.3.2009) hat der Kläger Klage erhoben. Während
des Verfahrens vor dem SG hat die Beklagte weitere Bescheide erlassen:
Mit Bescheid vom 11.4.2012 hat die Beklagte die Versicherungsfreiheit
des Klägers in der Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2008 wegen
Geringfügigkeit festgestellt und die seit 1.7.2006 rückständigen
Beiträge festgesetzt. Weitere Beitragsfestsetzungen sind erfolgt mit
zwei Bescheiden vom 14.11.2013. Der Kläger hat auch die Aufhebung dieser
Bescheide beantragt. Nach Aussetzung des Verfahrens vor dem SG hat die
Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.6.2014 den Widerspruch gegen
den Bescheid vom 16.7.2007, soweit ihm nicht durch die Bescheide vom
11.4.2012 und vom 14.11.2013 abgeholfen worden ist, zurückgewiesen. Das
SG hat die Beklagte verurteilt, den Kläger für die Zeiträume vom
1.6.2007 bis 31.12.2007 und vom 1.1.2009 bis 30.6.2009 von der
Versicherungspflicht zu befreien (Urteil vom 14.10.2014). Das
SG hat außerdem den Bescheid vom 25.1.2008 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 3.3.2009 aufgehoben, soweit er dieser
Verpflichtung entgegensteht und den Bescheid vom 14.11.2013 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2014 aufgehoben, soweit er
eine Beitragserhebung für diese Zeiträume beinhaltet. Im Übrigen hat das
SG die Klage abgewiesen.
Das SG hat dies damit begründet, der
Kläger habe eine Tätigkeit, die die Voraussetzungen des § 2 S 1 Nr 9 SGB
VI erfüllte, erstmals am 1.7.2006 ausgeübt. Hiernach bestimme sich der
Beginn des Dreijahreszeitraums für die Befreiung von der
Versicherungspflicht. Die Befreiung wirke hier vom Eingang des Antrags
an. Der Kläger werde im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
so gestellt, als hätte er den Befreiungsantrag bereits am 1.6.2007
gestellt. Aus der telefonischen Mitteilung des Klägers vom 1.6.2007 sei
für die Beklagte erkennbar gewesen, dass der Kläger seine
Beitragsbelastung möglichst gering halten wollte und dass in Folge der
zunächst gegebenen Beschäftigung eines versicherungspflichtigen
Arbeitnehmers eine Befreiung von der Versicherungspflicht in Betracht
komme. Eine entsprechende Antragstellung sei eine erkennbare,
naheliegende Gestaltungsmöglichkeit, die der Kläger aller Voraussicht
nach wahrgenommen hätte. Die Berufung der Beklagten hat das LSG
Thüringen zurückgewiesen und im Wesentlichen auf die erstinstanzliche
Entscheidung verwiesen (Urteil vom 11.1.2017). Die Beklagte
wendet sich hiergegen mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision. Sie ist der Auffassung, für den Beginn des Dreijahreszeitraums
der Befreiung von der Versicherungspflicht sei auf die Aufnahme der
selbstständigen Tätigkeit am 1.12.2003 abzustellen.
SG
Altenburg
- S 2 R 1039/09 -
Thüringer LSG
- L 3 R 19/15 -
2) 11.00 Uhr
- B 5 RE 5/16 R - C.-J. K.
./. Deutsche Rentenversicherung Bund
3 Beigeladene
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des
Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem
20.12.2012.
Der am 20.6.1956 geborene Kläger ist approbierter
Apotheker. Seit dem 11.12.1984 ist er Pflichtmitglied der
Landesapothekerkammer Hessen (Beigeladene zu 1) und seit dem 1.1.1985
auch des Versorgungswerks der Landesapothekerkammer Hessen (Beigeladene
zu 3). Seit 1984 war der Kläger als Apotheker im öffentlichen Dienst, in
pharmazeutischen Unternehmen und als selbstständiger Apotheker in
öffentlichen Apotheken tätig. Mit Bescheid vom 21.2.1985 sprach die
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Befreiung von der
Rentenversicherungspflicht nach § 7 Abs 2 AVG mit Wirkung ab 1.1.1985
aus.
Der Kläger ist seit 1.10.2009 für die Firma G GmbH
(Beigeladene zu 2) als Verantwortlicher für Medizinprodukte,
Arzneibuchfragen und Fachinformationen sowie als
Qualitätsmanagementbeauftragter tätig. Die Beigeladene zu 2 entwickelt
und validiert Dampf-, Formaldehyd-, Ethylenoxid- und
Wasserstoffperoxid-Sterilisationsprozesse zur Aufbereitung von
Medizinprodukten (zB von Operationsbestecken). Sie produziert
biologische und chemische Indikatoren sowie Prüfkörper für die
Sterilisationsüberwachung, stellt Dokumentationsetiketten und
Behandlungsindikatoren her und entwickelt und fertigt Indikatoren für
die Überwachung von maschinellen Reinigungsprozessen und
Medizinprodukten.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB
IV im August 2012 wurde festgestellt, dass die Beigeladene zu 2 für den
Kläger keine Rentenversicherungsbeiträge abgeführt hat. In dem sich
anschließenden Prüfverfahren legte der Kläger einen befristeten
Anstellungsvertrag vom 15.6.2010 sowie eine Stellenbeschreibung vor, in
der als benötigte Qualifikation "Apotheker oder gleichwertige
Qualifikation mit langjähriger Berufserfahrung" angegeben ist und die zu
übernehmenden Aufgaben beschrieben werden. Außerdem nahm der Kläger
Bezug auf Stellungnahmen der Beigeladenen zu 1 und 3 vom 6.6.2012 sowie
der Beigeladenen zu 2 vom 8.6.2012; in dieser wies seine Arbeitgeberin
darauf hin, dass der Kläger nur aufgrund seiner Ausbildung und
Berufserfahrung in der Lage sei, die geforderten Aufgaben zu erfüllen.
Am 20.12.2012 beantragte der Kläger - vorsorglich - die Befreiung
von der Rentenversicherungspflicht und vertrat die Auffassung, dass die
bereits im Jahr 1985 ausgesprochene Befreiung auch für das aktuelle
Beschäftigungsverhältnis gelte. Die Beklagte lehnte den Antrag auf
Befreiung von der Rentenversicherungspflicht mit Bescheid vom 29.8.2013
ab, weil die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB
VI nicht vorlägen. Es müsse ein Zusammenhang zwischen der ausgeübten
Tätigkeit und der Pflichtmitgliedschaft bestehen. Maßgeblich sei § 2 Abs
1 und 3 Bundes-Apothekerordnung (BApO), die eine pharmazeutische
Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder
Abgabe von Arzneimitteln forderten. Nach der sozialgerichtlichen
Rechtsprechung sei eine berufsspezifische Tätigkeit - anders als im
Beitragsrecht der berufsständischen Kammern - jedoch nicht bereits dann
gegeben, wenn noch Kenntnisse und Fähigkeiten der pharmazeutischen
Ausbildung im Rahmen der Tätigkeit mitverwendet würden. Für die
Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 sei die Approbation
als Apotheker ausweislich der Stellenbeschreibung gerade nicht die
unabdingbare Einstellungsvoraussetzung gewesen. Der Aufgabenschwerpunkt
liege nicht auf pharmazeutischem Gebiet, sondern im Bereich des
Managements. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 11.3.2014 zurück.
Auf die hiergegen
erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 28.9.2015 die Bescheide der
Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers
für die Beigeladene zu 2 seit dem 1.10.2009 von der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Auf die Berufung der
Beklagten hat das LSG mit Urteil vom 28.4.2016 die Entscheidung des SG
abgeändert und die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide
verpflichtet, den Kläger ab der Antragstellung am 20.12.2012 von der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Streitig sei allein, ob der Kläger eine Beschäftigung ausübe, wegen der
er aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden
Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen
Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe
(berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft
gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sei.
Dies sei für den Inhalt des jeweiligen konkreten
Beschäftigungsverhältnisses anhand der einschlägigen versorgungs- und
kammerrechtlichen Normen zu prüfen. Die weiteren Voraussetzungen nach §
6 Abs 1 SGB VI lägen "unstreitig" vor. Die Befreiung könne erst ab dem
Zeitpunkt der Antragstellung erfolgen. Eine Befreiung des Klägers
bereits ab dem Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme am 1.10.2009 bzw
durchgängig seit 1985 ergebe sich auch nicht aus dem bestandskräftigen
Bescheid vom 21.2.1985. Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom
LSG zugelassenen Revision. Nach dem maßgeblichen § 2 Abs 3 BApO in der
einschlägigen Fassung ab 23.4.2016 gehörten nur solche Tätigkeiten dem
Apothekerberuf zu, die sich mit Arzneimitteln oder -stoffen befassten.
SG Gießen
- S 5 R 128/14 -
Hessisches LSG
- L 1 KR 347/15 -
3) 12.00 Uhr
- B 5 RS 8/17 R - M. S.
./. Deutsche Rentenversicherung Bund
Die Beteiligten
streiten im Zugunstenverfahren über die Feststellung weiterer
Arbeitsentgelte in Gestalt jährlicher Jahresendprämien (JEP) für Zeiten
der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen
Intelligenz (AVItech) in den Beschäftigungsjahren 1982 und 1984
(Zuflussjahre 1983 und 1985). Dem im Jahre 1936 geborenen Kläger wurde
nach einem Hochschulstudium in der Fachrichtung konstruktiver
Ingenieurbau an der Ingenieurschule für Bauwesen Cottbus mit Urkunde vom
27.2.1961 der akademische Grad "Diplom-Ingenieur" verliehen. Der Kläger
war vom 4.4.1961 bis 31.10.1978 als Statiker und Abteilungsleiter im
volkseigenen Betrieb (VEB) Industrie-Projektierung Dessau, vom 1.11.1978
bis 31.8.1983 als Problemanalytiker im VEB Metallleichtbaukombinat
Forschungsinstitut Leipzig sowie vom 1.9.1983 bis 30.6.1990 (und darüber
hinaus) als Statiker im VEB Bauingenieurkombinat für Anlagenbau Dessau
beschäftigt. Er erhielt in der DDR keine Versorgungszusage und war nicht
in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG einbezogen.
Mit eigenständigem Bescheid vom 10.5.2004 stellte die Beklagte in
Ausführung eines Anerkenntnisses vom 30.6.2003 die in den
Beschäftigungszeiten vom 4.4.1961 bis 30.6.1990 erzielten
Arbeitsentgelte fest. Den Antrag des Klägers vom 16.7.2008 auf
Berücksichtigung von JEP und anderen Sonderzahlungen als Arbeitsentgelt
lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.2.2010 ab. Am 30.3.2010 reichte
der Kläger bei der Beklagten Lohnunterlagen ein und führte aus, er habe
jedes Jahr JEP in Höhe von einem einfachen bis zum doppelten
Monatsgehalt erhalten. Zur Höhe der JEP besitze er keine Nachweise. Die
Beklagte sah hierin einen weiteren Überprüfungsantrag und wies diesen
nach Abschluss der Sachermittlung mit Bescheid vom 30.5.2011 und
Widerspruchsbescheid vom 11.5.2012 zurück.
Auf die hiergegen
erhobene Klage, die sich erstmals in der mündlichen Verhandlung vom
23.6.2015 auch gegen den Bescheid vom 20.2.2010 gerichtet hat, hat das
SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt,
gezahlte JEP und Exportprämien in den Jahren 1979 und 1982 bis 1990 in
bestimmter Höhe als weitere Arbeitsentgelte anzuerkennen. Die Berufung
der Beklagten hat sich hiergegen zuletzt noch hinsichtlich der
ausgeurteilten JEP für 1979, 1983, 1984 und 1985 gewandt. Mit Urteil vom
19.7.2016 hat das LSG unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das
Urteil des SG hinsichtlich der Zuflussjahre 1979 und 1984 aufgehoben und
die Klage insofern abgewiesen. Nur hinsichtlich der Zuflussjahre 1983
und 1985 sei der Zufluss einer JEP glaubhaft gemacht und könne
hinsichtlich der Höhe von der Möglichkeit der Schätzung Gebrauch gemacht
werden.
Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom
Senat zugelassenen Revision und rügt im Wesentlichen die Verletzung von
§ 6 Abs 1 S 1, § 8 Abs 1 S 2 AAÜG.
SG Leipzig
- S 27 RS 628/12 -
Sächsisches LSG
- L 5 RS 736/15 -