Siehe auch: Urteil des 2. Senats vom 5.7.2016 - B 2 U 19/14 R -
Medieninformation Nr. 14/16
Unfallversicherungsschutz auch während der Weihnachtsfeier einer
Abteilung
eines Betriebs
Die Klägerin ist als Sozialversicherungsfachangestellte bei der DRV
in der Dienststelle Kassel beschäftigt, die insgesamt 230 Mitarbeiter
hat. Bei einer Dienstbesprechung, an der der Dienststellenleiter
teilnahm, wurde beschlossen, dass auch im Jahre 2010 ‑ wie in den Jahren
zuvor ‑ sachgebietsinterne Weihnachtsfeiern stattfinden durften. Diese
Weihnachtsfeiern der Sachgebiete durften jeweils frühestens um 12.00 Uhr
beginnen und waren durch Betätigung der Zeiterfassung zu dokumentieren.
Der Büroleitung waren die Termine sowie der voraussichtliche Beginn
rechtzeitig bekannt zu geben. Die Teilnehmer erhielten eine
Zeitgutschrift in Höhe von 10 % der wöchentlichen Arbeitszeit. Die
Sachgebietsleiterin kündigte die Veranstaltung an und lud alle
Mitarbeiter des Sachgebiets ein. Nach einem gemeinsamen Kaffeetrinken in
den Räumen der Dienststelle machten sich die teilnehmenden zehn
Personen, darunter die Sachgebietsleiterin, auf den Weg zu einer
gemeinsamen Wanderung, auf der die Klägerin ausrutschte und sich
Verletzungen zuzog. Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Unfalls als
Arbeitsunfall ab. Das SG hat festgestellt, dass das Unfallereignis ein
Arbeitsunfall war. Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die
Klage abgewiesen.
Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat am
Dienstag, dem 5. Juli 2016 nach mündlicher Verhandlung das Urteil des
LSG aufgehoben und festgestellt, dass es sich um einen Arbeitsunfall
gehandelt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist auch die
Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als
Ausprägung der Beschäftigtenversicherung gem. § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII
versichert. Hierfür war bereits nach bisheriger Rechtsprechung zunächst
erforderlich, dass die Veranstaltung "im Einvernehmen" mit der
Betriebsleitung stattfand. Für ein solches "Einvernehmen" reicht es aus,
wenn der Dienststellenleiter in einer Dienstbesprechung mit den
jeweiligen Sachgebietsleitern vereinbart, dass die jeweiligen
Sachgebiete Weihnachtsfeiern veranstalten dürfen und weitere
Festlegungen (Beginn, Zeitgutschrift etc.) getroffen werden. Durch die
Gesamtheit dieser ‑ zudem seit Jahren praktizierten ‑ Vereinbarungen
wird hinreichend deutlich, dass die Feiern der einzelnen Sachgebiete im
Einvernehmen mit der Behördenleitung und damit im dienstlichen Interesse
stattfanden. Soweit das BSG bislang als weiteres Kriterium für
versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen darauf abgestellt
hat, dass die Unternehmensleitung persönlich an der Feier teilnehmen
muss, wird hieran nicht länger festgehalten. Betriebliche
Gemeinschaftsveranstaltungen stehen unter dem Schutz der Gesetzlichen
Unfallversicherung, weil durch sie das Betriebsklima gefördert und der
Zusammenhalt der Beschäftigten untereinander gestärkt wird. Dieser Zweck
wird auch erreicht und gefördert, wenn kleinere Untergliederungen eines
Betriebes Gemeinschaftsveranstaltungen durchführen. Die Teilnahme der
Betriebsleitung oder des Unternehmers persönlich ist hierfür nicht
erforderlich. Ausreichend ist daher, wenn durch eine betriebliche
Gemeinschaftsveranstaltung die Verbundenheit und das Gemeinschaftsgefühl
der Beschäftigten in dem jeweiligen Sachgebiet oder Team gefördert wird.
Notwendig ist dafür lediglich, dass die Feier allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern des jeweiligen Teams offen stand und die jeweilige
Sachgebiets- oder Teamleitung teilnimmt. Dies war hier der Fall, weil
die von der Dienststellenleitung ermächtigte Sachgebietsleiterin alle
Beschäftigten ihres Sachgebiets eingeladen hatte und die Feier
durchführte. Auf die tatsächliche Anzahl der Teilnehmenden kommt es
nicht an.
Az.: B 2 U 19/14 R S.W. ./. Hauptverwaltung Verwaltungs-BG
Hinweis auf die Rechtslage
§
8 Abs 1 Satz 1 SGB VII:
Arbeitsunfälle sind Unfälle
von Versicherten
infolge einer den Versicherungsschutz nach §
2 ...begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
§ 2 Abs 1 Nr. 1 SGB VII:
Kraft Gesetzes sind
versichert 1. Beschäftigte…