Siehe auch: Urteil des 10. Senats vom 27.10.2016 - B 10 EG 5/15 R -
Medieninformation Nr. 21/16
Für das Elterngeld sind auch Verluste "Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit"
Auch Verluste aus einer selbstständigen Tätigkeit sind Einkommen im
Sinne des Elterngeldrechts und können zur Verschiebung des
Bemessungszeitraums für das Elterngeld führen. Das hat der 10. Senat des
Bundesozialgerichts heute entscheiden und das entgegenstehende Urteil
des Landessozialgerichts Hamburg aufgehoben. Bei sogenannten
Mischeinkünften aus selbstständiger Tätigkeit und abhängiger
Beschäftigung schreibt das maßgebliche Bundeselterngeld- und
Elternzeitgesetz seit der Neuregelung vom 10. September 2012
grundsätzlich zwingend die Wahl des letzten Steuerjahres als
Bemessungszeitraum vor. Nach dieser jetzt vom Bundessozialgericht
bestätigten Regelung lösen auch Verluste, das heißt negative
Einkommensbeträge, den Rückgriff auf abgeschlossene steuerliche
Veranlagungszeiträume aus. Selbst wenn diese Verschiebung des
Bemessungszeitraums im Einzelfall zu einem erheblich geringeren
Elterngeldanspruch führt, ist dies durch das gesetzgeberische Ziel der
Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt und nicht gleichheitswidrig.
Geklagt hatte eine Finanzbeamtin aus Hamburg, die während der
Elternzeit für ihr erstes Kind im Jahr 2012 ein halbes Jahr lang ihr
Glück als selbstständige Beraterin für Küchen- und Haushaltsartikel
versucht hatte. Damit hatte sie aber nur Verluste erzielt. Ein Jahr vor
der Geburt ihres zweiten Kindes im November 2013 gab sie die
verlustbringende Selbstständigkeit auf und trat wieder ihren Dienst als
Beamtin an. Die Klägerin hatte deshalb verlangt, ihr Elterngeld auf der
Grundlage ihrer Beamtenbezüge und sonstiger Einkünfte in den zwölf
Kalendermonaten vor der Geburt ihres zweiten Kindes (November 2012 bis
Oktober 2013) zu bemessen. Stattdessen berechnete der beklagte
Stadtstaat das Elterngeld aber nach dem Einkommen der Klägerin im
letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum vor ihrer ersten Elternzeit,
dem Jahr 2011. Das Bundessozialgericht hat dieses Abstellen auf einen
abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum grundsätzlich
gebilligt. Trotzdem hat es den Rechtsstreit an das Landessozialgericht
zurückverwiesen. Das Landessozialgericht muss prüfen, ob die
Elterngeldbehörde den Bemessungszeitraum für das Elterngeld der Klägerin
vom Jahr 2012 zutreffend noch weiter auf das Jahr 2011 verschoben hat.
Das Gesetz räumt der Klägerin insoweit ein Wahlrecht ein. Bisher ist
nicht geklärt, ob sie einen entsprechenden Antrag gestellt hat.
Az.: B 10 EG 5/15 R
L. F. ./. Freie und Hansestadt Hamburg
Hinweise zur Rechtslage
§ 2b BEEG Bemessungszeitraum
(1)
1Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger
Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf
Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich.
2Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben
Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person
1. ohne Berücksichtigung einer
Verlängerung des Auszahlungszeitraums nach § 6 Satz 2 Elterngeld
für ein älteres Kind bezogen hat,
(…).
(2)
1Für
die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d vor der Geburt sind die
jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich,
die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen
Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen.
2Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen
des Absatzes 1 Satz 2 vorgelegen, sind auf Antrag die
Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen
Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen
Veranlagungszeitraum zugrunde liegen.
(3)
1Abweichend
von Absatz 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus
nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der
steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den
Gewinnermittlungszeiträumen nach Absatz 2 zugrunde liegt, wenn
die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Absatz 1 oder
Absatz 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte.
2Haben im Bemessungszeitraum nach Satz 1 die Voraussetzungen des
Absatzes 1 Satz 2 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der
zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des
Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der
Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum
maßgeblich ist.