Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 14. Senats vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R -, Urteil des 14. Senats vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R -, Urteil des 14. Senats vom 12.6.2013 - B 14 AS 73/12 R -, Urteil des 14. Senats vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R -, Urteil des 14. Senats vom 12.6.2013 - B 14 AS 50/12 R -, Urteil des 14. Senats vom 12.6.2013 - B 14 AS 68/12 R -, Urteil des 14. Senats vom 16.4.2013 - B 14 AS 28/12 R -
Kassel, den 12. Juni 2013
Terminbericht Nr. 29/13
(zur Terminvorschau Nr. 29/13)
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 12. Juni 2013 wie folgt:
1) Die Revision des beklagten Jobcenters ist als unzulässig zu
verwerfen, weil dieses durch das Urteil des LSG nicht beschwert ist. Das
LSG hat seinem Maßgabetenor nur die ‑ unstreitige ‑ Leistung für die
Unterkunft und die vom SG zugesprochene Leistung für die Heizung
zugrunde gelegt. Gegen das ihn teilweise belastende Urteil des SG hatte
der Beklagte aber keine Berufung eingelegt.
Die zulässige Revision der Klägerin ist insofern erfolgreich, als
teilweise ihrem Begehren stattzugeben und im Übrigen der Rechtsstreit an
das LSG zurückzuverweisen ist. Rechtsgrundlage für die Leistung für
Heizung ist § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, nach der die tatsächlichen
Aufwendungen zu übernehmen sind, soweit sie angemessen sind. Als
Grenzwert für unangemessene Heizkosten ist nach der Rechtsprechung des
BSG auf den sog bundesweiten Heizspiegel abzustellen. Dieser Grenzwert
für eine abstrakt angemessene Wohnung von 50 qm wird vorliegend deutlich
überschritten.
Beim
Überschreiten dieses Betrags sind jedoch die tatsächlichen Aufwendungen
so lange zu übernehmen, wie es der leistungsberechtigten Person nicht
möglich oder nicht zuzumuten ist, sie durch Wohnungswechsel, Vermieten
oder auf andere Weise zu senken (§ 22 Abs 1 Satz 3 SGB II). Mit
Schreiben vom 17.2.2010 hat der Beklagte wirksam auf die weiterhin
bestehende Kostensenkungsobliegenheit hingewiesen. Die sich aus diesem
Schreiben ergebende 6‑Monatsfrist für die Umsetzung von
Kostensenkungsmaßnahmen (vgl Urteil des Senats vom 16.4.2013 ‑ B 14 AS
28/12 R) lief jedoch erst mit dem 31.8.2010 ab, so dass bis zu diesem
Zeitpunkt die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für die Heizung in
voller Höhe, also 127 Euro zu erbringen sind. Abzüglich der von SG und
LSG schon zugesprochenen 67,93 sind dies (127 ‑ 67,93 =) 59,07 Euro.
Für die anschließende Zeit ist der Rechtsstreit mangels entsprechender
Feststellungen an das LSG zurückzuverweisen. Die Klägerin hat keine in
ihrer Person liegende Gründe, wie zB eine Krankheit, für einen erhöhten
Heizungsbedarf geltend gemacht hat. Eine abschließende Prüfung der
Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen ist dem Senat nicht möglich,
weil insbesondere ein Umzug eine Berücksichtigung beider Faktoren für
ein existenzsicherndes Wohnen (Heizung und Unterkunft) erforderlich
macht. Darauf weist auch der zwischenzeitlich eingeführte heutige § 22
Abs 1 Satz 4 SGB II hin, nach dem eine Absenkung unangemessener
Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung nicht gefordert werden muss,
wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu
erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.
SG Gelsenkirchen
- S 6 AS 1052/10 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 19 AS 2007/11 -
Bundessozialgericht
- B 14 AS 60/12 R -
2) Nachdem die
Beteiligten den Rechtsstreit auf die Zeit vom 1.10.2006 bis zum
30.11.2006 beschränkt hatten, ist die Revision des beklagten Jobcenters
zurückzuweisen. Das SG hat dem Kläger zu Recht für jeden Tag, an dem er
mehr als 12 Stunden bei seinem Vater war und mit diesem eine sog
temporäre Bedarfsgemeinschaft bildete, ein Dreißigstel seiner
monatlichen Regelleistung zugesprochen. Dies folgt schon aus der
bisherigen Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 7.11.2006 ‑ B 7b AS
14/06 R ‑ BSGE 97, 242 = SozR 4‑4200 § 20 Nr 1 und vom 2.7.2009
‑ B 14 AS 75/08 R ‑ SozR 4-4200 § 7 Nr 13).
Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger in der übrigen
Zeit in einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter lebte, der von dem
für diese Bedarfsgemeinschaft zuständigen Jobcenter für den Kläger schon
jeweils die Regelleistungen für einen vollen Monat bewilligt und gezahlt
wurden. Da die Bedarfsgemeinschaften im Falle des umgangsbedingten
Wechsels des Aufenthalts eines Kindes aber nicht personenidentisch sind,
handelt es sich um zwei Ansprüche, die unterschiedlich hoch sein können
und sich in zeitlicher Hinsicht ausschließen. Die Mutter hat dem Kläger
nach den tatsächlichen Feststellungen des SG für die Zeiten seines
Aufenthaltes bei dem Vater keine Mittel zugewandt. Inwieweit Ausgleichs-
oder Erstattungsansprüche gegen die Mutter bestehen, ist nicht
Gegenstand dieses Verfahrens.
Für die allein noch strittigen Monate Oktober 2006 ergibt dies bei einem
Aufenthalt von 10 Tagen bei dem Vater abzüglich der vom Beklagten schon
gezahlten 40 Euro einen Betrag von 29 Euro (10 x 6,90 ‑ 40) und für den
November 2006 bei 6 Tagen 1,40 Euro (6 x 6,90 ‑ 40).
SG Düsseldorf
- S 21 AS 3986/10 WA -
Bundessozialgericht
- B 14 AS 50/12 R -
3) Die Revision
der Kläger hat Erfolg. Entgegen der Ansicht des Beklagten und der
Vorinstanzen ist hier nur die Hälfte des Erbes als Einkommen zu
berücksichtigen.
Unabhängig von der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge gegenüber der
Obliegenheit des Schuldners zur Tilgung von privaten Schulden im Rahmen
des Insolvenzrechts, zB nach § 295 Abs 1 Nr 2 InsO, ist vorliegend
entscheidend, dass den Klägern aufgrund einer solchen Tilgung zu Beginn
des strittigen Zeitraums nur noch die Hälfte des Erbes als bereite
Mittel zur Verfügung stand und damit als Einkommen zu berücksichtigen
war (vgl Urteil des Senats vom 29.11.12 ‑ B 14 AS 33/12 R).
Die tenorierten Beträge ergeben sich aus den Feststellungen des LSG
hinsichtlich der Bedarfe und des übrigen Einkommens sowie der
Absetzbeträge.
SG
Düsseldorf
- S 29 AS 4510/11 -
LSG
Nordrhein-Westfalen
- L 19 AS 771/12 -
Bundessozialgericht
- B 14 AS 73/12 R -
4) Die
Sprungrevision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das SG hat im Ergebnis zu
Recht entschieden, dass der Klägerin ein höherer
Aufwendungsersatzanspruch nicht zusteht.
Nach § 63 Abs 1 S 1 SGB X hat die Behörde die zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der
Widerspruch erfolgreich ist. Die Höhe der Kostenquote ("soweit") richtet
sich nach dem Verhältnis des Erfolgs zum Misserfolg. Wenn ein
Widerspruch ‑ wie hier ‑ auch auf Nachfrage nicht begründet wird, ist
zur gebotenen Auslegung des Widerspruchsbegehrens davon auszugehen, dass
sämtliche nach Lage des Falles ernsthaft in Betracht kommenden
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beansprucht werden. Von
daher ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur auf die
Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abzustellen, sondern es
sind die mit der Anfechtung verbundenen weiteren Begehren ebenfalls zu
berücksichtigen. Konkretisierende Anhaltspunkte für diese können sich
etwa aus der bisherigen Bewilligungspraxis oder dem Widerspruchsbescheid
ergeben, der das maßgebliche Widerspruchsverfahren abgeschlossen hat.
Wenn ‑ wie hier ‑
bereits Leistungen bewilligt worden sind und sich der Widerspruch nach
Auslegung gegen die Vorläufigkeit und die Höhe der bewilligten Leistung
(sog Höchstwertfestsetzung) richten kann, hat der durch den
angefochtenen Bescheid bewilligte Betrag ‑ entgegen der Auffassung des
SG ‑ bei der Ermittlung der Kostenquote von vornherein außer Betracht zu
bleiben. Vielmehr ist derjenige Betrag, der vernünftigerweise zusätzlich
begehrt wird, zu demjenigen Betrag, der durch das Widerspruchsverfahren
tatsächlich erlangt wird, ins Verhältnis zu setzen. Dies zugrunde
gelegt, ergibt sich jedenfalls keine höhere Kostenquote als 30 vom
Hundert. Denn vor dem angefochtenen Bescheid erhielt die Klägerin
monatlich etwa 500 Euro Alg II, in dem angefochtenen Bescheid etwa 280
Euro und nach der Änderung im Vorverfahren im Durchschnitt etwa 300
Euro, so dass sie nur in Höhe von circa 20 Euro obsiegte.
SG Cottbus
- S 14 AS 1530/12 -
Bundessozialgericht
- B 14 AS 68/12 R -