| Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. |
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| 1. Einer Sachentscheidung des erkennenden Senats stehen keine prozessualen Hindernisse entgegen. Klage und Berufung sind zulässig. Die Berufung ist nach dem im Zeitpunkt ihrer Einlegung (20.2.2009) geltenden Recht ohne Zulassung statthaft, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes überstieg mit 786,75 Euro (Elterngeldanspruch der Klägerin für einen Lebensmonat des Kindes in Höhe von 1219,46 Euro : 31 x 20 tatsächlich geltend gemachte Tage) die in § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG (idF von Art 1 Nr 24 Buchst a Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes <ArbGG> vom 26.3.2008 <BGBl I 444>) festgelegte Grenze von 750 Euro. |
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| Auch begegnet das angefochtene Urteil des LSG nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil dieses im Berufungsverfahren zusätzlich zur Zurückweisung der Berufung gegen das Urteil des SG auch eine Klage gegen den Bescheid vom 11.2.2009 abgewiesen hat. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass allein über den Bescheid vom 11.2.2009 zu entscheiden ist, weil dieser als endgültiger Verwaltungsakt die vorläufige Festsetzung des Elterngeldes in den Bescheiden vom 13.7.2007 und 4.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.4.2008 ersetzt hat (§ 39 Abs 2 SGB X). Wie das LSG zu Recht angenommen hat, ist er damit nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 96 RdNr 7a und 11 unter Hinweis auf BSGE 45, 49, 51 und BSGE 47, 28, 30). Da der Bescheid vom 11.2.2009 der Klägerin nach Zustellung des SG-Urteils (20.1.2009), aber noch vor Einlegung der Berufung (20.2.2009) bekannt gegeben und damit nach § 39 Abs 1 S 1 SGB X wirksam geworden ist, liegt eine Klageänderung kraft Gesetzes bereits im Klageverfahren vor. Über die Rechtmäßigkeit eines solchen Bescheides ist nach den Grundsätzen zu entscheiden, die die Rechtsprechung für die Fälle entwickelt hat, in denen das SG übersehen hat, dass ein neuer Verwaltungsakt gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist (vgl BSG vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - RdNr 17 mwN - SozR 4-7837 § 4 Nr 2 RdNr 17). Dementsprechend hat das LSG bereits im Wege der Überprüfung des Urteils des SG über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides mit entschieden; der zusätzlichen Klagabweisung hätte es nicht bedurft. |
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| 2. Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Auf der Grundlage seiner insoweit nicht angegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Auszahlung von Elterngeld für die Zeit vom 13.3. bis 2.4.2007 nicht zu, weil insoweit das ihr für diesen Zeitraum gezahlte höhere Mutterschaftsgeld sowie der Arbeitgeberzuschuss anzurechnen sind. |
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| a) Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 1.1.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). § 1 Abs 1 BEEG sieht vor, dass Anspruch auf Elterngeld hat, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Ob die Klägerin diese Voraussetzungen im streitigen Zeitraum vom 13.3. bis 2.4.2007 erfüllt, hat das LSG nicht ausdrücklich festgestellt. Dies kann jedoch vorliegend dahinstehen, da die Klägerin bereits aus anderen Gründen, nämlich wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss für denselben Zeitraum, nach § 3 Abs 1 BEEG keinen Anspruch auf Zahlung von Elterngeld hat. |
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| b) Nach § 3 Abs 1 S 1 BEEG wird Mutterschaftsgeld, das der Mutter nach der RVO oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte für die Zeit ab dem Tag der Geburt zusteht, mit Ausnahme des Mutterschaftsgeldes nach § 13 Abs 2 des MuSchG auf das ihr zustehende Elterngeld nach § 2 BEEG angerechnet. Gemäß § 3 Abs 1 S 3 BEEG gilt dies auch für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG sowie für Dienstbezüge, Anwärterbezüge und Zuschüsse, die nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften für die Zeit der Beschäftigungsverbote zustehen. Damit ist kraft Gesetzes nach § 3 Abs 1 BEEG das Mutterschaftsgeld und nach § 3 Abs 1 S 3 BEEG der Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld zwingend auf den der Berechtigten zustehenden Elterngeldanspruch nach § 2 BEEG anzurechnen. Die berechtigte Person ist insoweit beim Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs 1 RVO ebenso wie beim Arbeitgeberzuschuss nach § 14 Abs 1 S 1 MuSchG stets die Mutter, also hier die Klägerin. Mangels anderweitiger Regelung im Gesetz gilt diese Anrechnungsvorschrift auch für den Fall, dass der 6-wöchige Anspruchszeitraum des Mutterschaftsgeldes vor der Geburt wegen der vorzeitigen Entbindung nicht ausgeschöpft werden konnte und sich dadurch gemäß § 6 Abs 1 S 1 MuSchG der Anspruchszeitraum nach der Geburt entsprechend verlängert (vgl LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 16.3.2011 - L 2 EG 18/10 - juris RdNr 19). |
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| c) Zur Auslegung des Begriffs der nach § 3 Abs 1 BEEG anzurechnenden Leistungen (vgl dazu auch § 4 Abs 3 S 2 BEEG) hat der Senat bereits mit Urteil vom 26.5.2011 (- B 10 EG 12/10 R - ab RdNr 22 ff - SozR 4-7837 § 4 Nr 2) umfangreiche Ausführungen gemacht. Hieran ist festzuhalten. Danach sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 3 Abs 1 BEEG dafür, dass das von einer Berechtigten nach der Geburt des Kindes bezogene Mutterschaftsgeld nebst Arbeitgeberzuschuss auf das ihr zustehende Elterngeld nach § 2 BEEG zur Vermeidung von Doppelleistungen auch insoweit anzurechnen ist, als die Geburt vor dem errechneten Termin erfolgt. |
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Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs 1 S 1 BEEG wird Mutterschaftsgeld, das der Mutter zusteht, ebenso wie der Arbeitgeberzuschuss nach Satz 3 der Regelung auf das "ihr zustehende Elterngeld" angerechnet. Eine durch Rechtsfortbildung ausfüllbare Regelungslücke ist insoweit nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber hat zur Vermeidung von Doppelleistungen sachgerecht auf die Zweckidentität beider Leistungen (Mutterschaftsgeld bzw Arbeitgeberzuschuss nach § 14 MuSchG und Elterngeld) für die Mutter abgestellt (vgl BT-Drucks 16/1889 S 22 zu § 3 Abs 1). In der Begründung zum Entwurf des § 3 BEEG heißt es ausdrücklich: |
| | "Absatz 1 betrifft das Verhältnis von Elterngeld und Mutterschaftsleistungen … Diese Leistungen und das Elterngeld dienen insoweit dem gleichen Zweck, als sie für den gleichen Leistungszeitraum aus demselben Anlass, nämlich der Geburt des Kindes, dieselben Einkommenseinbußen ganz oder teilweise ersetzen oder ausgleichen. Sie können deshalb nicht nebeneinander gewährt werden. Der Zweck des Elterngeldes, Eltern individuell bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sie nach einer Geburt die Betreuung ihres Kindes übernehmen, ist im Falle gezahlter Mutterschaftsleistungen bereits erfüllt. Die in den Sätzen 1 und 2 genannten Leistungen sind für den beschränkten Zeitraum und den eingeschränkten Berechtigtenkreis auch wegen des grundsätzlich weitergehenden Umfangs als vorrangige Leistung gegenüber dem Elterngeld anzusehen und deshalb auf das Elterngeld anzurechnen." |
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Die Gesetzesmaterialien zu § 4 Abs 3 S 2 BEEG machen deutlich, dass sich die Anrechnung der Zeiten des Bezuges von Leistungen nach § 3 Abs 1 BEEG auch auf den Bezugszeitraum des Elterngeldes auswirkt, mit der Folge, dass die betreffenden Monate "als verbraucht gelten". Wörtlich heißt es dort (vgl BT-Drucks 16/1889 S 23): |
| | "Satz 2 stellt klar, dass Lebensmonate des Kindes, für die Mutterschaftsleistungen nach § 3 Abs 1 oder dem Elterngeld vergleichbare Leistungen nach § 3 Abs 3 bezogen werden, auch auf den Bezugszeitraum des Elterngeldes anzurechnen sind; die betreffenden Monate gelten als von der für die betreffende Leistung anspruchsberechtigten Person verbraucht." |
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| Nach dem Sinn und Zweck des BEEG ergänzt die in § 4 Abs 3 S 2 BEEG geregelte Fiktion von Bezugsmonaten die im vorliegenden Fall vorzunehmende Anrechnung des Mutterschaftsgeldes sowie des Arbeitgeberzuschusses auf das Elterngeld nach § 3 Abs 1 S 1 und S 3 BEEG (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - RdNr 25 - SozR 4-7837 § 4 Nr 2). Die Anrechnungsregelung dient ebenso wie § 4 Abs 3 S 2 BEEG dazu, zweckidentische Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume zu vermeiden (s zum Zweck der Anrechnung des Erziehungsgeldes auf das Mutterschaftsgeld: BSGE 69, 95, 98 ff = SozR 3-7833 § 7 Nr 1 S 4 ff; zur Anrechnung nach § 3 BEEG: Becker in Buchner/Becker, MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008, § 3 BEEG RdNr 3, 20 ff; Hambüchen in Hambüchen, BEEG-EStG-BKGG, Stand Dezember 2009, § 3 BEEG RdNr 4, 13). Denn beim Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss sowie beim Elterngeld handelt es sich um Erwerbsersatzeinkommen nach § 18a Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Abs 3 Nr 1 SGB IV (vgl zB Seewald in Kasseler Komm, Stand August 2008, § 18a SGB IV RdNr 12 und 18). Mit der Anrechnung verdrängen das vorrangige Mutterschaftsgeld und der Arbeitgeberzuschuss das Elterngeld, soweit es für denselben Bezugszeitraum zu erbringen ist. |
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| d) Angesichts dieses Auslegungsergebnisses ist für die von der Klägerin angestrebte verfassungskonforme Auslegung des § 3 Abs 1 BEEG kein Raum. Eine zeitgleiche Zahlung von Elterngeld und Mutterschaftsgeld nebst Arbeitgeberzuschuss wollte der Gesetzgeber eindeutig ausschließen (vgl BT-Drucks 16/1889 S 22f). Auch eine Verlängerung der Bezugsdauer von Elterngeld um Zeiten, für die eine Anrechnung von anderen Leistungen nach § 3 Abs 1 und 3 BEEG erfolgt, hat der Gesetzgeber - anders als nach § 6 Abs 1 S 2 MuSchG - in § 6 BEEG ausdrücklich nicht vorgesehen: "… Monate, für die wegen der Anrechnung anderer Leistungen nach § 3 kein Elterngeld gezahlt wird, können nicht zu einer Verlängerung des Auszahlungszeitraums führen" (vgl BT-Drucks 16/1889 S 25 zu § 6; Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, Stand 52. ErgLfg 2012, § 4 BEEG RdNr 34). Aus der Entstehungsgeschichte und dem Regelungszusammenhang des BEEG lässt sich demnach keine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes entnehmen (vgl allg zur Feststellung von Gesetzeslücken Senatsurteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - RdNr 31 mwN - SozR 4-7837 § 4 Nr 2). |
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| e) Die von ihm vertretene Auslegung des § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG hält der erkennende Senat für verfassungsrechtlich unbedenklich. |
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aa) Eine Verletzung des besonderen Gleichbehandlungsgebots nach Art 3 Abs 2 GG sowie des Benachteiligungsverbots nach Art 3 Abs 3 GG liegt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor. Art 3 Abs 2 GG bestimmt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, der Staat die tatsächliche Durchführung der Gleichberechtigung fördert und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirkt. Nach Art 3 Abs 3 GG darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Diese Vorschriften verbieten die geschlechtsbezogene direkte Ungleichbehandlung von Männern und Frauen (Jarass in Jarass/Pieroth, GG Komm, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 85). Eine Benachteiligung von Frauen liegt hier nicht vor. Denn die Anrechnungsregelung des § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG betrifft Leistungen, die ausschließlich Frauen erhalten können. Dabei ist das Mutterschaftsgeld nebst Arbeitgeberzuschuss höher als das Elterngeld, welches auch Männer beziehen können. Es handelt sich bei der Regelung des § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG lediglich um eine Vorschrift zur Vermeidung von Doppelleistungen für Frauen. Darüber hinaus sorgt § 4 Abs 3 S 2 BEEG (Fiktion von Bezugsmonaten) dafür, dass sich die in § 3 Abs 1 BEEG geregelte Anrechnung auf die den Eltern insgesamt zustehende Bezugsdauer des Elterngeldes auswirkt. So hat der Senat bereits mit Urteil vom 26.5.2011 (- B 10 EG 12/10 R - RdNr 25 - SozR 4-7837 § 4 Nr 2) klargestellt: |
| | "§ 4 Abs 3 S 2 BEEG ergänzt die Anrechnungsregelungen des § 3 Abs 1 und 3 BEEG. Durch eine zwingende gesetzliche Zuordnung von Bezugsmonaten, in denen nach diesen Vorschriften anzurechnende Leistungen zustehen, werden die sich aus § 5 Abs 1 und 2 BEEG ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten der Eltern (Bestimmung des anspruchsberechtigten Elternteils) eingeschränkt (dazu Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, RdNr 273 ff; Becker in Buchner/Becker MuSchG-BEEG, 8. Aufl 2008 § 4 BEEG RdNr 22, § 5 BEEG RdNr 4). Diese Vorschrift stellt damit sicher, dass die Anrechnungsregelungen des § 3 Abs 1 und 3 BEEG nicht durch eine entsprechende Gestaltung der Bezugsberechtigung von den Eltern umgangen werden. Sie dient - wie die Anrechnungsregelungen - dazu, zweckidentische Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume zu vermeiden." |
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| Damit scheidet auch eine sachwidrige geschlechtsspezifische Diskriminierung aus. |
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| bb) Eine von der Klägerin behauptete Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG lässt sich ebenfalls nicht feststellen. |
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| Art 3 Abs 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr des Bundesverfassungsgerichts <BVerfG> seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl etwa BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten (Jarass in Jarass/Pieroth, GG Komm, 12. Aufl 2012, Art 3 RdNr 8 mwN). Dabei legt das BVerfG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176). Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im Abschnitt 1 des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 S 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. |
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| Vor diesem Hintergrund kommen vorliegend als Vergleichsgruppen zunächst Frauen in Betracht, die ihr Kind zum errechneten Geburtstermin zur Welt gebracht haben, und Frauen mit einer Geburt vor diesem Zeitpunkt (vgl zum Begriff der Frühgeburt iS von § 6 Abs 1 MuSchG BAGE 85, 248 = NZA 1997, 764 = NJW 1997, 2472). Insoweit werden Frauen, die ihr Kind zum errechneten Geburtstermin zur Welt gebracht haben, gegenüber Frauen, deren Kind in der Zeit davor geboren ist, hinsichtlich der Summe des insgesamt zustehenden Elterngeldes ungleich behandelt, weil im Falle einer Geburt vor dem errechneten Termin das auf das Elterngeld anrechenbare Mutterschaftsgeld (nebst Arbeitgeberzuschuss) für einen entsprechend längeren Zeitraum nach der Geburt gewährt wird. Das wiederum führt zu einer kürzeren Bezugsdauer des Elterngeldes. |
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| Dieser Unterschied ist jedoch durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt. Er beruht darauf, dass der Gesetzgeber durch die Anrechnung von Leistungen nach § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG - unabhängig von den daneben bestehenden Unterschieden in der Zwecksetzung von Mutterschafts- und Elterngeldleistungen - einen Bezug von zweckidentischen Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume und damit eine Überversorgung der Elterngeldberechtigten vermeiden wollte. Dabei ist das Abstellen auf den tatsächlichen Geburtstermin als objektiv feststellbare Tatsache sachgerecht, zumal damit der Betreuungsbedarf des Kindes einsetzt. |
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| Die Nichtberücksichtigung von Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs 2 MuSchG bei der Anrechnung auf den zustehenden Elterngeldanspruch stellt zwar eine Ungleichbehandlung gegenüber Eltern dar, bei denen die Mutter Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs 1 MuSchG erhält. Aber auch dieser Unterschied ist durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt. Nach § 13 Abs 2 MuSchG erhalten Frauen, die nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind, Mutterschaftsgeld in Höhe von insgesamt maximal 210 Euro. Diese Leistungshöhe beruht auf dem Umstand, dass die sich aus dem MuSchG ergebenden Belastungen im Falle einer fehlenden Krankenversicherung allein vom Staat zu tragen sind (vgl Roos in Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, 52. ErgLfg 2012, § 13 MuSchG RdNr 3). Dem stehen 13 Euro kalendertägliches Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs 2 S 2 RVO für eine Frau gegenüber, die - wie die Klägerin - Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist. Bei einer Schutzfrist von insgesamt 99 Tagen (sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt) errechnet sich für ein Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse ein Gesamtanspruch auf Mutterschaftsgeld von 1287 Euro zzgl individuell zu bestimmender Arbeitgeberzuschuss nach § 14 MuSchG. |
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| Angesichts dieser erheblich höheren Leistungsbeträge für ein Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse gegenüber einem Nichtmitglied ist es bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sachgerecht, die wesentlich niedrigere Leistung nach § 13 Abs 2 MuSchG nicht auf den Anspruch von Elterngeld anzurechnen, da der Höchstbetrag von 210 Euro nicht geeignet ist, eine Einkommensersatzfunktion zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs zu übernehmen, und damit im Verhältnis zum Elterngeld keine Doppelleistung vorliegt. In diesen Fällen wird aufgrund eines geringen oder keines Einkommens der Berechtigten im Bemessungszeitraum in aller Regel auch nur ein geringer Elterngeldanspruch bis hin zum Basisbetrag von 300 Euro (§ 2 Abs 5 BEEG) in Frage kommen. |
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| cc) Ein Verstoß von § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG gegen das aus Art 6 Abs 1 GG herzuleitende Gebot der Förderung der Familie und der damit begründeten allgemeinen Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich (vgl BVerfGE 111, 160, 172) ist ebenfalls nicht anzunehmen. |
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| Art 6 Abs 1 GG garantiert als Abwehrrecht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im materiell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß dürfen die Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen sowie insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Elternteilen in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl BVerfGE 99, 216, 231). Neben der Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der Schutzpflicht des Art 6 Abs 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise bzw zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl BVerfGE 99, 216, 234). Auch in diesem Zusammenhang ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit sowohl für die Abgrenzung der begünstigenden Personengruppen (hierzu BVerfGE 99, 165, 178; 106, 166, 175 f) als auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (hierzu BVerfGE 87, 1, 35 f; 103, 242, 260) ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - RdNr 35 mwN - SozR 4-7837 § 4 Nr 2). |
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| Legt man diesen Prüfungsmaßstab zugrunde, so begegnet die Regelung des § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit danach im Falle einer vorzeitigen Geburt des Kindes wegen der Berücksichtigung eines zusätzlichen nachgeburtlichen Bezuges von Mutterschaftsgeld nebst Arbeitgeberzuschuss ein entsprechend verminderter Elterngeldbezug eintritt. Dadurch wird die Entscheidungsfreiheit von Eltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung nicht in verfassungswidriger Weise berührt, zumal sich die Verkürzung des Elterngeldanspruchs gemäß § 4 Abs 3 S 2 BEEG auf beide Elternteile auswirkt. Durch die gesetzlich zwingend vorzunehmende Anrechnung des Mutterschaftsgeldes sowie des Arbeitgeberzuschusses nach § 14 MuSchG auf den der Mutter nach § 2 BEEG zustehenden Elterngeldanspruch übt der Gesetzgeber weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Zwang auf die Eltern aus, anstelle der persönlichen Betreuung des Kindes wieder eine elterngeldschädliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Solange der Mutter für Lebensmonate des Kindes Mutterschaftsgeld zusteht, unterliegt sie einem Beschäftigungsverbot. Stehen die Leistungen iS des § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG nur für einen Teil des Lebensmonats des Kindes zu, sind sie nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen (§ 3 Abs 1 S 4 BEEG). Darüber hinaus kann eine elterngeldunschädliche Erwerbstätigkeit mit bis zu 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats ausgeübt werden (§ 1 Abs 6 BEEG). Die insoweit erforderliche Förderungs- und Unterstützungspflicht erfüllt der Staat bereits durch die Regelungen des MuSchG. Durch die Kombination von Mutterschaftsgeld und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld werden Frauen während der Beschäftigungsverbote vor und nach der Entbindung finanziell so abgesichert, dass für sie kein Anreiz besteht, unter Inkaufnahme von gesundheitlichen Gefährdungen zum Zwecke der Existenzsicherung zu arbeiten (vgl BVerfGE 109, 64 = NZA 2004, 33, zu C 2 b bb). |
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| Das BEEG übt generell keinen durch Art 6 Abs 1 GG verbotenen Zwang auf Eltern aus, sondern setzt lediglich Anreize, die familienpolitischen Zielen, aber auch fiskalischen Interessen des Staates dienen (vgl Seiler, NVwZ 2007, 129, 132). Soweit der Gesetzgeber zweckidentische Leistungen nach § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG anrechnet und diese Zeiträume nach § 4 Abs 3 S 2 BEEG als Elterngeldbezugszeiten bewertet, ist dies bereits aus staatsfiskalischen Gründen wegen der Vermeidung von Doppelleistungen gerechtfertigt. Eine finanzielle Härte besteht wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss anstelle von Elterngeld in der nachgeburtlichen Zeit nicht. Art 6 Abs 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht dazu, die familiäre Eigenbetreuung von Kindern in einem weiteren Umfang zu fördern, als dies bereits durch die Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit geschieht (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 6.6.2011 - 1 BvR 2712/09 - RdNr 9 mwN - NJW 2011, 2869). |
|
| Das gemäß Art 6 Abs 2 GG geschützte Elternrecht betreffend die freie Entscheidung über die Pflege, Ernährung, Gesundheit, Vermögen und Erziehung der Kinder (vgl Jarass, aaO, Art 6 RdNr 42 mwN) ist vorliegend ebenfalls nicht verletzt. Das insoweit allein in Betracht kommende Recht auf Erziehung wird durch die Anrechnungsregelungen in § 3 Abs 1 BEEG nicht gestaltet, sondern durch die einkommensersetzende Funktion des Elterngeldes gerade geschützt. Denn während der Elternzeit erwirtschaftet der betreuende Elternteil kein ersatzfähiges Einkommen. Durch die Anrechnung anderer Leistungen nach § 3 Abs 1 S 1 und 3 BEEG erfolgt kein Eingriff in das Elternrecht im Verhältnis zum Kind. Denn wenn bereits eine Leistung mit einkommensersetzender Funktion erbracht wird, um die Betreuung und Erziehung des Kindes zu sichern, bedarf es zu demselben Zweck keiner weiteren Leistung. |
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| f) Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die gesetzliche Konzeption des Elterngeldes und der Elternzeit gegen verbindliche Normen des Europarechts verstoßen könnte. Art 2 Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9.2.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl L 39, S 40) in der durch die Richtlinie 2002/73/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 23.9.2002 (ABl L 269, S 15) geänderten Fassung sowie Art 8 und 11 Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (10. Einzelrichtlinie iS des Art 16 Abs 1 der Richtlinie 89/391/EWG, ABl L 348, S 1) sind hier nicht betroffen. Diese Vorschriften schreiben den Mindeststandard für Arbeitsverträge und den Zugang zu Beschäftigungsverhältnissen dahin vor, dass die erfassten Arbeitnehmerinnen durch vertragliche Regelungen nicht in ihren Schutzrechten und Ansprüchen einschließlich der Rechte auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts ua beeinträchtigt werden dürfen (vgl BAG Urteil vom 22.8.2012 - 5 AZR 652/11 - RdNr 25 - in BAGE vorgesehen, NZA 2012, 1277, 1278). Dieser Schutzbereich ist durch die in Rede stehenden Regelungen des BEEG nicht berührt. Er wird vornehmlich durch das MuSchG gesichert. So hat der EuGH nationales Recht dann als europarechtswidrig angesehen, wenn dieses mit dem Mutterschaftsurlaub verbundene Rechte verkürzt (Urteil vom 20.9.2007 - C-116/06 - Kiiski, NZA 2007, 1274 = AP Nr 8 zu EWG-Richtlinie Nr 92/85). Dies ist nach dem BEEG gerade nicht der Fall; die Leistungen nach dem MuSchG gehen den Leistungen nach dem BEEG vor. Im Übrigen hat der Senat mit Urteil vom 25.6.2009 (- B 10 EG 8/08 R - RdNr 64 - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2) entschieden, dass das BEEG die Vorgaben des Art 11 Nr 4 S 2 Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19.10.1992 erfüllt. Denn der Anspruch auf Elterngeld setzt nach § 1 BEEG nicht voraus, dass die berechtigte Person vor der Entbindung einer Erwerbstätigkeit von mehr als zwölf Monaten nachgegangen sein muss. Der in § 2 BEEG normierte Zwölfmonatszeitraum ist allein relevant für die Höhe des Elterngeldes. Eine sich hieraus ergebende unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts betreffend Arbeitsbedingungen iS von Art 2 Richtlinie 76/207/EWG vom 9.2.1976 ist in keiner Weise ersichtlich und lässt sich auch nicht der Entscheidung des EuGH vom 20.9.2007 (-C-116/06 - Kiiski, NZA 2007, 1274) entnehmen. |
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| Ein Verstoß gegen die von der Klägerin genannte Richtlinie 79/7/EWG der Europäischen Union zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit vom 19.12.1978 (ABl L 6, S 24) scheidet aus den gleichen Gründen aus wie eine Verletzung der dasselbe Ziel verfolgenden Absätze 2 und 3 des Art 3 GG (s Art 1 der Richtlinie; vgl insoweit auch Senatsurteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R - RdNr 65 - BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2). Eine Ungleichbehandlung kommt vorliegend in erster Linie zwischen Frauen mit einer vorzeitigen Geburt und Frauen mit einer Geburt ihres Kindes zum errechneten Termin in Betracht. Hieraus kann sich keine geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung ergeben. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. |
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