Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 6. Senats vom 11.12.2013 - B 6 KA 4/13 R -, Urteil des 6. Senats vom 11.12.2013 - B 6 KA 39/12 R -, Urteil des 6. Senats vom 11.12.2013 - B 6 KA 14/13 R -, Urteil des 6. Senats vom 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R -, Urteil des 6. Senats vom 11.12.2013 - B 6 KA 6/13 R -
Kassel, den 12. Dezember 2013
Terminbericht Nr. 57/13
(zur Terminvorschau Nr. 57/13)
Der 6. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 11. Dezember 2013.
1) Die Sprungrevision des klagenden Arztes
ist erfolgreich gewesen. Die beklagte KÄV ist nicht berechtigt, den
Kläger wegen seiner Anstellung im MVZ zum ärztlichen Bereitschaftsdienst
heranzuziehen. In Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung knüpft
der Senat auch im Falle eines MVZ bezüglich der Pflicht zur Teilnahme am
ärztlichen Bereitschaftsdienst an den Zulassungsstatus an. Da die
Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung allein dem MVZ und nicht dem
im MVZ angestellten Arzt erteilt wird, obliegt dem MVZ auch die Pflicht
zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst. Diese Pflicht folgt
nicht bereits aus der Mitgliedschaft der angestellten Ärzte in der KÄV.
Auf dieser Grundlage wäre eine Heranziehung von Ärzten wie dem Kläger,
der nur im Umfang von 10 Wochenstunden angestellt ist, im Übrigen
ebenfalls ausgeschlossen, da Ärzte, die nicht mindestens halbtags
beschäftigt sind, gemäß § 77 Abs 3 Satz 2 SGB V nicht Mitglied der KÄV
sind.
Die Anknüpfung
an den Zulassungsstatus trägt auch der Erwägung Rechnung, dass die
Organisation der Versorgung der Patienten im MVZ und die Planung des
dortigen Personaleinsatzes Sache des MVZ ist. Mit der Verantwortung des
MVZ für die organisatorische Umsetzung des ärztlichen
Bereitschaftsdienstes im Umfang von dessen Mitwirkung an der Versorgung
wird gewährleistet, dass die Organisation des Personaleinsatzes in einer
Hand liegt. Außerdem könnte der in einem MVZ angestellte Arzt nicht
unabhängig von seinem Arbeitgeber entscheiden, dass Einrichtungen des
MVZ organisatorisch für die Durchführung des Bereitschaftsdienstes zur
Verfügung stehen. Da sich der Umfang der Teilnahme des MVZ am ärztlichen
Bereitschaftsdienst nach dessen Mitwirkung an der Versorgung richtet,
können auch anteilige Versorgungsaufträge abgebildet werden.
Ob die in einem MVZ angestellten Ärzte auf der Grundlage einer
gemeinsamen Notfalldienstordnung von KÄV und Ärztekammer unmittelbar zum
Bereitschaftsdienst herangezogen werden könnten, war nicht zu
entscheiden, weil es eine solche gemeinsame Notfalldienstordnung in
Sachsen nicht gibt.
SG Dresden - S 11 KA 162/09 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 39/12 R -
2) Die Revision
der klagenden Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) ist ohne Erfolg
geblieben. Die Vorgaben, die der Bewertungsausschuss für die Ermittlung
der fachgruppenbezogenen RLV im Quartal I/2009 gemacht hat, sind
rechtmäßig. Zwar rügt die Klägerin mit Recht, dass der
Bewertungsausschuss in einigen Punkten die gesetzlichen Vorgaben nicht
wortlautgetreu umgesetzt hat und insbesondere die Abrechnungsergebnisse
des Jahres 2007 statt derjenigen des Jahres 2008 der Berechnung des
Orientierungswertes zu Grunde gelegt hat. Die Daten für das Jahr 2008
lagen dem Bewertungsausschuss bei der Beschlussfassung im Sommer 2008
nicht vor und konnten ihm auch aus tatsächlichen Gründen nicht
vorliegen. Deshalb musste sich der Bewertungsausschuss bemühen, der
tatsächlich nicht umsetzbaren Vorstellung des Gesetzgebers möglichst
nahe zu kommen, und das ist durch die Erhöhung des Volumens aus dem Jahr
2007 um die geschätzte Veränderungsrate von 2007 auf 2008 geschehen. Die
vom Senat stets betonte Gesetzesbindung des Bewertungsausschusses gibt
keine Lösung für eine Lage vor, in der sich Vorgaben des Gesetzgebers
tatsächlich nicht umsetzen lassen, der Bewertungsausschuss aber deshalb
nicht einfach seine Tätigkeit einstellen und keine Vorgaben für die RLV
ab dem Quartal I/2009 machen darf.
Soweit die Klägerin rügt, dass ihr der Zuschlag für die Kooperation in
einer BAG nicht gewährt worden ist, hat sie auch insoweit keinen Erfolg.
Die beklagte KÄV durfte die Förderung der kooperativen
vertragsärztlichen Tätigkeit in den ersten beiden Quartalen des Jahres
2009 auf fachgebiets- bzw schwerpunktgleiche Kooperationen beschränken.
Zu solchen Kooperationen gehört eine BAG aus Radiologen und einem
Nuklearmediziner nicht.
SG Düsseldorf - S 33 KA 115/09 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 4/13 R -
3) Die Revision
des Klägers ist erfolglos geblieben.
Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die beklagte Kassenärztliche
Vereinigung die Höhe des dem klagenden Augenarzt zugewiesenen
Regelleistungsvolumens (RLV) zutreffend berechnet hat. Entgegen der
Auffassung des Klägers sind die normativen Grundlagen dieser Berechnung
wirksam. Die Annahme des Klägers, dass sein RLV so hoch sein muss, dass
die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes rechnerisch in jedem
Behandlungsfall mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten
sind, mag der Idealkonzeption des Gesetzes entsprechen, ist jedoch nicht
durchweg realisierbar, wenn ‑ wie gesetzlich vorgegeben ‑ die
tatsächlich gezahlten Gesamtvergütungen Grundlage der Berechnung der RLV
sind. Das Grundsystem der Vergütung der Gesamtheit der
vertragsärztlichen Leistungen mit einem (grundsätzlich) abschließend
festgelegten Honorarvolumen in Form der im Vereinbarungswege mit den
Krankenkassen bestimmten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen ist
nicht durchweg kompatibel mit der Vorstellung, der Großteil der
vertragsärztlichen Leistungen auf einem bestimmten Fachgebiet je Fall
sei zwingend mit festen Preisen zu vergüten.
SG Mainz - S 8 KA 87/09 -
LSG
Rheinland-Pfalz - L 7 KA 67/11 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 6/13 R -
4) Die Revisionen
der Beklagten hatten Erfolg gehabt.
Das LSG hat die Entscheidung des SG sowie die angefochtenen
Richtigstellungsbescheide zu Unrecht aufgehoben. Die Klägerin war nicht
berechtigt, in Fällen, in denen sie das Ergebnis der pathologischen
Untersuchung (auch) an Dritte ‑ zB den Hausarzt des Patienten ‑
übersandt hat, neben der Versandpauschale nach der Nr 40100 EBM-Ä auch
die Gebührenordnungsposition (GOP) Nr 40120 EBM-Ä (Versendung von
Briefen etc) abzurechnen. Die vom Bewertungsausschuss selbst normierte
Anmerkung zur GOP Nr 40120 EBM-Ä schließt den Ansatz dieser Position
aus, wenn im jeweiligen Behandlungsfall die Pauschale nach GOP Nr 40100
EBM-Ä berechnet worden ist. Die Wendung in der Anmerkung "an den
auftragerteilenden Arzt" ist nicht als Regelung in dem Sinne zu
verstehen, dass die Versendung eines Befundberichts an Dritte den Ansatz
(auch) der Nr 40120 EBM-Ä ermöglicht, sondern nur als Beschreibung des
Regelfalles. Maßgeblicher Grund für den Ausschluss der Ansatzfähigkeit
der "kleinen" Portopauschale ist, dass nach der Rechtsprechung des
Senats zur Vorgängerregelung der Nr 40100 EBM-Ä mit dem Ansatz dieser
Kostenpauschale der gesamte Versendungsaufwand des Pathologen oder
Laborarztes im Zusammenhang mit der Versendung von Untersuchungsmaterial
und -berichten abgegolten ist.
SG Mainz - S 8 KA 148/10 -
LSG
Rheinland-Pfalz - L 7 KA 36/12 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 14/13 R -
5) Nach
Verkündung des Urteils im Verfahren B 6 KA 14/13 R hat der
Bevollmächtigte der Klägerin auf Vorschlag des Senats die Berufung
zurückgenommen. Damit ist das Revisionsverfahren erledigt.
SG Mainz - S 8 KA 194/10 -
LSG
Rheinland-Pfalz - L 7 KA 37/12 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 18/13 R -
6) Die
Revisionen der Klägerin und der Beigeladenen zu 9 haben im Sinne der
Zurückverweisung an das LSG Erfolg. Auf der Grundlage der Feststellungen
des Berufungsgerichts kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob
die Klägerin als Praxisnachfolgerin des Beigeladenen zu 8 zur
vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen ist.
Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass die Klägerin aus der
Entscheidung des Zulassungsausschusses keine Rechte mehr für sich
herleiten kann, weil diese Entscheidung durch die Entscheidung des
Berufungsausschusses ersetzt worden ist. Die Entscheidung des
Berufungsausschusses, die Beigeladene zu 7 als Nachfolgerin auszuwählen,
beinhaltet die Ablehnung der Zulassung der Klägerin.
Die Zulassungsgremien sind bei der Auswahlentscheidung verpflichtet, die
in § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V angesprochenen "Interessen" der in der
Praxis verbleibenden Ärzte zu gewichten. Je deutlicher sich der Eindruck
aufdrängt, die BAG sei vorrangig gegründet worden, um über die erwähnte
Vorschrift auf die Nachbesetzung Einfluss nehmen zu können, je kürzer
die BAG tatsächlich bestanden hat, und je weniger ‑ zB bei einer
überörtlichen BAG ‑ die Praxen der beteiligten Ärzte tatsächlich über
einen längeren Zeitraum verflochten waren, desto geringer sind die
Interessen des verbleibenden Arztes zu gewichten. Das geht jedoch nicht
so weit, dass die Interessen der verbleibenden Ärzte unter Hinweis auf
die Missbräuchlichkeit der Gründung der BAG vollständig unberücksichtigt
bleiben könnten. Ein Arzt, mit dem die anderen Mitglieder der BAG aus
objektiv nachvollziehbaren Gründen definitiv nicht zusammenarbeiten
können, kann nicht als Nachfolger zugelassen werden. Diese Konstellation
besteht hier bezogen auf die Beigeladene zu 7. Diese ist beruflich
‑ durch ihre Anstellung im MVZ ‑ und persönlich ‑ durch ihre Ehe mit dem
Leiter dieses MVZ ‑ aufs Engste mit einem Konkurrenten der Beigeladenen
zu 9 verbunden und wird nach den erkennbaren Umständen Interesse daran
haben, die Zulassung des Beigeladenen zu 8 zu diesem MVZ zu ziehen. Das
schließt eine Zulassung der Beigeladenen zu 7 aus.
Danach kommt für die Nachfolgezulassung allein die Klägerin in Betracht.
Das gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie die Praxis
fortführen will und kann. Der Wille und die Fähigkeit zur Fortführung
der Praxis sind Voraussetzungen für die Zulassung im Wege der
Praxisnachfolge, deren Vorliegen das LSG zu prüfen haben wird. Soweit es
aus der Sicht des LSG unter dem Gesichtspunkt einer gewissen
Versorgungskontinuität als Element der Eignung für die Nachfolge darauf
ankommt, wie lange die Nachfolgerin die Praxis fortführen will oder
kann, ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Zeitraum von fünf Jahren für
jedenfalls ausreichend gehalten wird.
SG Berlin - S 83 KA 154/06 -
LSG
Berlin-Brandenburg - L 7 KA 70/11 -
Bundessozialgericht - B 6 KA 49/12 R -