Verknüpftes Dokument, siehe auch: Urteil des 13. Senats vom 2.11.2015 - B 13 R 35/14 R -, Urteil des 13. Senats vom 2.11.2015 - B 13 R 27/14 R -, Urteil des 13. Senats vom 2.11.2015 - B 13 R 17/14 R -
Kassel, den 30. Oktober 2015
Terminvorschau Nr. 46/15
Der 13. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 2. November 2015 im Weißenstein-Saal über drei Revisionen aus dem Bereich der Rentenversicherung auf Grund mündlicher Verhandlung zu entscheiden.
1) 11.00 Uhr - B 13 R 27/14 R -
M. ./. Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover
Der 1966 geborene Kläger bezog nach dem Tod seiner Ehefrau (1993) aus
deren Versicherung eine sog große Witwerrente. Diese wird ua Witwern aus
der Versicherung ihrer verstorbenen Ehefrau gewährt, solange sie nicht
wiederverheiratet sind und bereits 47 (früher: 45) Jahre alt sind oder
noch ein minderjähriges Kind erziehen. Bei der Rentenbewilligung wurde
der Kläger darauf hingewiesen, dass der Anspruch mit einer Wiederheirat
entfalle und er eine Wiederheirat unverzüglich mitzuteilen habe. Nachdem
das jüngste Kind des Klägers im Jahr 2007 das 18. Lebensjahr vollendete,
bewilligte der beklagte Rentenversicherungsträger mit Bescheid vom
14.11.2006 anstatt der großen eine sog kleine (geringere) Witwerrente,
doch kam es wegen Anrechnung von Einkommen zu keiner Auszahlung von
Rentenbeträgen. Als der Kläger das 45. Lebensjahr vollendete, wurde ihm
ab 1.9.2011 wieder eine große Witwerrente bewilligt. Hierauf teilte der
Kläger mit, bereits seit dem 13.9.1996 wiederverheiratet zu sein. Die
Beklagte hob darauf die Bewilligung der große Witwerrente sowie die
Rentenanpassungsbescheide für die Zeit vom 1.10.1996 bis 31.1.2007 auf.
Die zu Unrecht gezahlten Rentenleistungen seien zu erstatten. Der Kläger
sei seiner Mitteilungspflicht hinsichtlich der Wiederheirat nicht
nachgekommen und hätte Kenntnis davon haben müssen, dass der Anspruch
bei Wiederheirat entfalle. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag
(18.7.2011) nahm die Beklagte den Bescheid über die kleine Witwerrente
ab 1.2.2007 und den Bescheid über die große Witwerrente ab 1.9.2011
zurück. Der nur gegen die Rücknahme der Rentenbewilligungen bis
31.8.2011 gerichtete Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.
Das SG hat die Bescheide aufgehoben. Das LSG hat die Berufung der
Beklagten zurückgewiesen. Die Aufhebung der 1993 bewilligten großen
Witwerrente sei wegen Fristablaufs nicht mehr möglich. Denn nach Ablauf
der Frist von zehn Jahren nach Änderung der Verhältnisse durch die
Wiederheirat des Klägers fehle es an der Voraussetzung, dass die
Geldleistung bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Aufhebung
gezahlt worden sei. Unter den Begriff der Zahlung einer Geldleistung iS
des entsprechend anzuwendenden § 45 Abs 3 S 4 SGB X falle zum einen der
tatsächliche Fluss von Geldmitteln. Nach der Rspr des BSG seien diese
Voraussetzungen auch erfüllt, wenn die Rente noch als gezahlt gelte,
weil noch keine bestandskräftige ablehnende Entscheidung über das Ende
der Zahlung ergangen sei. Diese Voraussetzungen hätten bei Erlass des
Aufhebungsbescheids vom 18.7.2011 nicht mehr vorgelegen. Die letzte
Rentenzahlung an den Kläger sei im Januar 2007 erfolgt. Zudem liege mit
dem Bescheid vom 14.11.2006 eine bestandskräftige ablehnende
Entscheidung über das Ende der Zahlungen vor. Etwas anderes gelte nicht
deshalb, weil durch diesen Bescheid für die Zeit ab 1.2.2007 ein
"Stammrecht ohne tatsächliche Leistungsgewährung" entstanden sei. Dieses
stelle keine Zahlung dar. Der eindeutige Wortlaut des § 45 Abs 3 S 4 SGB
X fordere zumindest, dass über eine Ablehnung der Geldzahlung noch nicht
abschließend entschieden sei.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, die Vorinstanzen hätten den
Begriff "gezahlt" iS von § 45 Abs 3 S 4 SGB X verkannt. Ausreichend
hierfür sei allein das Bestehen eines "Stammrechts". Ein tatsächlicher
Zahlungsfluss müsse nicht erfolgen, wenn dies ‑ wie vorliegend ‑ allein
durch eine Einkommensanrechnung verhindert werde.
SG Stade - S 23 R 578/11 -
LSG
Niedersachsen-Bremen - L 12 R 269/12 -
2) 11.45 Uhr - B 13 R 17/14 R -
Freistaat Sachsen ./. Deutsche Rentenversicherung Bund
13 Beigeladene
Die
Beteiligten streiten darüber, ob der klagende Freistaat weitere
Nachversicherungsbeiträge an den beklagten Rentenversicherungsträger zu
zahlen hat.
Der
Kläger war Dienstherr der beigeladenen Beamten im Vorbereitungsdienst
(Anwärter), deren Beamtenverhältnisse mit Ablegung der Laufbahnprüfung
endeten. Sie erhielten Anwärterbezüge auch für die Zeit nach Ablegung
der Laufbahnprüfung jeweils bis zum Ende des Kalendermonats weiter. Bei
der Berechnung der an die Beklagte abzuführenden
Nachversicherungsbeiträge legte der Beklagte lediglich anteilige Bezüge
bis zum Tag der schriftlichen Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses
(Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis) zugrunde. Die Beklagte setzte
weitere Rentenversicherungsbeiträge auf Grundlage der gesamten
Monatsbezüge fest. Das SG hat den Bescheid aufgehoben: Die jeweilige
Beschäftigung habe mit dem Ende des Beamtenverhältnisses geendet, sodass
es an dem erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsentgelt
und Beschäftigung fehle. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das
Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die streitigen
Anwärterbezüge seien in die Nachversicherung einzubeziehen, weil es sich
bei ihnen um Arbeitsentgelt handele. Die Zahlung der Anwärterbezüge über
den Zeitpunkt der Ablegung der Prüfung hinaus bis zum Monatsende habe
ihre Ursache im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Auch bei der auf den
Zeitpunkt der Ablegung der Prüfung folgenden Zahlung der Bezüge handele
es sich um eine Gegenleistung für die Dienst- und Treuepflichten des
Anwärters.
Mit seiner
Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 14 SGB IV iVm §§ 8, 181
SGB VI sowie der Grundsätze des Beamten- und Besoldungsrechts. Die
streitigen Anwärterbezüge seien kein Arbeitsentgelt, das dem
Nachversicherungszeitraum zuzuordnen sei. Vielmehr sei von einer
vergönnungsweisen Überlassung einmal gewährter Bezüge auszugehen.
SG Dresden - S 37 R 1924/08 -
Sächsisches LSG - L 4 R 91/11 -
3) 12.30 Uhr - B
13 R 35/14 R - Freistaat Thüringen ./.
Deutsche Rentenversicherung Bund
Die Beteiligten streiten darüber, ob der klagende Freistaat dem
beklagten Rentenversicherungsträger weitere Säumniszuschläge für
verspätet entrichtete Nachversicherungsbeiträge zu zahlen hat.
Die Versicherte stand zunächst als Beamtin auf Widerruf
(Lehramtsanwärterin) im Dienst des Klägers. Anschließend war sie ab
1.9.1999 bei ihm als angestellte Lehrerin tätig. Hiervon erhielt die
Beklagte erst im Sommer 2007 Kenntnis und fragte wegen der
Nachversicherung beim Kläger an. Dieser überwies mit Wertstellung zum
21.9.2007 Nachversicherungsbeiträge iHv 5352,80 Euro.
Im Rahmen der Anhörung zur Erhebung von Säumniszuschlägen berief sich
der Kläger auf Verjährung. Um eine zeitnahe Aufnahme der
Gehaltszahlungen an die Angestellte zu gewährleisten, sei die
Besoldungsakte innerhalb der Zentralen Gehaltsstelle an das für die
Vergütung der Angestellten zuständige Referat weitergeleitet worden. Die
dort zuständige Bearbeiterin habe die Akten versehentlich nicht an das
für die Nachversicherung zuständige Referat Versorgung weitergeleitet.
Die Nachversicherung sei unverzüglich nachgeholt worden. Der Vorgang
begründe lediglich den Vorwurf der Fahrlässigkeit, so dass die bereits
abgelaufene vierjährige Verjährungsfrist zur Anwendung gelange.
Mit Bescheid vom 30.10.2009 forderte die Beklagte vom Kläger für die
Zeit vom 1.12.1999 bis 21.9.2007 Säumniszuschläge iHv 4465 Euro. Diese
seien noch nicht verjährt. Das SG hat den Bescheid aufgehoben, soweit
die Beklagte mehr als 2707,50 Euro an Säumniszuschlägen festgesetzt hat,
und die Klage im Übrigen abgewiesen. Maßgebend sei die vierjährige
Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 S 1 SGB IV. Der Kläger habe die
Nachversicherungsbeiträge nicht vorsätzlich einbehalten. Demnach schulde
er die für die Zeit ab dem 1.1.2003 bis zur Schuldentilgung berechneten
Säumniszuschläge. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil
des SG geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Es hat ua
ausgeführt, der Kläger sei verpflichtet, die verjährten Säumniszuschläge
zu zahlen, weil die Erhebung der Einrede der Verjährung gegen Treu und
Glauben verstoße.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 25 Abs 1 S 1
SGB IV. Er habe die Nachversicherung nach Kenntniserlangung unverzüglich
nachgeholt. Auf die Einrede der Verjährung habe er insoweit aus
Fürsorgegesichtspunkten verzichtet. Hinsichtlich der Säumniszuschläge
verzichte er jedoch nicht auf die Verjährungseinrede. Die Frage der
Rechtsmissbräuchlichkeit der Verjährungseinrede sei für Haupt- und
Nebenforderung gesondert zu prüfen.
SG Gotha - S 27 R 6930/09 -
Thüringer LSG - L 12 R 1907/12 -