Siehe auch: Urteil des 3. Senats vom 30.9.2015 - B 3 KS 1/14 R -, Urteil des 3. Senats vom 30.9.2015 - B 3 KR 14/14 R -, Urteil des 3. Senats vom 30.9.2015 - B 3 KS 2/14 R -, Urteil des 3. Senats vom 30.9.2015 - B 3 P 1/14 R -, Urteil des 3. Senats vom 30.9.2015 - B 3 KR 1/15 R -
Kassel, den 1. Oktober 2015
Terminbericht Nr. 41/15
(zur Terminvorschau Nr. 41/15)
Der 3. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über die am 30. September 2015 entschiedenen Revisionen.
1) Die Revision der Klägerin ist ohne
Erfolg geblieben. Grundlage für den geltend gemachten Anspruch auf
Versorgung mit einer Silikonfingerprothese ist § 33 Abs 1 SGB V. Als
Körperersatzstück soll die Fingerprothese im Bereich des unmittelbaren
Behinderungsausgleichs eingesetzt werden, in dem die gesetzliche
Krankenversicherung die Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung
einer beeinträchtigten Körperfunktion zu bewirken hat. Das gilt
grundsätzlich unabhängig davon, wie wichtig die fehlende Funktion für
den Betroffenen konkret oder generell ist. Eine Leistungspflicht der
gesetzlichen Krankenversicherung scheidet jedoch selbst für Hilfsmittel,
die ein fehlendes Körperteil ersetzen, ausnahmsweise dann aus, wenn das
Defizit des Betroffenen zu keinen oder allenfalls ganz geringfügigen
Funktionsbeeinträchtigungen führt, die durch das begehrte Hilfsmittel
nicht ausgeglichen werden können. Der Leistungsanspruch ergibt sich
‑ soweit keine Funktionsbeeinträchtigung vorliegt ‑ nicht bereits zur
Wiederherstellung der vollständigen körperlichen Integrität bzw. eines
vollständigen, unversehrten Körperbildes.
Das Fehlen des
letzten Gliedes des Zeigefingers beeinträchtigt die Greif- und
Haltefunktion der Hand nicht nennenswert, wie sich auch aus den
Regelungen des SGB IX und des BVG über den Ausgleich für den Verlust
eines Fingerendgliedes ergibt. Den Schutz vor Schmerzen beim Anstoßen
des nicht durch einen Fingernagel geschützten Stumpfes leistet eine
Fingerkappe nicht weniger sicher als die von der Klägerin begehrte
Prothese.
Da das Fehlen des Zeigefingerendgliedes nicht mit
einer wesentlichen Beeinträchtigung von Körperfunktionen verbunden ist,
liegt keine Krankheit im Sinne des § 27 SGB V vor, deren
Behandlungserfolg mit Hilfe eines Hilfsmittels zu sichern wäre. Auch
unter dem Aspekt einer "entstellenden Wirkung" liegt in dem Verlust des
Fingerendgliedes weder eine Behinderung noch eine Krankheit. Beim für
die Öffentlichkeit typischen oberflächlichen Kontakt fällt der
Fingerdefekt der Klägerin kaum auf. Diesem kommt insgesamt allenfalls
die Wirkung einer kleineren ästhetischen Unregelmäßigkeit ohne
Krankheitswert zu, deren Beseitigung bzw Kaschierung ‑ soweit sie vom
Betroffenen gewünscht wird ‑ als kosmetische Maßnahme dem Bereich der
Eigenverantwortung angehört.
SG Frankfurt am Main
- S 25 KR 531/11 -
Hessisches LSG
- L 8 KR 6/13 -
Bundessozialgericht
- B 3 KR 14/14 R -
2) Die Revision
des klagenden Heimträgers hat im Sinne der Zurückverweisung des
Rechtsstreits an das LSG Erfolg.
Die Voraussetzungen des § 87a
Abs 4 SGB XI können nicht allein dadurch erfüllt werden, dass sich das
Heim nach seinem Konzept und der Ausrichtung seines Leistungsangebotes
dem Gedanken der "aktivierenden Pflege" verpflichtet sieht. Diesem
Konzept ist jedes Heim kraft Gesetzes verpflichtet. Nach dem Wortlaut
des § 87a Abs 4 SGB XI setzt der Anspruch auf den Ausgleichsbetrag die
Durchführung aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen und damit ein
"Mehr" als das gesetzliche Mindestmaß an pflegerischen Maßnahmen voraus.
Diese müssen sich dem Sinn der Regelung des § 87a Abs 4 SGB XI nach
zentral auf die Fähigkeiten der Betroffenen beziehen, die für die
Zuordnung zu einer Pflegestufe maßgeblich sind, also etwa Mobilität,
Körperpflege, Nahrungsaufnahme und Toilettenbenutzung. Hat das Heim dazu
spezielle Angebote gemacht, die der Betroffene auch genutzt hat, greift
die Vermutung ein, dass diese zur Herabstufung beigetragen haben; einen
Nachweis der Kausalität verlangt die Vorschrift ausdrücklich nicht.
Auch eine quantitative Ausweitung der aktivierenden Pflege kann im
Einzelfall ausreichen.
Dem Anliegen des Gesetzgebers, den
Nachweis der Voraussetzungen des § 87a Abs 4 SGB XI nicht zu
bürokratisch auszugestalten, ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die
Anforderungen an die Dokumentation der aktivierenden und rehabilitativen
Maßnahmen nicht zu hoch angesetzt werden. Es reicht aus, wenn das Heim
sein Angebot in dieser Hinsicht darstellt und belegt, dass der
Betroffene von diesem Angebot mehr als nur ganz beiläufig Gebrauch
gemacht hat. Eine Aufzeichnung in der Form, dass für jeden Tag belegt
würde, an welchen aktivierenden Maßnahmen der Betroffenen für wie viele
Minuten teilgenommen hat, ist nicht geboten. Grundsätzlich wird das Heim
schon im eigenen Interesse seine spezifischen Aktivierungsangebote
schriftlich dokumentieren; es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass im
Streitfall das Heim über eine mündliche Aussage der für diesen Teil der
Pflege zuständigen Mitarbeiterin seine Angebote darstellt.
Zwar
kann unter Umständen schon eine ganz erhebliche Reduzierung des
Grundpflegebedarfs dafür sprechen, dass tatsächlich aktivierende
Maßnahmen durchgeführt worden sind. Ein solcher Rückschluss ohne
weiteren Nachweis aktivierender Maßnahmen durch das Pflegeheim setzt
aber voraus, dass keine anderen Ursachen für diesen Pflegeerfolg
maßgeblich gewesen sind. Davon konnte im vorliegenden Fall jedoch nicht
ohne Weiteres ausgegangen werden, da die Diagnose zum Leistungsvermögen
der Versicherten anlässlich der Aufnahme bei der Klägerin unsicher war.
Zudem ist die Versicherte kurz vor ihrer Aufnahme in das Heim akut
stationär behandelt worden und hat an einer Reha-Maßnahme außerhalb der
Einrichtung der Klägerin teilgenommen. Deshalb reicht hier allein die
erhebliche Reduzierung des Grundpflegebedarfs nicht aus, um daraus auf
die Durchführung aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen seitens
der Klägerin schließen zu können. Das LSG wird daher aufzuklären haben,
ob die Klägerin tatsächlich solche Maßnahmen kontinuierlich entweder
selbst durchgeführt oder veranlasst bzw. organisatorisch begleitet hat.
Ferner ist zu klären, inwieweit das Heim durch eigene Maßnahmen (zB
Veranlassung der ärztlichen Verordnungen, organisatorische Hilfe,
Überwachung, Begleitmaßnahmen im Alltag) an der Versorgung der
Versicherten mit krankengymnastischen Leistungen beteiligt war. Solche
Unterstützungshandlungen können "rehabilitative Maßnahmen" des
Heimträgers iS des § 87a Abs 4 SGB XI im Rahmen einer ‑ in die
Zuständigkeit der Krankenkassen fallenden
(§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V) ‑ rehabilitativen Leistung (§ 26 SGB IX)
sein.
SG Münster
- S 6 P 115/11 -
LSG Nordrhein-Westfalen
- L 10 P 74/12 -
Bundessozialgericht
- B 3 P 1/14 R -
3) Die Revision
der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Sie hat ihren Antrag auf die
Feststellung beschränkt, dass sie als Zusammenschluss von
Leistungserbringern in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(GbR) berechtigt sei, die streitige Vergütung durch eine unabhängige
Schiedsperson festlegen zu lassen. Die Feststellungsklage ist zulässig,
in der Sache jedoch unbegründet.
Als Zusammenschluss von
Heilmittelerbringern in der Form einer GbR hat die Klägerin zwar das
Recht, mit den beklagten Verbänden der Krankenkassen (KK) über eine
gesonderte Vergütungsvereinbarung zu verhandeln und sie einvernehmlich
abzuschließen. Der mit dem zuständigen Berufsverband der Ergotherapeuten
und den Beklagten bereits abgeschlossene Verbandsvertrag mit
integrierter Vergütungsvereinbarung steht dem nicht entgegen. Dem
Normkonzept von § 125 Abs 2 Satz 1 SGB V in der seit April 2007 gültigen
Fassung liegt eine Flexibilisierung der vertraglichen
Gestaltungsmöglichkeiten zugrunde. Daher ist der Abschluss von
Einzelverträgen über Preise mit Leistungserbringern neben oder anstelle
von Verbandsverträgen möglich.
Scheitert der Abschluss eines
Einzelvergütungsvertrags, steht auf Seiten der Heilmittelerbringer nur
ihren Verbänden, nicht aber einzelnen oder sonstigen
zusammengeschlossenen Leistungserbringern das Recht zu, das
Schiedsverfahren einzuleiten, um den Preis durch eine von den
Vertragspartnern gemeinsam zu benennende Schiedsperson nach der seit
März 2009 gültigen Regelung von § 125 Abs 2 Sätze 4 bis 6 SGB V
festlegen zu lassen. Die im Außenverhältnis als GbR auftretende Klägerin
besitzt keine körperschaftliche Verbandsstruktur. Dies folgt aus der
Auslegung ihrer Gesellschaftsverträge unter Berücksichtigung des
Vereins- und Gesellschaftsrechts und steht im Einklang mit Wortlaut,
Entstehungsgeschichte, Regelungszusammenhang und Gesetzeszweck von § 125
Abs 2 SGB V. Verfassungsrecht steht dem nicht entgegen.
SG
Hamburg
- S 28 KR 856/06 -
LSG Hamburg
- L 1 KR 18/10 -
Bundessozialgericht
- B 3 KR 2/15 R -
4) Die Revision
der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt; auf die Revision der Beklagten
hat der Senat das LSG-Urteil geändert und die Klage gegen den
Abgabenbescheid vom 10.8.2010 abgewiesen. Sowohl der Erfassungsbescheid
als auch der Abgabenbescheid ist rechtmäßig.
Der von der
Klägerin geführte "Treffpunkt Musik" ist eine Musikschule und damit eine
Ausbildungseinrichtung für künstlerische Tätigkeiten iS des § 24 Abs 1
Satz 1 Nr 9 KSVG. Nach den Feststellungen des LSG werden in den von der
Klägerin gemieteten Räumen vor allem Kinder und Jugendliche von
Musiklehrern in einzelnen Fächern unterrichtet, um sie zu befähigen,
selbst Instrumente spielen zu können. Der "Treffpunkt Musik" erfüllt
alle Merkmale einer Musikschule. Die Klägerin stellt nicht nur die
Räumlichkeiten für den Musikunterricht, sondern vermittelt auch die
Kontakte zwischen den Lehrern und den Schülern, organisiert die Abläufe
(Belegung der Räume, Nutzung des Klaviers) und schafft damit eine
Organisationsstruktur, ohne die in den angemieteten Räumen kein
Schulbetrieb effektiv durchgeführt werden könnte. Die Tätigkeit der
Lehrer im "Treffpunkt Musik" ist hinreichend von der Selbstvermarktung
der Lehrer abzugrenzen: eine solche liegt vor, wenn die Lehrkräfte ihren
Unterricht ohne organisatorische Hilfe eines Dritten organisieren, also
etwa den Unterricht in der Wohnung der Schüler oder in eigenen Räumen
anbieten. Dass die Entgelte für den Unterricht von den Eltern der
Schüler unmittelbar an die einzelnen Lehrer und nicht an die Klägerin
gezahlt werden, ändert daran nichts.
Entgegen der Auffassung
des LSG ist auch der Abgabenbescheid der Beklagten vom 10.8.2010, über
den das LSG als erstinstanzliches Gericht entschieden hat, rechtmäßig.
Nach § 25 Abs 3 Satz 2 KSVG sind auch solche Entgelte abgabepflichtig,
die der Künstler im Wege eines Kommissionsgeschäftes für seine Leistung
erhält. Eine entsprechende Konstellation liegt hier vor: die Musiklehrer
erhalten Entgelte von ihren Schülern, die sie ohne die Vermittlungs- und
Vermarktungsleistungen der Klägerin nicht erzielen könnten. Nach der
Zielsetzung des § 25 Abs 3 Satz 2 KSVG soll die Pflicht zur Entrichtung
der KSA in typischen Dreier-Konstellationen (Künstler, Vermarkter,
Käufer) nicht davon abhängen, ob die Entgelte für die künstlerische
Leistung über Konten des Vermarkters geleitet werden. Wenn die
Vertragsbeziehungen unmittelbar zwischen Künstler und Endverbraucher
bestehen und der Vermarkter seine Vergütung über eine Provision vom
Künstler oder ‑ hier ‑ über "Mietzahlungen" der Musiklehrer erhält,
stellt § 25 Abs 3 Satz 2 KSVG sicher, dass die Vergütung für die
eigentliche künstlerische Leistung abgabepflichtig ist.
Die
Schätzung als solche ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat sich auf
die eigenen Angaben der Klägerin zu den ihr bekannten Entgelten der
Schüler an die in ihren Räumen tätigen Lehrer gestützt. Wenn diese
Angaben zu Lasten der Klägerin falsch oder missverständlich waren, wird
die Beklagte dem nachträglich Rechnung tragen. Dazu hat sie sich in der
mündlichen Verhandlung ausdrücklich bereit erklärt.
SG Hannover
- S 19 KR 518/10 -
LSG Niedersachsen-Bremen
- L 4 KR 595/10 -
Bundessozialgericht
- B 3 KS 1/14 R -
5) Die Revision
der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die Beklagte hat zurecht
festgestellt, dass die Klägerin ein abgabepflichtiges Unternehmen
betreibt.
Die beiden von der Klägerin betriebenen Musikgruppen
unterliegen nicht als solche der Abgabepflicht, da sie nicht als
eigenständige juristische Person ‑ auch nicht als bloße
BGB-Gesellschaft ‑ organisiert sind, sondern allein durch die Klägerin
als Einzelunternehmerin organisiert werden. Sie führt die Bands in
organisatorisch-unternehmerischer Hinsicht, schließt die Verträge und
handelt die Gagen aus. Die jeweils mitwirkenden Bandmitglieder erhalten
ihr Honorar von der Klägerin. Dem entspricht die steuerrechtliche
Gestaltung, denn nicht die Band als solche, sondern nur die Klägerin
selbst gibt eine Steuererklärung ab und erfasst die an die mitwirkenden
Musiker ausgekehrten Honorare als Betriebsausgaben.
Mit dieser
Organisationsform unterfällt die Klägerin jedenfalls der Abgabepflicht
nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KSVG. Denn sie betreibt ein Unternehmen,
dessen wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung
künstlerischer Leistungen zu sorgen. Dies setzt keine Tätigkeiten als
Veranstalter voraus. Ausreichend sind die typischen Management- und
Organisationsaufgaben, sofern sie auch das Verschaffen der Engagements
und Auftrittsmöglichkeiten umfassen. Nach den Feststellungen des LSG und
der eigenen Darstellung der Klägerin erbringt sie selbst alle
Managementaufgaben für die Bands, sie organisiert deren Auftritte,
schließt Verträge mit Veranstaltern und Agenturen, vereinnahmt die
Erlöse und honoriert die Musiker, die neben ihr an den Auftritten
beteiligt sind.
Das eigene künstlerische Schaffen der Klägerin
im Zusammenhang mit den Bands einschließlich ihrer Mitwirkung bei den
Auftritten wird trotz ihrer grundsätzlichen Abgabepflicht nicht in den
Umfang der Abgabe einbezogen. Es handelt sich insoweit weiterhin um eine
grundsätzlich abgabefreie Selbstvermarktung. Denn die KSA wird nach § 25
KSVG nur auf Entgelte erhoben, die der Abgabepflichtige an selbständige
Künstler zahlt, hier also auf die Entgelte, die die Klägerin an die
jeweils mitwirkenden Angehörigen der beiden Bands zahlt. Vor diesem
Hintergrund kommt es nicht auf das Verhältnis zwischen Selbstvermarktung
und Fremdvermarktung an, oder darauf, ob die künstlerische oder die
organisatorische Tätigkeit der Klägerin überwiegt. Entscheidend ist
allein, ob es wesentlicher Zweck des Unternehmens ist, für die
Aufführung künstlerischer Werke oder Leistungen zu sorgen.
SG
Leipzig
- S 8 KR 51/09 -
Sächsisches LSG
- L 1 KR 152/11 -
Bundessozialgericht
- B 3 KS 2/14 R -
6) Die Revision
des beklagten GKV-Spitzenverbandes hat im Sinne der Aufhebung des
angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das
LSG Berlin-Brandenburg Erfolg.
Ob Plavix der Regelung über den
Generikaabschlag in § 130a Abs 3b SGB V unterfällt, vermag der Senat auf
der Grundlage der Feststellungen des SG nicht zu entscheiden. Die
Entscheidung hängt davon ab, ob es sich bei dem als Hydrogensulfat
aufbereiteten Clopidogrel um denselben Wirkstoff handelt wie bei dem als
Besilat aufbereiteten Clopidogrel. Wenn nur Clopidogrel der Wirkstoff im
Sinne der maßgeblichen Vorschriften des SGB V ist und die Aufbereitung
als Hydrogensulfat oder als Besilat für den Wirkstoffbegriff (§ 130a
Abs 3b Satz 1, § 129 Abs 1 Satz 1 SGB V) ohne Bedeutung ist, unterliegt
Plavix dem Generikaabschlag nach § 130a Abs 3b Satz 1 SGB V. Für die
"Patentfreiheit" im Sinne dieser Vorschrift kommt es entgegen der
Auffassung des SG allein auf das Wirkstoffpatent an. Ein etwaiger
Patentschutz für andere Bestandteile des jeweiligen Arzneimittels ist
insoweit ohne Bedeutung.
Zu der damit
entscheidungserheblichen Frage der Wirkstoffidentität von Clopidogrel
und Clopidogrelhydrogensulfat bzw. den entsprechenden Besilaten hat das
SG ‑ von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig ‑ weder
Rechtsausführungen gemacht noch Feststellungen getroffen. Bei der
Entscheidung über die Wirkstoffidentität generell und bezogen auf Plavix
speziell sind rechtliche Wertungen und tatsächliche Feststellungen -
etwa zum genauen Inhalt des Patents für Plavix und zur
arzneimittelrechtlichen Zulassung ‑ eng miteinander verbunden. Das SG
hat sich damit nicht befasst. Zur umfassenden Gewährung gerichtlichen
Rechtsschutzes erscheint es geboten, den Beteiligten dazu eine
Tatsacheninstanz zu eröffnen, weil dem Senat die Klärung tatsächlicher
Umstände nicht möglich ist. Das betrifft auch die Frage, ob hier eine
Ausnahme von der Grundregel des § 24b Abs 2 Satz 2 AMG eingreift, wonach
grundsätzlich u.a. die Salze eines Wirkstoffs als "ein und derselbe
Wirkstoff" gelten.
SG Berlin
- S 208 KR 99/11 -
Bundessozialgericht
- B 3 KR 1/15 R -