Kassel, den 14. März 2018
Terminvorschau Nr. 13/18
Der 1. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 20. März 2018 im Jacob-Grimm-Saal auf Grund mündlicher Verhandlung über drei Revisionen in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu entscheiden.
1) 10.00 Uhr - B 1 KR 4/17 R -
F. M. ./. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft -Bahn-See
Der
bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, 1937 geborene Kläger
leidet unter zum Teil jährlich mehrfach rezidivierenden, seit 1998 nur
noch stationär behandelten Pneumonien (insgesamt mehr als
30 Krankenhausaufenthalte). Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
behandelt ihn seit 1998 ‑ abgesehen von einer mehrmonatigen
Unterbrechung 2009/2010 ‑ fortlaufend auch in den infektfreien
Intervallen ambulant mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG), um die
Häufigkeit und Schwere der Infekte wegen seines Antikörpermangelsyndroms
(Immunglobulinmangel bei monoklonaler Gammopathie unbestimmter
Signifikanz) zu reduzieren. Da die Beklagte - fachkundig beraten - keine
akut lebensbedrohliche, regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung sah,
teilte sie der MHH mit, sie dürfe die IVIG-Behandlung nicht mehr zu
ihren Lasten fortführen und lehnte den dahingehenden Antrag des Klägers
ab. Nach Klageerhebung hat das LSG die Beklagte verpflichtet, vorläufig
die Kosten von IVIG zu tragen. Das SG hat die Klage abgewiesen. Das LSG
hat die Beklagte verurteilt, den Kläger mit IVIG-Fertigarzneimitteln
nach ärztlicher Verordnung zu versorgen: Dem Kläger stehe der Anspruch
aus grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts zu. Die
erhöhte Infektanfälligkeit mit nicht alterstypischer Häufung von
schwersten rezidivierenden Pneumonien des Klägers sei lebensbedrohlich.
Ihr wirke IVIG entgegen. Das Risiko mit etwaiger Todesfolge, die
Therapie mit IVIG abzusetzen und auf eine ausschließliche
Antibiotikatherapie umzustellen, sei nicht abschätzbar. Es gebe keine
Standardtherapie.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine
Verletzung von Art 2 Abs 1 und Art 20 Abs 1 GG iVm § 2, § 27 Abs 1 S 1
und S 2 Nr 1 und 3 SGB V, § 31 Abs 1 S 1 SGB V iVm § 21 Abs 1 AMG (bis
31.12.2011), Art 2 Abs 1a SGB V (ab 1.1.2012) sowie von § 136 Abs 1 Nr 6
iVm § 128 Abs 1 S 2 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG und § 103 SGG.
SG
Hannover
- S 39 KN 47/09 KR -
LSG Niedersachsen-Bremen
- L 4 KR 456/14 -
2) 10.50 Uhr - B
1 KR 25/17 R - Katholische
Kirchengemeinde St. Bonifatius ./.
AOK Rheinland/Hamburg - Die Gesundheitskasse
Die Klägerin ist
Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses. Sie behandelte den bei der
beklagten KK versicherten A vollstationär vom 3. bis 6.3.2009 wegen
einer primären fokalen Hyperhidrose mittels thoraskopischer
Sympathektomie. Sie berechnete unter Kodierung der Hauptdiagnose
ICD-10-GM (2009) G90.41 (Autonome Dysreflexie als Schwitzattacken) die
Fallpauschale DRG B06B und erhielt hierfür von der Beklagten
5437,91 Euro. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung war der
Meinung, Hauptdiagnose sei ICD-10-GM R61.0 (Hyperhidrose, umschrieben).
Abzurechnen sei die geringer vergütete DRG J10B. Die Beklagte forderte
vergeblich 2861,64 Euro zurück und kürzte in dieser Höhe unstreitige
andere Forderungen der Klägerin. Das SG hat die Zahlungsklage
abgewiesen. Das LSG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin
2861,64 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Ursache der Hyperhidrose sei eine
"Fehlsteuerung des Sympathikusnervs". Diese Erkrankung sei nach
ICD-10-GM (2009) mit G90.8 (sonstige Erkrankung des autonomen
Nervensystems) zu kodieren, die die DRG B06B ansteuere.
Die
Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung von § 109 Abs 4 S 3
SGB V, §§ 7 Abs 1 S 1, 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG, § 17b Abs 1 S 10 KHG
sowie der DKR D002f iVm dem Vertrag nach § 112 SGB V.
SG Hamburg
- S 6 KR 159/12 -
LSG Hamburg
- L 1 KR 56/14 -
3) 11.40 Uhr
- B 1 A 1/17 R -
BKK Mobil Oil ./. Bundesrepublik Deutschland
Die
klagende KK beabsichtigt, die Vergütung ihres Vorstandsvorsitzenden ab
Januar 2014 für die Restlaufzeit seines Vorstandsdienstvertrages von
23 Monaten auf insgesamt 206 464 Euro zu erhöhen (ua Grundvergütung
150 800 Euro; Tantieme 35 800 Euro). Die Beklagte lehnte den Antrag der
Klägerin ab, der Vertragsänderung zuzustimmen. Die geplante
Vorstandsvergütung übersteige die maximal angemessene Höhe von
204 000 Euro, errechnet aus dem Durchschnitt der
Vorstands-Grundvergütung bei vergleichbar großen Krankenkassen zuzüglich
eines Aufschlags in Höhe von 30 vH. Hiermit habe jede KK wie die
Klägerin ausreichend Gestaltungsraum, auch weitere
Vergütungsbestandteile wie Tantiemen oder Altersversorgung zu
vereinbaren. Das LSG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen: Die
Beklagte habe bei der Prüfung, ob eine beabsichtigte Vergütung
"angemessen" sei, ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 35a Abs 6a
SGB IV sowie von § 75 Abs 2 SGG.
Bayerisches LSG
- L 5 KR 334/15 KL -